In allen Diskursen und Theorien über das Heilige wird dieses gefaßt als das ‚Ganz Andere’, Unzugängliche, Unheimliche und schließlich Undarstellbare. Paradoxerweise – weil bezogen auf den emotionalen Grund des Gefühls – drängt aber gerade dieses Undarstellbare zur Darstellung und bedarf dazu einer ‚materiellen Matrix’, Medien, Zeichensystemen oder Symbolisierungen (Bildern, Texten, Architekturen), die auf seine Nichtdarstellbarkeit verweisen. Gibt es also ein System, das einen privilegierten Zeichenfonds vorhält, mittels dessen das Heilige nicht repräsentiert wird (Sakralisierung), sondern in den quasi immediat, performativ die Spur des Heiligen eingesenkt ist? Und gibt es eine Kulturtechnik, die es erlaubt, jenseits jeder Resakralisierung oder -Auratisierung das Heilige zu ‚entbergen’? Ja, sagen die Philologen des 19. Jahrhunderts: der Zeichenfonds heißt Sprache und die Technik der Entbergung Etymologie. Einer ihrer prominentesten ist der Oxforder Philologe und ‚Erfinder’ der Religionswissenschaft, Max Müller (1823-1900). Wie er auf seinem Denk-Weg die Entfaltung der Sprache ‚entzaubert’, sie bis zu ihren Ursprüngen und Kernen zurückverfolgt und somit die Bildung von Mythologie und Religion (re)konstruiert, versucht dieser Vortrag zu skizzieren.