2 - Was sagt die Bibel - was sagen die Sterne? Zukunft im Mittelalter [ID:1472]
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Was sagt die Bibel? Was sagen die Sterne Zukunft im Mittelalter?

Schrecken machten sich breit, Sonnenfinsternis, Orkanen, Erdbeben,

Seuchen und Hunger stehen bevor. Man schrieb das Jahr 1186.

War das Ende der Welt nahe? Der bis heute nicht eindeutig identifizierte

Verfasser des sogenannten Toledo-Briefes evoziert dieses apokalyptisches Szenario,

das naturwissenschaftlich als Folge einer Saturn-Jupiter-Konjunktion dargestellt wird.

Und dennoch stand damals der Weltuntergang bevor. Der Brief verbindet christliche Endzeiterwartung

und wissenschaftliche Prognostik durch Sterne, thematisiert also die Verbindung,

um die es im heutigen Vortrag unter anderem geht. Ob der Verfasser aus Toledo stammt, ist möglich.

Jedenfalls kursierte dieser prognostische Text wohl schon zu Beginn des zwölften Jahrhunderts

auch im Nahen Osten. Briefe wie dieser verweisen auf Zeitpunkte von Ereignissen,

die man bereits zu kennen glaubte. Aber einen genaueren Blick in die Zukunft wagen,

wer wollte das nicht? Schon in der Antike halfen Orakelsprüche, um die Zukunft richtig zu planen.

Aber können überhaupt Menschen Auskunft über die Zukunft geben? War es nicht Gott oder den

Göttern vielleicht ihren Helfern vorbehalten, dies zu tun? Seitdem die Antike Mittelmeer weltweit

geent christlich geworden war und seitdem weiterhin größere Teile Europas durch

Missionierung zur lateinischen Christenheit gehörten, stand Zukunftsdeutung im Grunde

unter dem Zeichen biblischer Offenbarung. Dabei konnten neben der geheimen Offenbarung des Johannes

auch die Traditionen der Propheten herangezogen werden. Diese geheime Offenbarung oder Apokalypse

bot aber Anlass zur Deutung von Geschichte und Endzeit. Sie wurde kommentiert, bildlich

dargestellt, in Visionen konkretisiert. Trotzdem blieben Fragen. Wann ist es so weit? Wie wird

das Ende sein? Was bedeutet dies für meine Zukunft? Neben schriftlich niedergelegten biblischen

Offenbarungen gab es persönliche Visionen mit weiteren Erläuterungen, außerdem Hinweise in

Zeichenform, beispielsweise durch die Sterne. Sie konnten für das persönliche Geschick entscheidend

werden. Aber durfte man sich auf die Sterne verlassen? Die Waisen aus dem Morgenland durften es,

als sie das göttliche Kind aufsuchten, um Gold, Weihrauch und Mürre zu schenken. Aber,

sagten die Sterne noch mehr, durften sie überhaupt grundsätzlich befragt werden?

Eine Einführung in die mittelalterlichen Traditionen von Apokalyptik, Visionen und

Astrologie ist vielfältig. Ich beschränke mich heute Abend auf einige Aspekte, die mit den

apokalyptischen Ausdeutungen des Mittelalters zusammenhängen. Mit Endzeiten und Zeitaltern,

mit den dazugehörigen Visionen und Jenseitsreisen und schließlich mit der für das Mittelalter oft

bisher unterschätzten konkurrierenden Bedeutung der Astrologie. Die Bibel kündet vor allem in der

geheimen Offenbarung der Apokalypse vom Ende der Zeiten. Entsprechend häufig kommentierte man

dieses Buch im Mittelalter. Dies gilt für den lateinischen Westen, denn im Osten fehlte die

Apokalypse oft in vielen Bibelhandschriften. Die zahlreichen Kommentare des Westens beeinflussten

mannigfach das Geschichtsverständnis. Besonders einflussreich wurde von den frühen Kommentaren

derjenige des Diconius, der sich bemühte, vom Buchstaben zum Geist und von der Vielfalt der

Bilder zur Einheit des Sinnes der Apokalypse zu gelangen. Er deutete die Visionen dieses Buches,

vor allem die sieben Siegel, Posaunen und Zornschalen, als Zeichen, die mehrfach

dasselbe rekapitulieren und also nicht chronologische Aussagen enthalten. Die

insgesamt elastische Auslegung wurde im frühen Mittelalter weitergetragen, vor allen Dingen

durch Caesarius von Arles oder durch Beatus von Liebana. Gerade der Kommentar dieses asturischen

Mönches hat wegen der ganz singulären Bilder in der späteren Überlieferung bis heute beeindruckt,

denn die Darstellungen des himmlischen Jerusalem und des Gerichtes suchen unter künstlerischen

Aspekten ihresgleichen. Hier finden Sie zum Beispiel in einer späteren Handschrift eine

Darstellung des himmlischen Jerusalem mit dem Lamm, dem Buch in der Mitte und den zwölf Portalen,

die dazugehören. Dann näher hin auch in einer weiteren Handschrift dieses Apokalypse-Kommentars

des Beatus von Liebana, das Gericht, wobei die Gerichtsszene hier wieder deutlich unterscheidet

zwischen den Erwählten und den Verstoßenen auf der einen und der anderen Seite. Oder Sie sehen

auch hier eine Detaildarstellung aus einem weiteren Überlieferungsträger dieses Apokalypse-Kommentars

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Klaus Herbers Prof. Dr. Klaus Herbers

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:48:45 Min

Aufnahmedatum

2010-06-23

Hochgeladen am

2020-03-20 09:46:45

Sprache

de-DE

Das christliche Mittelalter interessierte sich wie alle Gesellschaften für die Zukunft. Dabei waren christliche Traditionen prägend, aber keinesfalls uniform; antike Orakeltraditionen konnten in Form von prophetischen Weissagungen wieder aufleben. Der Vortrag thematisiert drei Aspekte: Vor dem Hintergrund einer biblischen Tradition scheint die Verbindung von Apokalypse und Geschichtstheologie auf der Ebene gelehrter Diskussionen geblieben zu sein. Demgegenüber dürfte, zweitens, der Blick ins Jenseits für viele besonders attraktiv gewesen sein. Hier erhielten biblische Prophezeiungen noch besser als in bildlichen Darstellungen ein konkretes Aussehen. Der Blick auf die Sterne erlebte schließlich, drittens, durch die großen Übersetzungen und Rezeptionsprozesse des 12./13. Jahrhunderts an den Grenzen Lateineuropas eine ganz neue Dynamik, die auch die theoretisch-philosophische Diskussion beflügelte. Hier versuchte man, christlichen Glauben, Astrologie und mantische Praktiken in ihrem Verhältnis zu bestimmen.

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Jenseits apokalypse glauben aktiengesellschaft christliche Mittelalter Astrologie
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