Ja, herzlich willkommen zu unserer heutigen vierten Einheit. Wir beschäftigen uns heute
mit der objektiven Zurechnung. Vorweg möchte ich einen kurzen Hinweis euch geben. Das hier
ist eine der Einheiten, die ich nicht quasi im Live-Semester aufzeichne, sondern erst
in der letzten Woche der Vorlesungszeit als einen Rückblick. Und dementsprechend kann
es passieren, dass ich irgendwann mal zwischendurch mit den Zeiten durcheinander komme und etwas
als in der Vergangenheit beschreibe, was, wenn man rein nach den Einheiten und deren Reihenfolge
geht, erst noch in der Zukunft liegt. Wenn das passiert, bitte ich um Entschuldigung.
Wie gesagt, die Aufzeichnung ist entgegen dem Datum nicht Mitte November, sondern Anfang
Februar des kommenden Jahres. Von daher bitte ich darum, dass ihr mir das nachseht. In der
heutigen Einheit geht es um die objektive Zurechnung. Bevor wir damit aber beginnen,
ein kurzes Recap, was wir in der letzten Woche gemacht haben. Wir haben uns in der letzten
Woche mit der Kausalität beschäftigt, haben dabei festgestellt, dass Handlung und Erfolg
nicht losgelöst nebeneinander stehen, sondern miteinander verbunden sein müssen durch eine
Kausalkette. Also die Handlung muss eine Ursache für den Erfolg gesetzt haben. Dabei haben
wir gesehen, dass es verschiedene Ansichten gibt, die sich vor allem in zwei große Obergruppen
aufteilen lassen. Nämlich zum einen gibt es die Äquivalenztheorien und zum anderen
gibt es die Adäquanztheorie. Die Äquivalenztheorie geht davon aus, dass jede Ursache gleichwertig
ist. Sprich, es spielt keine Rolle mit Blick auf die Kausalität, ob jemand das beispielsweise
die Pistole benutzt hat, abgedrückt hat, oder ob jemand dem Täter die Pistole verkauft
hat oder vielleicht die Pistole hergestellt hat oder die Person gezeugt hat, die die Pistole
hergestellt hat. Dabei gibt es bei dieser Theorie oder diesen Theorien zwei Untertheorien,
nämlich zum einen die Conditio-Sinne-Quannon-Formel, was auch die herrschende Meinung ist, die
davon ausgeht, dass jede Ursache kausal für den Erfolgseintritt ist, die nicht hinweg
gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt mit an Sicherheit,
ganz und ganz in der Wahrscheinlichkeit entfiele. Sprich, wir stellen uns immer die Frage, was
wäre gewesen, wenn der Täter nicht gehandelt hätte? Denken dann die Kausalkette weiter
bzw. die Nicht-Kausalkette in dem Fall und wenn dann in diesem hypothetischen Beispiel
der Erfolg nicht eingetreten wäre, dann ist unser Täter kausal geworden. An dem Beispiel
jetzt die Person, die den Waffenhersteller gezeugt hat, hätte diese Person keinen Geschlechtsverkehr
gehabt, dann wäre der Waffenhersteller nicht geboren. Der Waffenhersteller hätte dann
natürlich nicht die Waffe erstellen können und mit dieser Waffe hätte unser Opfer dann
nicht erschossen werden können. Also kann man sich den Geschlechtsverkehr, der zur
Zeugung des Waffenherstellers geführt hat, nicht hinwegdenken, ohne dass der Tod des
Opfers durch diese Waffe an dieser Stelle, zu dieser Zeit mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit entfiel, sprich die Zeugung des Waffenherstellers war kausal für den Todeseintritt.
Wir haben uns dann noch die andere Untergruppe angeschaut, nämlich die Lehre von der gesetzmäßigen
Bedingung.
Die baut das Ganze so ein bisschen umgekehrt auf.
Die konditionsline-quanon-Formel fragt ja danach, was wäre gewesen, wenn wir uns die
Ursache, die vermeintliche wegdenken.
Wir schauen also vom Erfolg, blicken wir zurück und die Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung
blickt von der Handlung zum Erfolg hin und stellt sich die Frage, gibt es Naturgesetze
oder allgemeine Erfahrungs-Sätze, die dazu führen, dass der Erfolg in dieser konkreten
Gestalt eintritt?
Es gibt Erfahrungs-Sätze, die dazu führen, dass jemand nach einem Geschlechtsverkehr
geboren wird.
Es gibt Erfahrungs-Sätze, die dazu führen, dass jemand, der geboren wird, vielleicht
auch mal Waffenhersteller wird.
Und es gibt Erfahrungs-Sätze, die sagen, ein Waffenhersteller stellt Waffen her.
Das ist sogar ein relativ deutlicher Erfahrungssatz.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:54:09 Min
Aufnahmedatum
2022-02-08
Hochgeladen am
2022-02-09 02:06:05
Sprache
de-DE