Liebe Studierende, heute machen wir einen Sprung von der Antike ins Mittelalter, ins europäische
Mittelalter.
Das europäische Mittelalter wird gerne definiert von verschiedenen Faktoren her, also ein
Stück weit lebt auch antike Geistigkeit weiter, auch wenn zwischendurch völlig verschüttet.
Das römische Recht wird im Laufe des Mittelalters neu belebt, auch das war zwischenzeitlich
verschüttet.
Dann aber eine prägende Kraft, ohne die man das europäische Mittelalter gar nicht denken
kann, das Christentum.
Also das Mittelalter besteht oder geprägt von diesen verschiedenen Faktoren, die aber
auch immer in Spannung zueinander stehen.
Also so eine ganz harmlose Synthese zwischen antiker Geistigkeit und Christentum gab es
nie.
Also manchmal nahm sich das recht harmonisch aus, aber irgendwie und irgendwann traten
die Risse, die Spaltungen immer wieder hervor.
Und das hat sicher damit zu tun, dass dem Christentum auch eine stark kulturkritische
Komponente inne wohnt.
Gleichzeitig will das Christentum wirken in der Welt, also ist auch zur kulturprägenden
Kraft geworden, kulturkritisch und kulturprägend.
Und ich will aus der Frühzeit des Christentums, also noch aus der späten Antike jetzt zunächst
mal zwei Figuren nennen, die diese Spannung exemplarisch repräsentieren.
Und dann geht es auf die Hauptfigur des Vortrags, nämlich Augustinus.
Also zunächst, Tertullian, Tertullian so im dritten Jahrhundert ist ein vermutlich
eher schwieriger Mensch gewesen, also streitbar, radikal in seinen Vorstellungen, radikal
auch in seinen christlichen Vorstellungen.
Auf keinen Fall wollte er irgendwie Kompromisse machen mit der antiken Geistigkeit.
Und dafür jetzt ein Zitat von Tertullian.
Was also hat Athen mit Jerusalem zu tun?
Fragezeichen.
Athen, das ist die Akademie, Jerusalem, klar, das steht für auch das Christentum, den Ursprungsort
des Christentums.
Was haben die beiden miteinander zu tun?
Was die Akademie mit der Kirche?
Was die Ketzer mit den Christen?
Unsere Lehre stammt aus der Säulenhalle Salomons, der selbst gelehrt hat, der Herr sei in der
Einfalt der Herzen zu suchen.
Umso schlimmer für diejenigen, die lieber ein stoisches oder platonisches oder dialektisches
Christentum wollen.
Wir haben nach Christus die Neugierde nicht mehr nötig und seit dem Evangelium brauchen
wir keine Forschung mehr.
Also hier im Namen der christlichen Theologie eine Absage an das Philosophieren, ein platonisches
Christentum für Tertullian ein Unding.
Also von Tertullian wird auch immer gern ein Wort zitiert.
Credo, quia, absurdum.
Ich glaube, weil es absurd ist.
Also die schroffe Absage an jede Verbindung mit der griechisch-römischen Geistigkeit.
Da steht Tertullian exemplarisch für eine Tendenz, die immer mal wieder aufbricht, dann
Jahrhunderte später etwa den Bettelorden, in manchen Tendenzen Reformation und so weiter.
Kommt immer mal wieder.
Analog zu dieser Kulturkritik auch eine Staatskritik.
Also auch hier eine Ursprungserfahrung des Christentums ist die Distanz zum Staat.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:00:39 Min
Aufnahmedatum
2020-10-15
Hochgeladen am
2020-10-21 11:44:12
Sprache
de-DE
Mittelalter