Ich würde gerne mit Ihnen dieses Thema, was im Moment wirklich am Rand letztendlich sowohl
in der Palliativmedizin als auch in der Nephrologie liegt, mit Ihnen gerne besprechen.
Tobias hat es schon gesagt, ich habe über 30 Jahre lang in der Nephrologie gearbeitet,
habe da sehr gerne gearbeitet und bin jetzt seit einigen Jahren in der Palliativmedizin,
wo ich mindestens genauso gerne arbeite. Das ist sozusagen so ein bisschen mein
Konflikt of Interests, nicht dieser klassische mit Verbindung zu irgendwelchen Firmen oder
Herstellern. Ich würde mit Ihnen, weil Sie sich vielleicht auch in dem Bereich der Nephrologie
gar nicht letztendlich so gut auskennen und das auch ein unbekanntes Terrain ist,
auf so eine kleine Reise mitnehmen durch die Nephrologie, damit Sie vielleicht so eine
Vorstellung haben, wo steht die Nephrologie, wie ist das Mindset im Moment und das kann man,
glaube ich, nur erklären, wenn man weiß, woher man kommt. Wir haben dieses Jahr Jubiläum,
jetzt werden Sie alle sagen, ja klar, 15 Jahre Palliativstation in Erlangen, aber es gibt noch
eins, was wesentlich länger ist. Nämlich vor 80 Jahren ist es zum ersten Mal gelungen, letztendlich
klinisch erfolgreiche Nierenersatzverfahren zu machen. Das war im September 1945 und die Patientin,
sehen Sie oben, das ist die Frau Schafstad, das ist in Holland gewesen und derjenige,
der das gemacht hat, war Willem Kolff, den ich mit über 90 Jahren in Bamberg noch kennenlernen
durfte, ein sehr vitaler, sehr erfinderischer Mensch, der sehr beeindruckt davon war, dass junge
Menschen am Nierenversagen letztendlich verstorben sind und sich deswegen dran gemacht hat, diese
Situation zu verändern. Und 1945 hat er dann zum ersten Mal eine Patientin, nämlich Frau Schafstad,
behandelt mit einem akuten Nierenversagen. Die Patientin war im Komauremicum, das heißt,
sie war gar nicht mehr kontaktfähig gewesen und das Ganze war aufgrund, so steht es in der
Originalpublikation, einer verwahrlosen Gallenwegsinfektion. Im Prinzip ist es wie heute.
Wir haben eine Patientin, die hat eine Gramm-negative Sepsis und hat deswegen Nierenversagen und auch die
Dialyse ist genauso erfolgt, wie wir das heute auf der Intensivstation tun würden. Langsam,
lange Dialysedauer. Nur sahen die Geräte etwas anders aus. Diese Geräte würden, glaube ich,
heute keiner Hygiene- oder Gerätekommission standhalten. Das war wirklich Bastelarbeit und das
ist schon die Version 2.0. Die Wasserpumpe stammte aus dem Ford T-Modell. Die Dialysemembran war
sozusagen ein Wurstdarm gewesen, wenn ich das jetzt etwas vergröbert sage. Und das Ganze hat
auch viel, viel Krach gemacht. Sie ist Rotating Drum. Das zeigt ungefähr, wie das ist. Und trotz
dieser wirklich Anfänge, wo wir denken, das kann eigentlich so gar nicht funktionieren, hat Frau
Schafstadt das überlebt, ist aus dem Komauremicum erwacht und hat noch sieben Jahre gelebt. Und in
der Folgezeit ist es so gewesen, dass sich die Technik immer weiter verbessert hat und wir auch
in der Lage waren, letztendlich Menschen zu behandeln, die kein akutes Nierenversagen gehabt
haben, sondern auch ein chronisches Nierenversagen. Sodass die erste große technische
Herausforderung überwunden worden ist, aber andere Herausforderungen kamen, nämlich die,
dass man das Verfahren, was lebensrettend war, nicht jedem anbieten konnte. Und noch in den
60er Jahren war die Situation so, dass gewählt werden musste, triagiert werden musste. Dieses
Wort triagiert ist immer schwierig, weil es aus der Militärmedizin kommt oder eine Priorisierung
gemacht werden. Wer bekommt ein Dialyseverfahren? Und Sie sehen, das erinnert Sie letztendlich,
das ist ein Mehraugenprinzip und es ist auch, so wie wir es in der Palliativmedizin häufig haben,
letztendlich auch in den Ethikkonsilen, die wir haben oder in den ethischen Fallbesprechungen,
multiprofessionell. Da sehen Sie einmal, da sitzen Pfarrer drin, da saßen Ärzte drin und
Pflegekräfte und die mussten dann letztendlich entscheiden, wer hat Zugang zu diesem Verfahren
und wer nicht. Und es war wieder sozusagen der Punkt Leben oder Sterben. Dialyse oder keine
Dialyse. Und in diesem Artikel, in dem Live Magazine, ist diese Kommission, The God's Committee,
genannt worden, weil halt entschieden worden ist über ein existenzielles Problem. Und nachdem
sozusagen viele Dinge funktioniert haben, hat man sich auch gewagt, jetzt nicht nur Nierenerkrankungen,
die in der Niere wirklich lokalisiert waren, zu behandeln, sondern auch letztendlich Erkrankungen,
die die Niere befallen haben, nämlich den Diabetes. Und das ist eine Publikation noch aus den 70er
Jahren, die sagt, das ist die traurige Wahrheit über die Dialyse bei Diabetikern. Und es ist eine
Presenters
Dr. med. Jürgen Illnitzky
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:51:29 Min
Aufnahmedatum
2025-01-29
Hochgeladen am
2025-02-03 11:46:05
Sprache
de-DE