Der erste Vortrag in der Nachmittagsreihe ist Herr Vorberg und er wird uns etwas über die Bürgerhaushalte und Online-Dialoge erzählen. Bitte Herr.
Okay, herzlich Dank. Zunächst einmal herzlichen Dank für die Einladung. Wie der Titel schon sagt, wird es um zwei Themen gehen. Beides ist relativ neu.
Einerseits die Bürgerhaushalte, mit denen die Bürgerinnen und Bürger an der Aufstellung, an der Planung der kommunalen Einnahmen und Ausgaben beteiligt werden.
Und der zweite Baustein sind die Online-Dialoge. Beides ist, wenn man so will, koevolutionär entstanden und die meisten Bürgerhaushalte in größeren Städten haben in der Regel auch einen Online-Dialog parallel.
Gut, vielleicht ein kurzer Hintergrund zur Bürgerwissen. Also wir sind so ein heterogenes Netzwerk von Programmierern und Sozialwissenschaftlern, die Online-Dialoge konzipieren, die Städte dabei beteiligen, die Städte dabei beraten und den Prozess organisieren.
Vielleicht ein Blick zurück. Bürgerhaushalte sind 1989 entstanden und das ist eines der wenigen Fälle, wo ein neues Partizipationsinstrument aus der südlichen Hemisphäre nach in die nördliche Hemisphäre gerutscht ist.
Normalerweise denkt man immer, dass die südlichen Länder von den nördlichen lernen, aber hier ist es mal umgekehrt. Der erste Bürgerhaushalt fand in Porto Alegre statt, in Brasilien, eine Millionenstadt.
Dort war nach einem Wechsel der Regierung festgestellt worden, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik extrem zurückgegangen ist.
Und da hat man sich überlegt, wie kann man dieses Vertrauen wieder verbessern? Und da war ein wesentlicher Gesichtspunkt die Transparenz zu verbessern und wie kann man sie besser erhöhen als dadurch, dass man die Bürgerinnen und Bürger beteiligt?
Und da kam dann auch die Idee, das Wichtigste in der kommunalen Politik ist letztlich auch das Geld, wofür werden die Mittel ausgegeben? Und da hat man diesen Beteiligungsprozess sich ausgedacht.
Die fingen mit 500, 600 Leuten an, inzwischen sind es rund 100.000 Beteiligte, die über ihre Straßen, über die Stadtteile an diesem Prozess beteiligt sind.
Parallel gab es auch in Neuseeland 1989 die Einführung eines Bürgerhaushaltes. Dort wurde das im Rahmen, ganz unabhängig davon, im Rahmen einer Verwaltungsreform eingeführt.
Und in Deutschland ist das Modell der 1998 das erste Mal in Mönchsweiler einer 3200 Einwohnergemeinde in Baden-Württemberg eingeführt worden.
Und dann in einem Projekt unter anderem, wo auch die Bettelsmann Stiftung beteiligt war, zum Kommunen der Zukunft, immer mehr verbreitet worden.
Im Moment kann man davon sagen, dass es etwa 50 Städte gibt, die den Bürgerhaushalt durchführen oder sie ihn intensiv diskutiert haben.
Dass es sich um ein informelles Verfahren handelt, ist die Ausgestaltung der Bürgerhaushalte sehr unterschiedlich und sehr vielschichtig.
Die Phasen sehen aber immer sehr ähnlich aus. Es gibt eine Konzeptionsphase, die somit ein bis drei Wochen, äh, drei, ein bis drei Monaten zu veranschlagen ist.
Wichtig ist hierbei auch, dass es zu Beginn einen fraktionsübergreifenden Ratsbeschluss gibt, dass es also von der Politik getragen wird, weil der Rat letztlich das Gremium ist, welches über den Haushalt entscheidet.
Insofern ist der Bürgerhaushalt ein Konsultations-, ein Beratungsverfahren für die Verwaltung und den Rat.
Nachdem das Konzept dann steht, wie die Bürgerbeteiligung durchgeführt wird, ist der nächste wichtige Schritt das Informieren und Mobilisieren der Bevölkerung.
Da ist ein wichtiges Stichwort auch der lesbare Haushalt. Das heißt, die meist in zwei bis drei Bänden aus Auflistungen von Excel-Tabellen bestehenden Haushaltsplanungen werden übersetzt in einen lesbaren Text.
Das heißt, es gibt einen Ratsbeschluss von vielleicht 20 bis 30 Seiten, wo die wichtigsten Aspekte dann dargestellt werden.
Das hilft nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch den Räten, die auch ihre Schwierigkeiten haben, die Haushalte, die die Verwaltung vorlegt, zu verstehen.
Dann der eigentliche Beteiligungs- oder Konsultationsprozess ist unterschiedlich. In der Regel dauert er ein bis zwei Monate. Es gibt auch Mehrphasigverfahren, ähm, da vielleicht zu später mehr.
Das heißt, Politik und Verwaltung berichten darüber, was wurde von den Anregungen aus der Bevölkerung übernommen, was wurde nicht übernommen und es wird begründet, wenn etwas nicht übernommen wurde,
weil der Bürgerhaushalt soll nicht nur einmal stattfinden, sondern jedes Jahr mit der Haushaltsaufstellung.
Wenn man jetzt einen Bürgerhaushalt konzipiert und sich einen Online-Dialog parallel dazu auch überlegt, ist es wichtig, sich zu überlegen, was für Akteure hat man eigentlich einzubinden.
Und bei dem Bürgerhaushalt, über den ich gleich mehr berichten werde in Trier, hat man auch alles, wenn man so will, online mehr oder weniger abgebildet.
Das heißt, es gibt einmal die Bürgerinnen und Bürger, die Hauptakteure bei den Beteiligungsverfahren, die brauchen Funktionen, wie sie müssen informiert werden, sie müssen Informationen lesen,
sie sollen entweder Vorschläge bewerten, die seitens der Verwaltung in das Verfahren eingebracht werden oder Vorschläge, die durch die Bürgerinnen und Bürger selbst eingebracht werden.
Diese sollen diskutiert und kommentiert werden und so Funktionen wie den Prozess weitersagen oder Fragen stellen an die Organisatoren.
Dann gibt es häufig einen sogenannten Beirat, da sind meist zivilgesellschaftliche Gruppen drin beteiligt, um diesen Prozess auch stärker die Gesellschaft zu verankern in die städtische.
Die testen üblicherweise zum Beispiel das Online-Verfahren vorab, suchen nach Fehlern oder Unverständlichkeiten und begleiten das Verfahren und geben Anregungen, wie man den Prozess vielleicht anders gestalten könnte.
Dann gibt es die Verwaltung, die ein wichtiger Adressat der Empfehlung der Bürgerinnen und Bürger ist.
Da ist die Aufgabe, dass sie einerseits Fragen der Bevölkerung zu Haushaltsthemen beantwortet,
dann die Vorschläge, die seitens der Bevölkerung kommen, sachlich prüft, also sind die überhaupt zulässig, ist die Stadt zuständig und so weiter.
Und last but not least sind auch noch die politischen Gremien zu nennen, da sind zunächst immer die Fraktionen zu nennen,
die wurden beispielsweise in Trier so eingebunden, dass es möglich war, dass jede Fraktion mit ihrem Logo versehen die Bürgervorschläge kommentieren konnte.
Dann ist es noch in die Ortsbeiräte gegangen, das ist nur bei größeren Städten der Fall, dass also eine Stadt noch politische Untereinheiten hat
und am Ende steht dann der Rat, der entscheidet und Rechenschaften über ablegt, was eingebunden wird, welche Vorschläge umgesetzt werden.
Wenn man jetzt sich verschiedene Bürgerhaushalte anschaut, die in Deutschland durchgeführt wurden,
ich habe mich jetzt mal konzentriert auf die Verfahren mit Onlinebeteiligung, da kann man im Prinzip vier Modelle unterscheiden.
Einmal hat man komplexe Modelle, die finden sich, also Ursprung ist da Berlin-Lichtenberg, ein Stadtbezirk von Berlin mit 260.000 Einwohnern,
die kombinieren Versammlungen, das Web, also eine Internetseite mit Onlinebeteiligung und Umfragen.
Ähnliche Vorgehensweisen gibt es im Potsdam, Oldenburg und Werkheim.
Dann gibt es Verfahren, die sich fast ausschließlich auf Online-Dialoge stützen, das ist in Köln und Trier der Fall,
dann die zusätzlich auch im Wesentlichen Bürgervorschläge verarbeiten.
Dann gibt es ein zweites Modell, was auch webbasiert ist, wo vor allem Verwaltungsvorschläge verarbeitet werden,
das gibt es in Essen und beispielsweise Soling. Und dann Amstetten ist zum Beispiel für eine rein versammlungsorientiertes Verfahren.
Wenn man mal die Zahlen betrachtet, dann ist relativ deutlich zu sehen, dass man mit Online-Dialogen, also im Schnitt am meisten Menschen,
Presenters
Volker Vorwerk
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:25:25 Min
Aufnahmedatum
2010-10-07
Hochgeladen am
2011-04-11 13:53:28
Sprache
de-DE