Herzlich willkommen zu unserer letzten regulären PÜ-Einheit in diesem Jahr.
Unsere heutige Einheit 9 behandelt das Thema Einwilligung und Festnahmerecht.
Bevor wir damit anfangen, wie ihr es gewohnt seid, natürlich noch ein kurzes Recap.
Was haben wir in der letzten Einheit gemacht?
Wir haben uns in der letzten Einheit mit dem rechtfertigten und ein Stück weit auch mit
dem entschuldigenden Notstand nach den Paragrafen 34 und 35 StGB sowie mit den zivilrechtlichen
Notständen aus 228 BGB und Paragraf 904 BGB auseinandergesetzt.
Wir haben dabei festgestellt, dass die drei rechtfertigen Notstände, also 34 StGB und
die beiden aus dem BGB, jeweils eine Notstandslage und eine taugliche Notstandshandlung voraussetzen.
Das läuft letztendlich ähnlich wie bei der Notwehr.
Allerdings sind die Voraussetzungen dann im Konkreten doch etwas anders.
Bei der Notstandslage brauchen wir nämlich keinen rechtswidrigen Angriff wie bei der
Notwehr bzw. der Nothilfe, sondern wir brauchen eine gegenwärtige Gefahr für ein Rechtsgut,
das von der jeweiligen Norm geschützt wird.
Und beim Paragraf 34 StGB ist es so ziemlich jedes Rechtsgut.
Bei den zivilrechtlichen Notständen geht es um Gefahren, die auch für prinzipiell jedes
Rechtsgut gelten, aber es sind Konstellationen, in denen auf eine andere Sache eingewirkt wird.
Wir haben außerdem festgestellt, dass die Gegenwärtigkeit der Gefahr im Rahmen des
Paragraphs 34 StGB etwas weitläufiger gefasst wird als bei Paragraf 32 StGB, insbesondere
fallen darunter auch Dauergefahren.
Im Rahmen der Notstandshandlung brauchen wir eine erforderliche Handlung und eine entsprechende
Güterabwägung bzw. die Handlung muss der entsprechenden Güterabwägung entsprechen.
Bei Paragraf 34 StGB und bei Paragraf 904 BGB, dem sogenannten aggressiven Notstand,
muss das geschützte Interesse, das beeinträchtigte Interesse wesentlich überwiegen.
Sprich, das Rechtsgut, in das ich als Notstandsausübender eingreife, darf nicht gleichwertig oder auch
nur unwesentlich weniger wert sein als das Rechtsgut, das ich schützen möchte.
Sprich, die Gefahr, die für mein Rechtsgut oder das Rechtsgut eines Dritten droht, muss
wesentlich größer sein als der Eingriff in das geschützte Rechtsgut, in das ich eingreife.
Bei Paragraf 228 BGB, dem defensiven Notstand, ist es etwas anders.
Da genügt es, wenn der Eingriff in die Sache, in die ich eingreife, nicht völlig außer
Verhältnis oder nicht außer Verhältnis steht zu dem geschützten Interesse.
Hintergrund ist derjenige, dass bei 228 BGB, beim defensiven Notstand, die Gefahr von der
Sache ausgeht, in die ich eingreife, und das wird bei der Quote, die ich im Rahmen der
Verhältnismäßigkeit sozusagen anlegen muss bzw. bei der entsprechenden Hürde, berücksichtigt.
Da sagt man, wenn die Gefahr schon von der Sache ausgeht, in die ich eingreife, die ich
vielleicht kaputt mache beispielsweise oder beschädige, dann müssen wir diesen Faktor
auch mit einspielen lassen und müssen sagen, dann dürfen wir nicht mehr allzu hohe Hürden
an das geschützte Rechtsgut anlegen.
Wir haben außerdem gesehen, dass bei Paragraf 34 in Satz 2 eine Angemessenheitsprüfung
ist.
Teilweise wird behauptet, dass die leer läuft.
Im Wesentlichen wird man aber sagen können, dass da gewisse Fallgruppen, die ihr kennen
und erkennen solltet, vor allem Letzteres, dass diese Fallgruppen darunter fallen, also
beispielsweise die Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens, Stichwort Wiederaufnahme
des Verfahrens beispielsweise, oder auch die Patientenautonomie, Stichwort Blutspendefälle
bzw.
Blutabzapfälle, wenn man so möchte.
Das sind Situationen, in denen zwar die Güterabwägung ein wesentliches Überwiegen des geschützten
Interesses letztendlich darstellend oder als Ergebnis ausspuckt, aber es wäre trotzdem
unangemessen hier vom Rechtsgutsinhaber, des Eingriffsrechtsguts, die entsprechende Solidarpflicht
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:06:54 Min
Aufnahmedatum
2021-12-20
Hochgeladen am
2021-12-21 10:36:04
Sprache
de-DE