Zukunft Bildung in der digitalen Wissensgesellschaft [ID:2633]
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Herzlichen Dank für diese freundliche Einführung und für die Einladung hier zu Ihnen zu sprechen.

Ich möchte einige Gedanken zur Diskussion stellen. Wir sollten auch Zeit haben für diese Diskussion,

trotz der Zug fährt zurück und den muss ich auch erwischen. 20 vor 8 muss ich dann hier

tatsächlich das Haus verlassen. Aber ich fasse es so, dass wir also ungefähr die Hälfte der Zeit

noch mal für die Diskussion haben. Und ich meine, Sie haben meinen Philosophen eingeladen,

Sie haben es ja in der Einführung schon gesagt, das birgt immer das Risiko, dass auch Philosophie

vorkommt und das wird sich auch nicht ganz vermeiden lassen. Ich möchte Gedanken,

eher Gedanken zur Zukunft der Bildung in der digitalen Wissensgesellschaft hier zur

Diskussion stellen, als Antworten geben für etwa die pädagogische Praxis. Allerdings,

das Ganze steht in dem etwas größeren Zusammenhang einer Philosophie humaner Bildung. Das habe ich

auch versucht, jetzt in Buchform zusammenzufassen im letzten Sommer. Das wird auch im März oder so,

März, Anfang April erscheinen, Philosophie humaner Bildung. Ich versuche also gewissermaßen die These,

die Sie ja schon zitiert haben, nämlich die These, dass jedenfalls ein Kernbestand humanistischer

Bildungsideale aktuell ist. Nicht überkommen, nicht in der Verengung auf alte Sprachen, darum geht es

eigentlich gar nicht, sondern ein Kernbestandteil des humanistischen Bildungsideales ist heute sogar

aktueller, denn je zuvor, wie mir scheint. Also ich beginne mit einigen Bemerkungen zur Frage,

was ändert sich eigentlich? Im Titel, den Titel haben ja Sie formuliert als Einladende, aber ich

habe den gerne akzeptiert, ist von der digitalen Wissensgesellschaft die Rede. Und eigentlich ist

dieser Begriff schon eine Provokation für mich. Ich habe ihn deswegen so stehen lassen, weil man

da dann gleich auch einiges erläutern kann. Also die erste Frage, die sich stellt, ist, was ändert

sich eigentlich durch das Digitale? Man kann die merkwürdige Beobachtung machen, fast eine

kulturhistorische Konstante. Immer wenn neue Technologien auftreten, zerfällt prompt die

Kommentierung, die intellektuellen insbesondere, in zwei Teile. Die einen sind euphorisch bis hin zur

These nun beginnt ein neues Zeitalter oder ein altes Zeitalter Ende, das Gutenberg Zeitalter endet

und damit vielleicht noch Logik und Rationalität, wie wir sie kennengelernt haben in den letzten

Jahrhunderten. Und die anderen sagen, große Bedrohung, Niedergang, Abend ländischer Kultur.

Was kommt da auf uns zu ganz schrecklich? Wir müssen die Bildungsinstitutionen schützen vor den

Einflüssen, die da hervorgehen. Und dann vergeht einige Zeit, einige Jahrzehnte und dann entspannt

sich das ein wenig und dann auf einmal klärt sich der Blick und man sieht die pragmatische Dimension

neuer Technologien, auch die Grenzen neuer Technologien und vielleicht sieht man und das

ist dann gleich eine erste philosophische These, das was sich nicht verändert hat durch neue

Technologien. Es gibt eine sehr beliebte, man kann sie im weitesten Sinn als postmodern bezeichnen,

Medienphilosophie, Medientheorie, die eigentlich auf einer erkenntnistheoretischen Prämisse beruht,

nämlich dass man zwischen Medium und dem was medial vermittelt wird, streng genommen keinen

Unterschied machen kann. Das jeweils Realität eben das ist, was sich medial vermittelt. Also

eine antirealistische, irrealistische Position. Eigentlich ist das eine Art Kind, eine Spätgeburt

des deutschen Idealismus aus dem späten 19. Jahrhundert, die jetzt in anderer Form wieder

auflebt. Ich halte das für ziemlich irreführend und ich vertrete einen jetzt erkenntnistheoretisch

gesehen realistischen Standpunkt, allerdings einen Realismus, der ist unaufgeregt, der ist nicht

verbunden mit Zertismus, dass es eine Möglichkeit gibt eindeutig und endgültig und sicher festzustellen,

ob bestimmte Sachverhalte, bestimmte Fakten tatsächlich bestehen oder nicht bestehen.

Also nicht verbunden mit Zertismus, im Gegenteil mit Fallibilismus und dieser Realismus ist auch

nicht verbunden mit einer metaphysischen oder ontologischen Aufblähung, Hypostasierung, nach

der man gewissermaßen Seins schichten und ähnliches unterscheiden muss, wie das in der Tradition von

Platon bis zu Max Scheler und gegenwärtige auch auf Phänomenologie zum Teil vertreten wird. Das ist

ein Realismus, der ist in unserer Lebenswelt verankert. Ich will es mal ganz platt formulieren,

wer wie im 19. Jahrhundert in Mode das Fremdpsychische bezweifelt, wer kann das im

philosophischen Oberseminar tun, ohne Schaden zu nehmen, das ist in Ordnung. Wer es ernsthaft tut

in der Lebenswelt, muss dringend zum Nervenarzt. Also wir haben einen robusten Realismus, ich meine

das ganz ernst, also Kinder, die meinen zwischen Stofftieren und Katzen besteht kein Unterschied.

Presenters

Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:52:30 Min

Aufnahmedatum

2012-11-19

Hochgeladen am

2012-12-20 14:50:12

Sprache

de-DE

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