9 - Wieviel Bildung braucht der Mensch als Unternehmer?! [ID:12198]
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Ja, lieber Herr Wörl, Sie schon. Ja, es freut mich ganz besonders, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind.

Ich erinnere mich an unser Treffen bei Ihnen. Wir haben uns sehr informell getroffen und haben über die Innovationskraft einer Universität gesprochen.

Wie schaffen wir es, ein Innovation Spirit in unserer Metropolregion zu entwickeln?

Ich bin auch mit dem Gefühl nach Hause gegangen, dass ich Ihnen einen Partner habe, der mir hilft, bei den jungen Leuten diesen Innovationsgedanken vom ersten Semester an zu verankern.

Und ich freue mich sehr auf Ihren Vortrag, den Sie mit dem Titel überschrieben haben, wie viel Bildung braucht der Mensch als Unternehmer. Das Denk ist Yours. Ich freue mich sehr.

Zusammengebracht hat uns ja die Frau Prof. Dr. Möslein, als wir im Gründerzentrum am Kuhlenhof waren und ich da sehr beeindruckt war, war, dass gewurstet wird.

Wir sind ja auch sehr stark mit Gründern involviert und wir kamen dann auf das sehr nette Gespräch, was kann die Universität tun, damit wir das Unternehmertum fordern, was logischerweise den Rückschluss zulässt.

Was muss eigentlich ein Unternehmer an Wissen, an Ausbildung haben, um Unternehmer zu sein?

Man könnte es jetzt sehr böse beantworten und sagen, gar nichts, aber ich glaube, das ist ein bisschen einfach. Aber im Grunde genommen stimmt es natürlich, denn Unternehmer ist etwas, was man nicht lernen kann.

Unternehmer ist, glaube ich, eine Veranlagung. Es ist etwas, was mit Leidenschaft, mit Ehrgeiz, vielleicht auch ein bisschen mit Selbstdarstellung zu tun hat. Auf jeden Fall ist Unternehmer etwas, was in einem schlummen muss.

Wer es nicht hat, wird es auch nicht. Das ist nicht schlecht, um Gottes Willen. Es wäre furchtbar, wenn alle Menschen Unternehmer würden. Wer würde dann die Arbeit machen?

Aber, und das ist vielleicht ganz wichtig, was die Schule und was die Universität kann und was sie tun sollte, ist den Menschen, in denen der Unternehmer schlummert, das kombinieren.

Nämlich mit fachlichem Wissen kombiniert mit Unternehmertum und ich glaube, da habe es bei uns.

Ich habe mir einen Vortrag ausgedacht, den ich jetzt aber komplett über Bord werfen will, weil das, was ich heute gehört habe, mich zu einem ganz anderen Gedanken inspiriert hat, nämlich zu der Feststellung, irgendetwas stimmt doch hier nicht.

Auf der einen Seite haben wir hier exzellente Arbeit der Universität, was ich gerade gehört habe, ist faszinierend und wir stellen auch fest, in der Vergangenheit wurden unglaublich viele Dinge entwickelt.

Und auf der anderen Seite stelle ich fest, dass wir uns in Deutschland darüber beklagen, dass wir auf Industrien setzen, bei denen jeder weiß, dass sie eigentlich am Ende ihrer Laufzeit sind.

Da fehlt doch etwas. Wieso entwickeln wir auf der einen Seite tolle Dinge und warum können wir auf der anderen Seite diese Dinge nicht umsetzen?

Silicon Valley ist eine unglaublich interessante Kaderschmiede, bei der aber auf der anderen Seite gewaltige Unternehmen, neue Unternehmen entstehen.

Ob es Google ist, ob es Tesla ist, ob es viele, viele andere Unternehmen sind, alle die entstehen doch dort auch irgendwie in einem universitären Umfeld.

Ich weiß aus meiner Erfahrung, wesentlich klüger sind die Amerikaner auch nicht als die Deutschen.

Woran krankt das bei uns?

Wenn ich zurückgehe, ich bin Jahrgang 1947, wurde also mit sieben Jahren 1954 als klassisches Nachkriegskind eingeschult.

Es hieß bei uns ganz einfach, das war die Volksschule und da waren 42 Kinder in einer Klasse und wir hatten verdammt viel Migrationshintergrund,

denn gerade in Rot, wo ich aufgewachsen bin, waren unglaublich viele Flüchtlinge, wahnsinnig viele Besatzungskinder.

Also es war wirklich ein bunter Haufen und trotzdem ist es gelungen, dass wir in vier Jahren die wichtigsten Grundvoraussetzungen für ein Leben gelernt haben, lesen, schreiben, rechnen und noch so ein bisschen etwas, aber diese drei Fächer Deutsch, das war es.

Warum ist es damals möglich gewesen, dass man in solchen gewaltigen Klassen mit wahnsinnig sozialen Herausforderungen trotzdem ein vernünftiges Wissen rübergebracht hat, ja bis hin zur deutschen Schrift noch, die damals auch noch Pflicht war

und heute beklagen sich Lehrer, dass sie mit 16 Kindern nicht mehr klarkommen und in der Tat ein Kind nach der vierten Klasse in den seltenen Fällen perfekt lesen und schreiben, geschweige denn rechnen kann.

War es der Rohrstock, den es damals noch gab oder die Ohrfeige oder die Eltern, die uns noch eine geklebt haben, wenn wir uns überlegt haben oder wenn wir uns beklagt haben, dass der Lehrer zu streng war?

Ich glaube es nicht, ich glaube es ist ein falsches Verständnis.

Also zunächst einmal kamen wir nach vier Jahren dann in oder ich kam ins Internat, es gab in Rotkraine eine fortführende Schule und auf dem Weg in das Schulgebäude las ich da eine lateinische Inschrift, vielleicht kommt sie, nein doch.

Da stand dort sehr schön über dem Eingang, ich habe das angekusst und wusste nicht was es bedeutet, aber es kam dann ein sehr schlauer Schüler aus der fünften Klasse oder aus der sechsten Klasse und erklärte mir, das heißt nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir.

Das war doch zumindest sehr ermutigend, also ich habe mich darauf gefreut, dass ich jetzt einige Jahre vor mir habe, wo ich wichtigen Lehrstoff bekomme, der mir für mein Leben hilft.

Mein Bruder, der schon drei Jahre im Internat war, erläuterte mir aber sehr kurz, dass das eigentlich das falsche Zitat ist.

Denn Cicero, der sagte, nein, nein, das heißt nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir und dazu gibt es einen Brief, in dem er das auch sehr begründet hat, den will ich Ihnen nicht lesen, aber ich habe ihn dann hier stehen und Sie können den lesen.

Ich glaube, er ist doch ganz interessant, denn er endet eigentlich mit diesem Satz alles Quatsch. Ist es wirklich alles Quatsch?

Nun, manchmal könnte man den Eindruck haben, denn wenn ich mir überlege, was habe ich denn eigentlich in der Schule an Wissen mitgenommen, was mich später inspiriert hat, Unternehmer, relativ erfolgreicher Unternehmer zu werden,

dann muss ich sagen, naja, gut, es war ein bisschen die Sprachen, die waren sehr wichtig, es war auch ganz wichtig, dass man sich in Mathematik weitergebildet hat, Deutsch hat auch nichts geschadet,

aber vieles andere, was wir in den Jahren versucht haben, uns in den Kopf einzutrichtern, das war doch nicht wirklich so wichtig für das Leben, es war vielleicht wichtig für die Persönlichkeitsbildung, für das Leben, aber war es nicht so wichtig.

Das ist kein Vorwurf, aber es macht mich nachdenklich, weil es mir die Frage stellt, warum, warum ändert es auch später nichts, wenn die Leute in die Universität kommen.

Meine Damen und Herren, ich habe mit vielen tausend Menschen in meinem Leben gearbeitet, ich habe unendlich viele Menschen in meinem Firmen beschäftigt, die studiert hatten mit tollen Noten und relativ wenig Lebenserfahrung und Praxis.

Ich habe und ich vermisse heute, dass wir von den Universitäten und auch schon von den Schulen sehr, sehr viele Abgänger haben mit tollen Zeugen, es ist ein tolles Erscheinungsbild, aber eigentlich relativ wenig Wissen darüber, worauf es eigentlich ankommt, um dieses Wissen ökonomisch umzusetzen.

Was kann man dagegen tun? Man kann andere Lehrpläne schmieden, aber ich glaube es hilft nichts. Ich habe eine sehr, sehr einfache Idee und wahrscheinlich werde ich deswegen wieder belächelt, aber ich glaube wir müssen manches umdrehen.

Wir versuchen dieses Praxiswissen ja zu vermitteln durch Praktika, durch viele andere Dinge, aber ich glaube das reicht nicht aus, weil man bei all diesen Dingen nicht das lernt, worauf es in der Wirtschaft ankommt und was ganz wichtig ist, wie eigentlich der normale Beschäftigte in Firmen denkt, tickt und fühlt.

Wie wäre es, wenn wir unser Ausbildungssystem komplett ändern würden und nach Abschluss der Mittlerreife oder nach Abschluss des Abiturs als Einstiegskriterium für die Universität eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzen würden?

Wäre das nicht toll? Vielleicht würden viele, die später als Betriebswirtschaftsstudenten ein ziemlich fristes Dasein fristen, wenn die schon merken würden, dass die Schreinerlehre eigentlich doch ihnen besser liegen würde und die Weiterbildung als Schreiner und vielleicht würden sie da Unternehmer werden und werden erfolgreiche Unternehmer.

Würde es einem Mediziner schaden, wenn er einfach mal einen kaufennischen Beruf gelernt hat oder vielleicht in einem Altenheim gearbeitet hätte und plötzlich wüsste, was dort eigentlich tatsächlich verlangt wird und wenn ein Mediziner dann eigentlich einige Grundkenntnisse von Wirtschaft vielleicht hätte,

oder noch besser ein Volkswirt wüsste, was Menschen, die arbeiten, tatsächlich empfinden und nicht gleich in die Politik ginge, um dort die Heilslehren über die Menschheit auszuschütten.

Meine Damen und Herren, dieser Gedanke ist so einfach, er ist so naheliegend und er ist doch auch nicht verwerflich. Was würde es schaden, wenn wir mit der Praxis beginnen würden, den Bezug zur Praxis, nachdem wir 12 oder 13 Jahre auf der Schulbank gesessen waren,

bevor wir dann mit praktischer Erfahrung, mit praktischer Lebensweisheit in die Universität gehen würden und diesen Prozess nicht erst später erleben.

Ich kenne viele Leute, die mit tollen, tollen Studienabgängen in die Wirtschaft kommen und verständlicherweise nach 20 Jahren auf der Schulbank glauben, sie hätten längst Führungsqualitäten.

Teil einer Videoserie :

Presenters

Hans Rudolf Wöhrl Hans Rudolf Wöhrl

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:14:25 Min

Aufnahmedatum

2019-11-04

Hochgeladen am

2019-11-11 14:53:28

Sprache

de-DE

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