Grüß Gott, heute begrüße ich wieder einen interessanten Gesprächspartner, Herr Professor
Kohlhase. Sie sind Professorin der Informatik und haben sozusagen ihren Forschungsschwerpunkt in
der Wissensrepräsentation. Sie haben uns heute einen Vortrag gehalten, zusammen mit dem Herrn
Max Rapp. Herr Max Rapp ist auch interessanter Mitarbeiter von Ihnen. Er hat einen Master in
Philosophie und einen Master in Informatik und ist jetzt Doktorand bei Ihnen und ist letztendlich
auch tätig im Rahmen eines Schwerpunktprogramms namens RATIO, von dem insgesamt nur 12 Projekte in
der gesamten Bundesrepublik existieren und zwei davon an die FAU gekommen sind und eins davon bei
Ihnen und Herrn Rapp gelandet sind. Können Sie dazu was sagen? Was machen Sie da genau? Also es
geht insgesamt um Argumentationstheorien und Argument Mining nennt man das, also sprich,
zu modulieren wie Argumentationen überhaupt funktionieren zwischen Menschen und dann in
Texten zum Beispiel auf dem Internet oder auch aus juristischen Texten, politischen Debatten, wie
solche Argumentationen dann extrahiert werden können und unter Umständen Argumente synthetisiert
werden können, was sind die wichtigen Fakten, die ich wissen muss, um das Argument zu widerlegen,
Suchmaschinen für sowas, das wird alles untersucht in diesem Schwerpunktprogramm,
interdisziplinär zwischen Informatik, Philosophie, Linguistik und Mensch-Maschine-Interaktion. Also
wie kann man diese Argumente auch an Menschen bringen? Super, absolut interessant, so gesehen
perfekt für uns Juristen, wir wollen ja hier Legal Tech sozusagen voranbringen. Interessant ist,
sie haben ihren Vortrag auch begonnen mit dem Hinweis, dass man im Grunde einerseits das
Weltwissen braucht, um sozusagen den Sachverhalt, der juristisch zu prüfen ist, erkennen zu können
oder verarbeiten zu können und auf der anderen Seite natürlich die Regeln braucht, also zum
Beispiel die Rechtsregeln, um zum Beispiel einem Fahrzeug vielleicht beibringen zu können,
das autonom fährt, die Verkehrsordnung, die Straßenverkehrsordnung zu beachten. Interessant
ist, es geht ja um die Formalisierung dieses Weltwissens und um die Formalisierung der
Rechtsregeln. In den 70er Jahren ist die Rechtsinformatik schon mal gescheitert,
in Anführungszeichen, an der Formalisierung, da konnte man es nur manuell formalisieren,
es musste sich einer hinsetzen und musste sozusagen den geschriebenen Gesetzestext in
Logik überführen. Das scheint trotzdem heute besser zu gehen, da hat sich viel bewegt in der
Wissenschaft. Wie formalisieren Sie diese Dinge? Immer noch, indem sich jemand intelligent
es hinsetzt und die Sachen in einer formalen Sprache aufschreibt. Der Unterschied ist,
dass man das machen kann für so etwas wie das kodifizierte juristisches Wissen, das
Regelwissen. Woran das eigentlich gescheitert ist in den 70er Jahren, ist, dass man, um das
umzusetzen, sehr viel Weltwissen braucht. Man muss einfach wissen, dass ein Euro eine Währungseinheit
ist und eine Kuh ein Tier ist. Das steht nicht im Gesetz im Übrigen. Euro vielleicht. Aber
dass eine Kuh ein Tier ist und Hörner hat und solche Dinge, das wissen wir Menschen natürlich
und das verwenden wir, wenn wir Gesetze anwenden. Überhaupt passen die Voraussetzungen einer
Rechtsregel auf ein Objekt. Das können wir sehr schnell entscheiden, da sind wir unheimlich gut
drin. Das ganze Weltwissen, was man dafür braucht, zu fassen, ist schier unmöglich. Das ist versucht
worden, auch in 80er Jahren. Da hat man angenommen, dass ein Erwachsener, in diesem Fall Amerikaner,
etwa eine Million Dinge weiß. Dann hat man gesagt, das kriegen wir aufgeschrieben. Dann hat sich
herausgestellt, es waren mehr. Es gab sehr komplizierte Interaktionen dieser Sachen,
die man so weiß. Wenn man nicht auffasst, schreibt man immer wieder dasselbe in grün neu auf. Daraus
haben sich dann fruchtbare Forschungen ergeben. Eine dieser Forschungen, die wir hier auch verwenden,
ist, kann man Strukturen bauen, in denen man Sachen nur einmal aufschreiben muss. Wenn zwei
Sachen ähnlich sind, kann man den ähnlichen Kern raus operieren und gesondert aufschreiben.
Gerade in der Informatik, wo es dann darum geht, ob man ähnliche Dinge tut, zum Beispiel um
Programme zu verifizieren, ist es absolut wichtig, dass man nicht Sachen mehrfach aufschreibt. Wenn
man einmal anfängt, Sachen zweimal aufzuschreiben, dann schreibt man die Untersachen von denen auch
jeweils wieder zweimal auf. Dann hat man schon Sachen viermal und das wächst explosionsartig.
Das will man vermeiden. Das ist jetzt auch gerade der Ansatz, den meine Gruppe in diese
Argumentationstheorie einbringt, ist diese netzartige Struktur von Wissen, die es einem
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:15:28 Min
Aufnahmedatum
2021-01-26
Hochgeladen am
2021-01-27 07:38:39
Sprache
de-DE
Welche Rolle spielt Argumentationstheorie und Argument Mining bei der Formalisierung der Argumentation? Wie lässt sich überhaupt juristische Argumentation formalisieren und können daraus Argumentationsgraphen erzeugt werden? Dies könnte dazu dienen, um juristische Logik z.B. in einem Gerichtsurteil zu analysieren und Lücken aufzuweisen. Videointerview von Prof. Dr. Michael Kohlhase durch Notar und Lehrbeauftragten Prof. Dr. Axel Adrian.