Nachdem wir Grundfragen der Wissenschaftstheorie erörtert haben, fahren wir fort mit Strukturelementen
wissenschaftlicher Artikulation.
Das heißt, gemeint sind damit Grundelemente, aus denen Wissenschaft besteht, sowie beispielsweise
Begriffe, Urteile, Theorien und so weiter.
Wir beginnen mit dieser Trias von Begriff, Urteil und Schluss.
Und zwar natürlich zuerst mit der Frage, was ist eigentlich ein Begriff?
Und Sie merken schon, dass es auch wieder selbstreferenziell, denn es gibt einen Begriff
des Begriffs in der Philosophie, logischerweise, denn was ein Begriff ist, das lässt sich
eben theoretisch auf den Punkt bringen und dann wird die Wortmarke Begriff selber ein
Begriff und das ist ein bisschen selbstreferenziell, wie Sie merken.
Der Philosoph Hans Wagner, auf den ich mich gleich beziehe, hat versucht, den Begriff
zu erklären über Vorstellungen und zwar spricht er zunächst mal davon, dass es Einzelforstellungen
gibt und allgemeine Vorstellungen.
Also eine Einzelforstellung ist durch die Wahrnehmung gegeben, wie beispielsweise in
dem Satz hier, also in der Vorstellung meines Gegenübers und das ist natürlich, Hans Wagner
war Philosoph, eine philosophische Vorstellung, also Sokrates der Mensch, Sokrates, so wie
er mir gegenüber steht, eine konkrete Einzelforstellung.
Eine allgemeine Vorstellung geschieht zum Beispiel im Rahmen eines Urteils, Sokrates
ist ein Mann, ist ein Athena, ist ein Mensch, also das sind ja auch urteilsförmige Vorstellungen,
die uns im Alltag begreifen.
Die Einzelforstellung ist auf ein singuläres Bezogen und die allgemeine Vorstellung geht
über dieses Singuläre hinaus, denn der Sokrates, der mir gegenüber steht, ist natürlich was
anderes als die Vorstellung, dass Sokrates ein Mann ist, was ihn ja schon zu einer Gruppe,
in dem Fall von bestimmten Genderzuordnungen macht.
Die Einzelforstellung ist geprägt durch den Reichtum der konkreten Wahrnehmung und dieser
Reichtum ist an sich ja auch gar nicht auf den Begriff zu bringen, dazu ist es viel zu
vielgestaltig.
Die allgemeine Vorstellung ist weniger konkret und inhaltlich ärmer.
Die Funktion der Einzelforstellung ist die Anschauung, die Funktion der allgemeinen Vorstellung
ist das Begreifen.
Also damit hätten wir jetzt eine Grundlage gelegt, zu verstehen, wie der Begriff funktionieren
kann.
Die allgemeine Vorstellung selbst, und Sie sehen schon mit der Funktion begreifen, dass
da der Wort Begriff drinsteckt, ist jetzt zunächst mal das wichtige Moment.
Die allgemeine Vorstellung der Begriff ist also charakterisiert durch die folgenden formalen
Eigenschaften, die Allgemeinheit und die Abstraktheit auf der einen Seite, sowie durch seine Funktion
einen Gegenstand zu begreifen.
Und wenn wir uns das anschauen, im Bezug auf die vielen Begriffe, die wir in der Erziehungswissenschaft
als Arbeitsbegriffe verwenden, die sind sozusagen unser Handwerksmaterial auch, dann sehen wir
natürlich genau dieses.
Wir haben schon über den Lernbegriff gesprochen beispielsweise und wir sehen, dass der dann
eben allgemein und abstrakt ist.
Und ich habe darauf verwiesen auf die Lerntatsache als konkrete Erfahrung und wie dann schon
sehr früh ein Nachdenken über Lernen passiert.
Das heißt, ein Begriff des Lernens sich bildet aufgrund der konkreten Tatsache der vielen
einzelnen Lernerfahrungen, die aber begriffslos waren, wenn es noch keinen Begriff gibt.
Das war einfach eine Erfahrung sozusagen.
Und die Funktion, einen Gegenstand zu begreifen und was Gegenstand ist, darüber haben wir
auch schon viel gesprochen, aber hier ist damit ja auch die Vorstellung gemeint.
Da komme ich gleich genauer zu.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:34:31 Min
Aufnahmedatum
2020-12-08
Hochgeladen am
2020-12-08 10:38:44
Sprache
de-DE