4 - Das Yin und Yang der Sicherheit [ID:24246]
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Mein Thema heute ist das Ying und Yang der Sicherheit. Und zwar stellen Sie sich das perfekte Zuhause vor.

Perfekt, ideal, auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten, tiptop gepflegt, sauber und sicher.

Aber wie wir alle wissen, ist Perfektion kein dauerhafter Zustand, sondern etwas, was ständige, sehr harte Arbeit bedarf.

Zum Glück ist es in diesem Haus so, dass wir unzählige Teams haben, die Tag und Nacht genau daran arbeiten, diesen perfekten Zustand zu erhalten.

Und zwei von diesen Teams, die sich um die Sicherheit kümmern, diese interessieren mich in meiner Forschung.

Das erste ist das Sicherheitsteam GO, allen voran die T-Zellen.

Die T-Zellen sind 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche damit beschäftigt, ihre Umgebung zu scannen und einfach zu gucken, ob irgendwelche Auffälligkeiten sich in diesem Haus befinden.

Und Auffälligkeiten, das kann jetzt zum Beispiel eine Virus infizierte Zelle sein, wie Sie hier unten sehen, oder eine Zelle, die so stark verändert ist, dass wir die ursprüngliche Zelle gar nicht mehr erkennen können,

die vielleicht schon entartet ist, aus der vielleicht ein Tumor entstehen könnte. Und diese zwielichtigen Gestalten, sage ich mal, diese werden dann ganz effektiv entfernt.

Aber leider, wie das mit einem absolut effektiven Sicherheitssystem manchmal so der Fall ist, schlagen diese Teams auch über das Ziel hinaus.

Und deswegen haben wir noch ein zweites Sicherheitsteam, das Sicherheitsteam NO, die sozusagen eine VETO-Funktion haben, die das Sicherheitsteam der immunsuppressiven Zellen,

die verhindern, dass die T-Zellen unschuldige Strukturen angreifen und die Funktion der T-Zellen entweder dämpfen können oder aber sogar komplett verhindern können.

Leider haben wir aber nicht immer so eine super perfekte Situation, sondern manchmal haben wir auch genau diese Situation.

Es ist eine lebensbedrohliche Situation, in der unser T-Zell-Team entweder mit dem Rücken an der Wand steht, wie dieser Herr hier oben, oder aber sogar am Boden liegt.

Und so eine Situation sehen wir leider in Patienten mit akuten Leukämien.

Und wir versuchen in unserer Forschungsarbeit zu verstehen, wie wir sozusagen den T-Zellen helfen können, die Tumorzellen anzugreifen.

Und andererseits interessiert uns natürlich, was macht unser Sicherheitsteam 2 in dieser Situation?

Und ich kann Ihnen sagen, das macht genau das Falsche. Sie werden nämlich von den Tumorzellen einerseits in hoher Zahl angelockt.

Sie werden von den Tumorzellen korrumpiert. Sie stellen sich vor die Tumorzellen, schützen diese vor der letzten Funktion der T-Zellen und fördern so das Voranschreiten der Erkrankung.

Und wir alle wissen, eine akute Leukämie, die nicht behandelt wird, führt leider zum Tode.

Also was machen wir? Wir haben einerseits ein Sicherheitsteam, das unfähig ist.

Und auf der anderen Seite haben wir ein Sicherheitsteam, das korrupt ist und auf der falschen Seite steht.

Da hilft nur eins. Wir machen Tabula rasa. Wir machen einen Neustart. Wir tauschen alle Teams aus.

Und das machen wir in der Hematologie, indem wir eine Fremdspender-Stammzell-Transplantation machen.

Wir tauschen eben alle Teams auch, unter anderem auch das Sicherheitsteam.

Idealerweise bekommen wir dann ein Sicherheitsteam, das unserem alten Sicherheitsteam extrem ähnelt, aber ein bisschen unterschiedlich ist und zudem auch gesund und fit.

Und dieses neue Sicherheitsteam wird dann Tumorzellen, die sich wie dieser Elefant in der Küche verstecken, erkennen und ganz effizient eliminieren.

Und das Ziel ist natürlich wieder, wenn wir diesen Graf versus Tumor-Effekt haben, also der Spender versus die Tumorzelle,

dass wir am Schluss wieder ein perfektes Zuhause haben, einen gesunden Patienten.

Leider ist es aber so, dass uns dieser perfekte Match der Teams nicht immer gelingt.

Und manchmal bekommen wir statt unserem netten Sicherheitsteam ein hoch aggressives Hyperthrophes-Sicherheitsteam.

T-Zellen, die anfangen, nicht nur Tumorzellen anzugreifen, sondern aber auch gesunde Strukturen.

Und in Patienten ist es so, dass bei dieser Situation, das nennt man Graf versus Toast-Erkrankung, also Spender gegen Empfängererkrankung,

dass drei Organsysteme besonders angegriffen werden, die Leber, der Darm und die Haut.

Und wir versuchen zu verstehen, wie wir in dieser Situation eingreifen können, da die Situation ja so schlimm werden kann,

dass, obwohl der Patient von der Leukämie geheilt ist, an den Folgen der Transplantation stirbt.

Und da erinnern wir uns wieder an unser zweites Sicherheitssystem, und zwar die immunsuppressiven Zellen,

die so negativ aufgefallen sind in der Tumor-Situation und in der Transplantation, in der Abstoßungsreaktion.

Versuchen wir nun, dass wir diese Zellen entweder wieder aus den Patienten selber rekrutieren,

oder aber es schaffen, dass wir die Zellen den Patienten von außen zugeben, infundieren und diese besonders aktiv und stark machen,

immer mit dem Ziel, am Schluss wieder eine Situation herzustellen.

Ein Yin und Yang – also zwei gegensätzliche Systeme der Sicherheit, die sich aber perfekt ergänzen.

Also, nochmal zusammengefasst, in der Tumor-Situation haben wir die Situation, wo wir weniger immunsuppressive Zellen wollen.

Das Gegenteil ist der Fall in der Transplantationssituation und versuchen, aus diesen verschiedenen Situationen zu lernen, um eine Strategie zu entwickeln, unseren Patienten effizient helfen zu können.

Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

Teil einer Videoserie :

Presenters

PD Dr. Regina Jitschin PD Dr. Regina Jitschin

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:06:02 Min

Aufnahmedatum

2020-10-29

Hochgeladen am

2020-11-18 12:24:49

Sprache

de-DE

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