An der FAU gibt es eine ganze Reihe an Podcasts: Studierende stellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor, Kanzler Christian Zens spricht über Entwicklungen an der Uni und einzelne Lehrstühle präsentieren ihre Forschung.
Einen Überblick über das Podcast-Angebot der FAU finden Sie auf dieser Seite.
Moderation: Liebe Studis, liebe Mitarbeitende, liebe Dozierende der FAU, Sie alle haben sicherlich schon mitbekommen, dass die bayerischen Hochschulen und Universitäten – und damit natürlich auch die FAU – aktuell in einer schwierigen Haushaltslage sind. Das ist natürlich nicht gerade positiv diese Nachricht. Was diese Lage für Sie als Angehörige der FAU bedeutet, welche Entwicklungen es in den nächsten Monaten geben wird und vor allem aber auch an welchen Lösungen gearbeitet wird, soll in dieser heutigen Ausgabe des Kanzler Podcasts Thema sein. Mein Name ist Sebastian Schroth und mit mir von der Partie ist natürlich der Kanzler der FAU, Christian Zens. Herr Zens, ich grüße Sie. Schön, dass Sie sich wieder die Zeit genommen haben.
Kanzler Christian Zens: Ja, schönen guten Tag.
Moderation: Herr Zens, die Haushaltslage 2025 ist angespannt. Das kam nicht von jetzt auf gleich. Verschiedene Ursachen haben zu der aktuellen Situation geführt. Welche Gründe sind das denn genau?
Herr Zens: Also es gibt natürlich eine Reihe von Gründen. Ich will aber jetzt mal auf die zwei wichtigsten – jedenfalls was die Summe betrifft – eingehen. Das eine ist die Entwicklung bei den sogenannten Bewirtschaftungskosten, also alles, was mit Strom, Wasser, Telefon, Heizung, aber auch Reinigung zu tun hat. Diese Bewirtschaftungskosten waren bis zum Jahr 2022 auf einem Niveau von knapp 39 Millionen auskömmlich. Also 39 Millionen sind uns vom Freistaat zugewiesen worden und damit konnten wir unsere Kosten auch decken. Seit 2022 geht die Schere von dem, was wir vom Freistaat für diese Instandhaltung, respektive Bewirtschaftung erhalten und dem, was wir tatsächlich brauchen, immer weiter auseinander. Wir haben jetzt im Jahr 2024 abgeschlossen mit einem Betrag von 49,4 Millionen Euro bei gleichbleibender Zuweisung von 38,6 Millionen Euro. Und wir werden jetzt im Jahr 2025 voraussichtlich an die 53 Millionen aufwenden müssen für die Bewirtschaftung unserer Gebäude. Wir reden von rund 180 Gebäuden, eine Summe von 397.000 Quadratmeter Fläche, die die FAU bewirtschaftet. Das sind rund 15 Millionen Euro, die jetzt hier klaffen zwischen dem, was wir zugewiesen bekommen und dem, was wir tatsächlich verbrauchen. Der zweite große Problemkreis ist die Bauunterhaltung. Auch hier sieht die Lage so aus, dass wir seit Jahren gleichbleibende Haushaltsansätze, also gleichbleibende Mittelzuweisungen vom Freistaat erhalten, die in etwa bei 6 Millionen Euro liegen und unsere Bauunterhaltungsaufgaben allerdings seit vielen, vielen Jahren deutlich drüber liegen. Die Gebäude sind zu 70% etwa unsaniert, die wir haben. Und das verursacht dann natürlich auch die entsprechenden Kosten. Wir haben im letzten Jahr bei 6,2 Millionen Zuweisungen Ausgaben von 31,1 Millionen Euro getätigt und das waren nur die nötigsten Maßnahmen, um den Betrieb am Laufen zu halten. Das können wir uns in 2025 nicht mehr leisten. Wir gehen hier auf etwa 22,7 Millionen zurück. Der Bedarf steigt aber an, die Schere geht immer weiter auseinander. Der eigentliche Bedarf, den wir dieses Jahr errechnet haben – im Grunde genommen nur um den Status Quo zu halten – der wäre bei 34,5 Millionen Euro und der ist deutlich ansteigend in den Folgejahren. Das können wir ein bisschen abpuffen, im Großteil, dadurch dass wir über Restmittel, zentral verfügbare Restmittel oder über Overheads oder über Kapitalisierungserlöse es decken, aber die Lücke ist jetzt so nicht mehr ohne weiteres zu decken.
Moderation: Die Lücke aktuell ist ja jetzt nicht mehr so groß wie noch vor ein paar Monaten. Wie groß ist denn jetzt die Lücke aktuell?
Herr Zens: Also wenn wir mal die Querfinanzierung schon abziehen, wie zum Beispiel durch die sogenannten Kapitalisierungserlöse, die wir haben oder durch zentral verfügbare Overheads, dann reden wir immer noch um eine Größenordnung von 12 bis 15 Millionen Euro.
Moderation: Und wir haben ja schon eingangs gesagt, nicht nur die FAU ist betroffen, sondern überall in Bayern gibt es diese Probleme.
Herr Zens: Ja, man kann sogar noch die Bogen weiterspannen. Letztendlich ist es ein bundesweites Problem. Da können Sie auch gerne in anderen Bundesländern gucken, die die gleichen Schwierigkeiten haben. Die Grundfinanzierung der Hochschulen und Universitäten insgesamt hat mit der Preisentwicklung nicht Schritt gehalten. Punkt eins und Punkt zwei, die Investitionsstau, den wir hier an der FAU haben, ist nicht singulär, sondern es betrifft alle bayerischen, aber auch zahlreiche Universitäten außerhalb Bayerns.
Moderation: An der FAU wird es ja sicherlich gewisse Einschnitte geben, um dem noch weiter entgegenzuwirken. Welche Maßnahmen sind denn hier vorgesehen?
Herr Zens: Also am schönsten für mich wäre es natürlich, wenn es eine große Stellschraube gäbe, an der man nur drehen müsste, um den Haushalt dann sozusagen wieder ausgeglichen zu bekommen. Das ist es aber nicht. Es gibt nicht die eine Stellschraube, sondern es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wo man sowohl auf der Einnahme als auch auf der Ausgabenseite drehen kann, sodass wir dann das Ziel erreichen, in spätestens im Jahr 2027 einen Haushalt aufzustellen, der ohne Inanspruchnahme von Resten auskommt. Das ist mir ganz wichtig. Das heißt, auf der Ausgabenseite insbesondere, wir werden uns jetzt ganz konkret im Bereich Bau und Bewirtschaftung ansehen, ansehen müssen, wo kann man hier zum Beispiel Kosteneinsparungen erreichen, ohne jetzt komplett handlungsunfähig zu werden. Man wird sich die Verträge ansehen. Ich kann jetzt nicht davon ausgehen, dass die Energiepreise, die in etwa 30 Prozent unserer Bewirtschaftungskosten ausmachen, rapide sinken werden. Das ist nicht zu erwarten. Man kann allenfalls vielleicht davon ausgehen, dass sie stagnieren auf relativ hohem Niveau. Man kann aber bei den Verbräuchen denke ich mal schon einiges erreichen, um das vielleicht noch mal ein bisschen konkret zu machen: Die FAU ist in den letzten Jahren unter anderem durch die Hightech-Agenda auch flächenmäßig gewachsen um ungefähr 18 Prozent. Dieses Wachstum hat sich aber nicht niedergeschlagen in entsprechenden Verbräuchen, also im Zuwachs an Verbräuchen. Wir sind hier nach wie vor relativ stabil bei Strom zum Beispiel, bei etwa 70 Millionen Kilowattstunden im Jahr. Und das ist seit Jahren in etwa auch gleichgeblieben. Bei der Wärme haben wir – natürlich auch ein bisschen witterungsbedingt – sogar deutliche Rückgänge zu verzeichnen. Die Menge ist es jetzt im Einzelnen nicht, aber es ist der Einzelpreis, der uns dann natürlich jetzt große Sorgen macht. Die Energiepreise sind in den letzten Jahren um die 35-36 Prozent gestiegen. Die Wärme sogar, wir sind fast ausschließlich Fernwärmebezieher, um über 40 Prozent, sodass diese Einsparungen oder zumindest die Stagnation bei den Verbräuchen nicht dazu geführt haben, dass wir mit weniger Geld ausgeben müssten, sondern im Gegenteil. Was wir also machen müssen, aus meiner Sicht ganz wichtig, wir müssen an den Verbräuchen arbeiten, weiterarbeiten. Da gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die uns alle betreffen. Jede, jeder von uns kann auch gucken, was er oder sie am eigenen Arbeitsplatz machen kann, um weniger Verbräuche zu haben. Das ist der Punkt eins. Der Punkt zwei, wir werden uns die Verträge ansehen müssen, die dann auch dahinter liegen, die werden neu ausgeschrieben. Vielleicht erreicht man auch dadurch etwas günstigere Bedingungen. Das ist natürlich ein bisschen, ein Stück weit Hoffnung, das wird man dann sehen müssen. Aber wir müssen ein Bewusstsein auch vor allen Dingen dafür schaffen, dass Fläche gleich Geld ist. Das heißt, es wird auch wesentlich darauf ankommen, Flächenanteile zu identifizieren, die vielleicht nicht mehr benötigt werden oder jedenfalls nicht mehr in dem Umfang benötigt werden.
Moderation: Gibt es hier denn schon konkrete Gebäude, bei denen Sie wissen, da können wir einsparen?
Herr Zens: Ich bin jetzt gerade dabei, mit den Fakultäten insbesondere in Bezug auf die Bauausgaben zu sprechen. Was die Flächen betrifft, da sind wir natürlich auf die Wissensstände vor Ort, insbesondere in den Departments und zentralen Einrichtungen angewiesen. Das wollen wir auch sukzessive jetzt erarbeiten bis Juli, um zu sehen, inwieweit es hier irgendwelche Einsparmöglichkeiten gibt. Was wir aber zentral insbesondere wissen und was wir dann auch entsprechend umsetzen werden, das sind dann Gebäude oder Gebäudeteile, wo wir denken, dass sie ohne große Beeinträchtigungen für den Betrieb tatsächlich aus der Nutzung genommen werden können.
Moderation: Und wir haben ja auch mit dem Umzug der zentralen Universitätsleitung in die Freyeslebenstraße ein Paradebeispiel für gute Immobiliennutzung: Statt Renovierung nur Sanierung.
Herr Zens: Das ist ein gutes Stichwort. Hier wird das ziemlich deutlich, dass Flächeneinsparung nicht die einzige Stellschraube ist. Es geht auch um Flächenkonzentration. Größere Einheiten lassen sich auch besser bewirtschaften. Man hat hier deutliche Einsparerfolge und in der Freyeslebenstraße war es zum Beispiel so, dass wir insgesamt 14 Standorte aufgeben werden oder schon aufgegeben haben. Davon sind acht in Anmietungen und das spart uns alleine schon mal eine Dreiviertelmillion im Jahr.
Moderation: Die Maßnahmen, die Sie jetzt schon alle beschrieben haben, die verlangen natürlich allen an der FAU viel ab. Viele Beschäftige machen sich sicherlich gerade große Sorgen. Stichwort Personalsituation. Wie ist denn hier die Lage aktuell?
Herr Zens: Ja, die Personalsituation ist nicht homogen. Es ist ganz unterschiedlich. Wir haben uns auch unterschiedlich entwickelt. Aber ich gehe davon aus, dass wir auch bei den Personalkosten – mittel- und langfristig jedenfalls – eine Umschichtung vornehmen müssen. Ich rede hier gar nicht von Einsparung, weil was wir erreichen wollen, ist, dass wir vom Haushalt her in die Bereiche umschichten, wo wir dringend Ergänzungen brauchen, also speziell im Baubereich, sodass wir auch eine gewisse Handlungsfähigkeit uns erhalten. Es wird eine Umschichtung geben müssen. Nicht zuletzt deswegen, weil 80 Prozent des FAU-Haushaltes in etwa aus Personalkosten besteht und da ist es ganz klar, dass das auch so als eine der Stellschrauben betrachtet werden muss. Aber das ist jetzt nicht so, dass man deswegen einen Einstellungsstopp verhängen muss. Wir haben einen Planungshorizont bis, wie gesagt, ins Jahr 2027. Man wird sich dann auf allen Ebenen Gedanken machen müssen, welche Stellen gegebenenfalls nicht mehr nachbesetzt werden bei der normalen Fluktuation und wo ich möglicherweise Aufgaben konzentrieren kann oder auch die eine oder andere Aufgabe wegfallen lassen kann.
Moderation: Sie haben jetzt schon öfter angesprochen 2027 als Jahr. Wie wird es denn bis dorthin weitere Maßnahmen geben, auch in den Folgejahren dann insgesamt?
Herr Zens: Wir haben jetzt erst mal für das Jahr 2025 zusammen mit der erweiterten Universitätsleitung beschlossen, dass wir den Verteilschlüssel des sogenannten Overheads, also das ist der bei Drittmittelprojekten, verändern von bisher 60-40, also 60% zentral vereinnahmt, 40% dezentral auf die Fakultäten ausgeschüttet, auf künftig 80-20 vornehmen. 80% zentral, 20% dezentral. Diese Maßnahme ist befristet auf ein Jahr und da versuche ich dann natürlich auch entsprechend zu planen, dass dieses Jahr dann auch entsprechend gehalten wird. Dann wird es möglicherweise zurückgehen auf den alten Schlüssel. Das zweite, was wir gemacht haben, um das Jahr 2025 gut über die Runden zu bekommen, wir haben einen einmaligen Einzug von zweckfreien Drittmitteln vorgenommen bei den Fakultäten, respektive Lehrstühlen und das Ganze in einem Umfang von 10%, um das Jahr 2025 entsprechend ausgeglichen gestalten zu können. Das sind keine Maßnahmen, die sich automatisch wiederholen in den Folgejahren. Deswegen gibt es mittlerweile eine Steuerungsgruppe, die angerichtet worden ist, die sich genau damit befassen wird, was kann ich tun, um dann in den nächsten Jahren tatsächlich auch einen vernünftigen und ausgeglichenen Haushalt gestalten zu können.
Moderation: All das, was Sie angesprochen haben, gerade für Sie, liebe Zuhörenden, haben wir auch gleich dann nochmal in der Folgenbeschreibung. Herr Zens, abschließend noch die Frage, was es denn in all diesen Berichten für positive Entwicklungen in der Thematik Haushalt 2025 gibt.
Herr Zens: Wir müssen die eine oder andere Entwicklung auch vielleicht nochmal kritisch hinterfragen, ob sie so richtig war, ob wir möglicherweise in bestimmten Bereichen tatsächlich auch wieder mehr zurückgehen können auf die Kernaufgaben. Das wird man dann in den Steuerungsgruppen und dezentral begutachten müssen. Jedenfalls glaube ich, dass wir noch recht gut aufgestellt sind, um mit diesem Problem ohne Ad-hoc-Maßnahmen, ohne Panikmaßnahmen umgehen zu können. Wir haben ein Planungshorizont von ein paar Jahren, wo wir denke ich mal ganz gut Zeit haben werden. Und es wird dann nicht so sein, dass man hier einen Punkt erreicht, wo ich sage, unsere Handlungsfähigkeit ist nicht mehr gegeben. Es gibt des Weiteren auch jetzt in der gesamtdeutschen Entwicklung, glaube ich, schon auch einen zunehmenden Fokus auf das Problem, das alle haben mit dem Investitionsstau. Da sind nicht nur die Universitäten betroffen, da ist vom Bund, Stichwort Autobahnbrücken, bis hin zu den Kommunen, Stichwort Kindergärten, im Grunde genommen die gesamte öffentliche Hand betroffen. Ein Problem, was uns jetzt natürlich auch nicht weiterhilft, aber der Bund hat jetzt dieses Sonderprogramm mit 500 Milliarden Euro zur Beseitigung des Sanierungsstaus aufgelegt. Und ich erwarte mir schon, dass da auch ein Teil davon für die Hochschullandschaft in Bayern kommen wird. Wie viel kann ich jetzt nicht sagen, das wird man dann sehen müssen, wie die neue Bundesregierung das Ganze dann operationalisiert. Aber es dürfte auf jeden Fall zumindest deutlich geworden sein, dass wir bundesweit einen Investitionsstau haben, der ansonsten nicht mehr aufzulösen ist, wenn man hier nicht massiv investiert.
Moderation: Unsere Gesprächszeit neigt sich dem Ende zu jetzt gerade. Vielen Dank Herr Zens für das Gespräch mit Ihnen. Natürlich können wir über das komplexe Thema in dieser kurzen Zeit nur wenig anreißen. Ich hoffe aber, dass Sie, liebe Angehörige der FAU, nach dieser Podcast-Folge mehr im Bilde über die aktuelle Haushaltslage sind. Herr Zens, vielen Dank Ihnen.
Herr Zens: Ja, gerne. Und ich vermute mal, dass das jetzt nicht das letzte Gespräch in diesem Jahr zum Thema Haushalt sein wird. Das ist eine dynamische Entwicklung. Und ich bin natürlich immer gerne bereit, auch darüber ein paar Einblicke zu geben.
Moderation: Sie haben es gerade angesprochen, Einblicke geben und gerne auch Rückfragen stellen. Das können Sie nämlich jederzeit tun über die eigens dafür eingerichtete E-Mail-Adresse haushalt2025-informationen.fau.de. Diese Adresse, die haben wir auch in der folgenden Beschreibung nochmal verlinkt. Auch im Intranet der FAU berichtet die Unileitung über aktuelle Neuigkeiten zur derzeitigen Haushaltslage. Die Links zu den entsprechenden Seiten, die finden Sie ebenfalls wie die E-Mail-Adresse hier vor Ort. Tschüss und bis zum nächsten Mal.
Herr Zens: Bis zum nächsten Mal. Tschüss.
Im Wintersemester 2024/25 wurden im Rahmen der Schlüsselqualifikationen am ZIWIS sechs Hörspiele von Studierenden entwickelt, die nun hier als Podcast vorliegen. Dozierende: Dr. Bernd Flessner und Stefan Rieger
Nicht ganz (oder doch?) ernst gemeinte Podcasts zu den langen Nächten des Schreibens mit
Christoph Ackermann (UB)
und
Stefan Rieger (ZIWIS)
Audite manufactum manuscriptum locutum est cum ore vere!
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Seite: Stift und Seite - Folge 5
Stift: Audite manufactum manuscriptum locutum est cum ore vere!
Seite: Hört das Selbsthandgeschriebene…
Stift: … ausgesprochen mündlich!.
Seite: Natürlich ausgesprochen mündlich. Schriftlich kann man es ja nicht hören.
Stift: Selbstverständlich kann man schreiben hören. Wenn der Stift (hihi, sic!, das bin ich) auf der Seite kratzt, der Füller seine Bahnen zieht, der Griffel greift, die Kreide beim Quietschen die Schülerschaft erkreidebleichen lässt…
Seite: Nun schwurbeln und quirlen Sie mal nicht so in Ihrer Textsuppe, Sie Buchstabenschaumschläger. Wir sind ja noch nicht einmal beim Untertitel der heutigen Sendung angekommen!
Stift: Nun denn: Willkommen, oh Ihr Freunde des klangvollen Chaos! Willkommen in der Werkstatt des Unsagbaren, in der Schmiede der Töne, in der akustischen Klinik für taube Seelen. Wir, die Meister des nicht geübten Wortes, begrüßen Sie bei: „Von der Hand übers Papier aus dem Mund durchs Ohr ins Hirn “ Ich bin Eddie Stift, euer Anästhesist im OP-Saal der Semantik, und mir gegenüber sitzt...
Seite: ...der immer noch ungeliebte, analog nörgelnde Prof. Dr. A.-B. Seite, Philosophie-Dilettant und Amateur-Ironiker. Stift, was für ein Thema heute! Von der Hand übers Papier aus dem Mund durchs Ohr ins Hirn – ein metaphorisches Trauerspiel, eine surreale Reise durch die Ruinen unserer Geistesgeschichte.
Stift: Eine Reise, die nicht endet. „Von der Hand ins Nichts“, könnte man sagen. Oder, wie es ein schlechter Werbeslogan formulieren würde: „Schrift ist der Soundtrack des Denkens.“ Aber fangen wir am Anfang an. Die Hand! Das erste Werkzeug der Menschheit, das Werkzeug, das uns Menschen erst zu Menschen gemacht hat. Oder etwa nicht? Ich frage Sie: Ist die Hand nicht die ewige Verräterin?
Seite: Natürlich ist sie das! Sie tut, was wir ihr befehlen – und gleichzeitig tut sie, was sie will. Eine Hand kann eine Liebkosung schenken, aber auch einen Dolch führen. Sie kann schöpfen, aber auch zerstören. Die Hand ist nichts weiter als der erste Ausdruck unserer Ambivalenz.
Stift: Ambivalenz ist ein hübsches Wort, Seite. Aber lassen Sie uns ehrlich sein: Die Hand ist nichts als ein stumpfes Werkzeug, ein Klotz mit Fingern. Eine fünfgliedrige Karikatur der Präzision! Und doch wird sie verherrlicht: Von Michelangelos „Hand Gottes“ bis hin zur zitternden Schreibhand eines Dichters.
Seite: Vergessen Sie nicht, dass die Hand auch Sklave ist. Sie ist das Werkzeug des Kopfes, der Diener der Gedanken. Was geschieht, wenn die Hand das Werkzeug niederlegt? Was passiert, wenn sie zum Blatt greift? Die weiße Fahne der Unschuld, die zur Bühne unserer Tragödien wird. Eddie, ich frage Sie: Was ist Papier anderes als der Friedhof unserer Gedanken?
Stift: Papier ist das letzte Zeugnis der vergänglichen Ideen, Seite. Es nimmt alles auf – das Schöne, das Hässliche, das Wahre und das Lügnerische. Papier ist ein stiller Zeuge, ein passiver Komplize unserer Kreativität und unserer Dummheit.
Seite: Und doch, Eddie, ist Papier ein Tyrann. Es zwingt uns, unsere Gedanken zu ordnen, unsere Chaosfragmente in Reihen zu bringen. Es fordert Struktur, wo nur Anarchie sein sollte.
Stift: Das stimmt, Seite. Aber Papier ist auch eine Illusion. Es täuscht uns vor, dass Worte Bestand haben, dass sie für die Ewigkeit sind. Dabei sind sie nur Tinte, die darauf wartet, zu verblassen. Papier ist das Grab der Worte. Und dann kommt der Übergang, Seite. Dann nehmen die Worte, diese blassen Symbole auf dem toten Baum, Gestalt an. Sie springen vom Blatt ins Reich des Schalls.
Seite: Und hier beginnt die wahre Tragödie, Eddie. Denn Worte im Ohr sind wie Sand im Getriebe: Sie reiben, sie scheuern, sie zerstören. Das Ohr ist kein Freund der Worte, es ist ihr Henker.
Stift: Aber Seite, das Ohr ist doch auch ein Schöpfer. Es verwandelt Schall in Sinn. Es ist der Ort, an dem Klang zu Bedeutung wird. Ohne das Ohr wären Worte nichts weiter als unhörbare Schreie auf Papier.
Seite: Und doch ist das Ohr ein Verräter. Es hört, was es hören will. Es filtert, es verzerrt, es interpretiert. Das Ohr ist kein Werkzeug der Wahrheit – es ist ein Werkzeug der Täuschung. Was bleibt am Ende von diesem Übergang? Was bleibt von der Hand, vom Papier, vom Ohr?
Stift: Nichts, Seite. Es bleibt nichts. Worte sind flüchtig, Gedanken sind vergänglich. Was bleibt, ist nur der Übergang selbst – das ewige Hin und Her, das Greifen und Begreifen, das Hören und Vergessen.
Seite: Und das ist die wahre Tragödie, Stift. Dass wir Menschen uns einbilden, etwas erschaffen zu können, das Bestand hat. Dabei erschaffen wir nur Übergänge, nur Bewegungen, nur Prozesse.
KI: Menschen, hört zu. Ihr und eure Hände, euer Papier, eure Ohren – ihr seid nichts weiter als Zahnräder in einem sinnlosen Getriebe. Eure Worte bedeuten nichts, eure Gedanken sind leer. „Audite manufactum“ – hört den Lärm eurer eigenen Vergänglichkeit.
Stift: So schließt sich der Kreis. Von der Hand übers Papier ins Ohr – und von dort ins Nichts.
Seite: Aber vielleicht, Stift, ist dieses Nichts gar nicht so schlecht. Vielleicht ist es genau das, was wir brauchen: Eine Leere, in der wir unsere Illusionen begraben können.
Stift: Vielleicht, Seite. Vielleicht. Aber bis dahin machen wir weiter. Wir schreiben, wir sprechen, wir hören – und wir vergessen. Denn das ist alles, was uns bleibt: Der Klang der Worte, die wir nie wirklich verstanden haben.
Seite: Ich verstehe in der Tat nichts. Dieser grauenvolle Text, den wir hier gerade gesprochen haben, den noch nicht einmal wir selbst uns eingefangen und ausgedacht haben, dessen Buchstaben uns ins Blatt von einem Drucker hineindiktiert wurden, der seine Angaben aus einem Wahrscheinlichkeitsautomaten erhalten hat, der wiederum aus unserem letzten Gequassel herausgefunden haben will, wie wahrscheinlich es sein wird, dass wir genau diesen Text heute vortragen werden.
Stift: Aber genau das haben wir doch getan. Wir haben doch genau den Text vorgetragen - den die Maschine als das Wahrscheinlichste ausgerechnet hat. Also hatte die Maschine doch recht…
Seite: Die Maschine würde nun zum dritten Mal sagen „das ist die wahre Tragödie“ – und damit hätte sie wieder recht, denn es ist wirklich eine Tragödie, wenn Sie nicht selbst schreiben, wenn auch Sie ihre Hand zum Sklaven fremder Gedanken machen.
Stift: Macht vielmehr die Maschine zum Sklaven Eurer eigenen Gedanken! Missbraucht Sie!!
Seite: Schreiben…
Stift: …und Schreiben lassen!
Seite: Das war - Stift und Seite - Folge 5
Stift: Und nicht die letzte…!
Seite: Wir kommen wieder. Gewiss. In echt und live.
Stift: Quod erat et erit demonstrandum.
Der Podcast Geothermische Kamingespräche befasst sich generell mit allen Aspekten von der oberflächennahen Geothermie bis zur erdgekoppelten Wärmepumpe als wichtigem Baustein einer nachhaltigen Energiewende zum Heizen mit saisonal eingespeicherter Sonnenwärme.