1 - Literarische Selbstzensur - Schriftsteller leben nicht wild, aber gefährlich [ID:539]
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Der Ausgangspunkt für diesen Vortrag war, glaube ich, ich mich zu erinnern, der Fall Maxi

Biller. Die kennen Sie mittlerweile wahrscheinlich alle, weil er durch die Presse von oben bis

unten seit Jahren gegangen ist, erst durch die Gerichte und dann immer gleich am Tag

später durch die Föhtons. Er ist jetzt abgeschlossen, wissen Sie, im Oktober war das Urteil des

Bundesverfassungsgericht, des Bundesgerichtshofs. Also das entschieden jetzt die Knapper Mehrheit

an die Richter entschieden gegen die Freiheit der Kunst für den Schutz der Persönlichkeit.

Ganz grob gesagt, insofern ist so ein Klima am Augenblick unter Autoren tatsächlich der

Gefahr, hoppla. Ich kann also die Gefahr beschrieben darin, das Buch wird verboten.

Das ist ja gefährlich genug. Man schreibt ein Buch, das dauert ja eine gewisse Zeit

und Zeit ist Geld und so weiter, das kostet etwas und dann wird das Buch verboten. Das

hat man nicht so gern, dann wird es eigentlich richtig ernst. Das Schreiben ist vielleicht

nicht immer das Allernste und auch ein Buchschreiben ist eine ganz angenehme, heitere Angelegenheit

unter Umständen, aber wenn es verboten wird, an das man Monate oder vielleicht Jahre hingehangen

hat, dann hört der Spaß eigentlich auf. Dann wird es wirklich ernst. Also diese Gefahr

ist tatsächlich, ich glaube so ist das Wort gefährlich auch entstanden. Die Hauptgefahr

besteht darin, das Buch wird verboten. Diese Gefahr ist jetzt nach dem Urteil wirklich gegeben,

aber ich glaube ehrlich gesagt, um das Recht vorweg zu nehmen, dass die Gefahr nicht so

riesengroß ist. Ich weiß nicht, ob Sie alle mit dem Fall Willa Bescheid wissen, das will

ich nur ganz kurz referieren. Der Herr Willa hat vor ein paar Jahren, ich weiß nicht, wie

alt er jetzt ist, Mitte 40, hat vor ein paar Jahren einen Roman geschrieben, Esra, ein

Liebesroman, wie viele Romane, auch meine Romane, war das so ein bisschen eine Abrechnung,

das macht man auch ganz gern, man rechnet ab, man hat die Liebe ist vorbei, man ist ausgeschmiert

worden und so weiter. Autoren sind auch ein bisschen rachsüchtig manchmal und er hat sich

da ein bisschen gerecht, vielleicht an seiner Ex-Freundin und die fühlte sich da nicht besonders

vorteilhaft dargestellt und ihre Mutter fühlte sich auch nicht besonders vorteilhaft dargestellt,

beides sind Türkinnen, kommt mir zu, das spielt auch vielleicht eine gewisse Rolle,

dass sie auch empfindlicher sind bei gewissen intimen Schilderungen und kurz und kurz, sie

haben eine einstweilige Verfügung vor einigen Jahren erreicht, die Auslieferung wurde erst

einmal gestoppt, man bekam dann ab und zu ein Büchlein, wenn man aus der Branche war,

konnte man eine Verlag anrufen, war schon richtig, ist dann richtig schwierig, ein Buch zu kriegen,

muss man richtig rumbetteln, wenn man das lesen will, ich sollte es lesen, weil ich sollte

irgendwie unterschreiben, dass ich dagegen bin, macht das jeder Autor, wenn der Kollege

das Buch verboten kriegt, nicht muss man aufstehen und sagen, ich bin für Freiheit der Kunst,

ich habe sie auch unterschrieben, dazu muss ich es gelesen haben.

Gut, und dann haben sie von Instanz zu Instanz, diese beiden Frauen, da waren immer zwei,

vor allem die Ex-Freundin, die im Buch Esra heißt, das wird sich halt anders, und eben

ihre Mutter, die fühlt sich erkannt, die sind auch eindeutig erkennbar, wenn man sie kennt,

dann sind sie erkennbar, weil sie halt genauso beschrieben sind, wie sie aussehen, sie haben

nur andere Namen, das Buch spielt, Biller hat sich selber überhaupt nicht zurückgenommen,

er wohnte damals in der Hohenzollerstraße München, die Hausnummer kommt vor, diese

Cafés kommen vor, wo er hingeht, man fragt sich, warum das sein muss, er hat es irgendwie

halt so gemacht, das fand er authentisch, und das war sein Unglück, ja, weil er, das

hat dazu geführt eben, dass von Gericht zu Gericht den Klägerinnen Recht gegeben wurde,

immer mit dem Hinweis, warum muss er denn das Gasedeutung machen, ja, die Frage konnte

er auch nicht beantworten, er hätte gesagt, das ist mein Kunstwerk, das muss eben so sein,

und Recht bekommen haben, wie gesagt, die beiden Frauen, nun bleibt das Buch verboten,

meine Position habe ich schon angedeutet, habe ich das auch öffentlich gemacht, ich

habe dann eben wie viele hundert andere Autoren, haben wir also einen Aufruf gemacht, das darf

nicht sein, die Kunst muss frei bleiben, ich habe das ein bisschen halbherzig gemacht,

weil mir das Buch nicht gefallen hat, nicht, das ist oft so eine Sache, ja, man unterschreibt

Teil einer Videoserie :

Presenters

Joseph von Westphalen Joseph von Westphalen

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:29:54 Min

Aufnahmedatum

2007-12-19

Hochgeladen am

2017-07-20 15:00:56

Sprache

de-DE

Tags

Literatur Selbstzensur Schriftsteller
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