Ja, heute darf ich begrüßen Herrn Professor Franz Hofmann, Direktor des Instituts für Technik und
Recht und Inhaber des Lehrstuhls Geistiges Eigentum und Technikrecht. Sie sind natürlich
prädestiniert hier zu Legal Tech einige Ausführungen zu machen und haben einen interessanten Ansatz.
Sie fragen, wie verändert Legal Tech das materielle Recht?
Ja, in der Tat. Also wir diskutieren ja derzeit recht intensiv darüber, was Legal Tech mit
dem Rechtsmarkt macht. Und die erste Frage ist natürlich, gibt es morgen noch Anwälte?
Die Frage auch, wie müssen wir die Justenausbildung möglicherweise anpassen, aber wird sozusagen
der Mensch quasi ersetzt. Es gibt aber noch eine zweite Frage und die zweite Frage, die
ist im Grunde noch aus meiner Sicht zu wenig diskutiert. Wie verändert die veränderten
technischen Rahmenbedingungen? Wie verändern die das Recht? Haben die einen Rückfluss?
Haben die irgendwelche Konsequenzen? Und heute haben wir ja darüber diskutiert, was
passiert eigentlich, wenn ich über technisch veränderte Rahmenbedingungen, das Recht plötzlich
anders durchsetzen kann, weil das eben Smart Contracts plötzlich sind, die Rechte durchsetzen,
dass das irgendwelche Internetportale sind, die sich damit werben, dass sie Rechte endlich
durchsetzen. Und da ist die Frage, hat das sozusagen Konsequenzen? Müssen wir sozusagen
dann auch unser Recht neu denken?
Also die bessere Vollziehbarkeit unseres materiellen Rechts durch die technischen Einrichtungen
führen zu einer Selbstreflexion der Juristen und müssen wir damit jetzt plötzlich wieder
über materielle rechtliche Rahmenbedingungen nachdenken. Ein interessanter Ansatz, weil
sozusagen die Perspektive wechselt und untypisch ist. Die Frage ist, wollen Sie aber wirklich
dann den Vollzug der Rechte durch Technik beschränken?
Also zunächst mal hört sich das natürlich gut an, was es hier für Chancen gibt. Also
Schlagworte aus der alten Welt, Vollzugsdefizit, das Recht besteht ja nur auf dem Papier, die
gäbe es dann plötzlich nicht, wenn wir das Recht 100 Prozent durchsetzen. Also immer,
wenn eine Rechtsregel missachtet wird, hätten wir dann möglicherweise über technische
Möglichkeiten 100 Prozent Vollzug. Und auf den ersten Blick hört sich das natürlich
gut an. Warum soll ich das Recht nicht durchsetzen können, wenn ich das Recht denn habe? Aber
da glaube ich, da muss man tatsächlich nachdenken, weil es geht nicht der Satz, 100%-liche Rechtsdurchsetzung
ist richtige Rechtsdurchsetzung, sondern optimale Rechtsdurchsetzung bzw. richtige Rechtsdurchsetzung,
angemessene Rechtsdurchsetzung. Und das wird natürlich durch die neuen technischen Möglichkeiten
infrage gestellt.
Das ist schon interessant, weil in der jetzigen politischen Diskussion eher das Problem gesehen
wird, Stichwort Diesel-Skandal, dass das Recht vielleicht materiell rechtlich zwar besteht,
aber nicht durchgesetzt wird, dieses Durchsetzungstifz, wie Sie das angesprochen haben. Aber hätten
Sie Beispiele, wo Sie glauben, dass vielleicht die technische Umsetzung von Rechten problematisch
sein könnte, Beispiele dafür, wo wir plötzlich den Rückblick auf das materielle Recht finden
müssen, wie Sie vorschlagen?
Also bei der Rechtsdurchsetzung geht es natürlich um das angemessene Maß der Rechtsdurchsetzung
und genauso wie ein Under-Enforcement. Also wenn ich Rechte zu wenig durchsetze, nicht
richtig ist, ist aber umgekehrt ein Over-Enforcement nicht richtig. Und aktuell beispielsweise
im Wettbewerbsrecht, im Lauterkreisrecht haben wir gerade unabhängig von Legal Tech das Problem,
dass wir Rechte zu intensiv durchgesetzt haben, Stichwort Abmahnindustrie und deswegen gibt
es jetzt auch gerade eine Initiative der Bundesregierung, hier die Klagebefugnis einzudämmen, dass
bestimmte Verbände nur noch unter eingeschränkten Voraussetzungen Klagebefugnis sind und auch
Mitbewerber. Aber das gilt sozusagen auszuloden und Beispiele, ein sehr plakatives Beispiel
ist aus dem Bereich des Straßenverkehrs. Stellen wir uns mal vor, ich könnte technisch bewirken,
dass immer dann, wenn ich eine Geschwindigkeitsbeschränkung nicht einhalte, automatisch quasi ich geblitzt
werde, also automatisch der Bußgeldbescheid erstellt wird. Das ist natürlich die Frage,
ob wir das wollen, ob das dann eine Freiheitsbeschränkung ist, die wir nicht hinnehmen wollen, weil
jeder ist ja schon mal auch zu schnell gefahren. Vielleicht ist das auch gar kein Problem
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:12:03 Min
Aufnahmedatum
2021-01-26
Hochgeladen am
2021-01-26 23:48:49
Sprache
de-DE
Was verbirgt sich hinter Legal-Design? Gutes Produkt- und Service-Design soll den Menschen in den Vordergrund stellen und den rechtlichen Inhalt durch eine gute Form verständlicher gestalten. Dies wird an Hand von Beispielen wie den Formulierungen in Steuerbescheiden, Vertragsklauseln aber auch comic contracts veranschaulicht. Videointerview von Rechtswanwalt Baltasar Cevc durch Notar und Lehrbeauftragtenr Prof. Dr. Axel Adrian.