Haben Sie sich schon einmal gefragt, was ein Objekt, das Sie auf dem Dachboden gefunden
haben, für eine Geschichte hinter sich hat?
Was hatte beispielsweise eine bestimmte Kette für die Großmutter für eine Bedeutung?
Wieso hat sie sie weiter verschenkt oder wer hat sie aus welchen Gründen auf dem Dachboden
deponiert?
Hat sich der Geschmack geändert oder verband man eine Geschichte damit?
Genauso kann man das für das antike Artefakt hinter der Museumsvitrine fragen.
Schon die Frage danach, wie es dort eigentlich hingekommen ist und welche Wege es seit seiner
Herstellung vor langer Zeit hinter sich gebracht hat, bringt uns zu einer ganz anderen Perspektive,
als die, die wir Archäologinnen und Archäologen normalerweise auf antike Artefakte haben.
Normalerweise interessiert das, wofür das Objekt einer hergestellt wurde, also der erste
Nutzungskontext.
Wir kennen aber oft nur die letzte Ruhestätte, also das, wo wir das Artefakt gefunden haben,
und dies ist nun oft nicht identisch.
In unserer virtuellen Ausstellung gehen wir einen anderen Weg.
Mein Name ist Corinna Reinhardt, ich bin Juniprofessorin für klassische Archäologie und zusammen
mit den Studierenden der Studiengangsarchäologische Wissenschaften an der FAU Erlangen Nürnberg
und dem Mediengestalter Dr. Jürgen Süß haben wir 2020 diese Ausstellung entwickelt,
durch die ich Sie heute in einer kurzen Einführung begleite.
Sie trägt den Titel, den Sie hier sehen, Kreuz und Quer, Lebensgeschichten antiker
Objekte.
Die Ausstellung stellt antike Objekte in neuen Bereichen vor, die sich im Laufe der
Zeit verschiedene Wege nahmen und immer neu und anders verwendet wurden.
Sie sehen sich hier visualisiert durch diese Icons.
Dabei veränderte sich nicht nur ihr Umfeld, sondern auch die Bedeutung, die die Menschen
ihnen zumaßen.
Welche Wege Objekte im Laufe der Zeit zurücklegten und wie man genau mit ihnen umging, erzählt
uns nicht nur etwas über historische Ereignisse, sondern auch etwas über ganz individuelle
Schicksale.
Es zeigt auch, wie unterschiedliche Menschen Werte und Bedeutung mit Objekten verbanden.
Wir erhalten aber dadurch auch bisweilen einen ganz pragmatischen Einblick in antikes
Recycling, wenn wir beispielsweise diese Transport-Amphoren sehen, die zum Beispiel
als Vakophag oder als Baumaterial wiederverwendet werden können.
Beginnen wir aber unsere kurze Führung mit der berühmten Aphrodite von Knidos, die Sie
hier links oben sehen.
Der ersten nackten weiblichen Statue aus der griechischen Antike, die der Bildhaupe Aksitelis
im 4.
Jahrhundert v.
Chr.
geschaffen hat.
Die originale Statue ist heute verloren, aber es sind zahlreiche antike Kopien in verschiedenen
Materialienhalten, wie zum Beispiel die, die Sie hier sehen, ein moderner Gipsabguss einer
Marmorstatue.
Um die Statue ranken sich viele antike Legenden.
Sie soll eine von zwei Statuen gewesen sein, die Praxite, das der Stadtkostum Kauf anbot.
Diese entschieden sich aber für die bekleidete Variante, während die nackte Aphrodite von
der kleinen asiatischen Stadt Knidos erworben wurde.
Sie war in der Antike so berühmt, dass sie den antiken Erzählungen nach als Meisterwerk
auch in eine berühmte, spätantike Skulpturensammlung nach Konstantinopel, dem heutigen Istanbul,
gelangte, wo sich aber letztlich ihre Spuren verlieren.
Presenters
Prof. Dr. Corinna Reinhardt
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:13:50 Min
Aufnahmedatum
2021-10-06
Hochgeladen am
2021-10-10 22:56:04
Sprache
de-DE
Kreuz und quer - Lebensgeschichten antiker Objekte
Die virtuelle Archäologie-Ausstellung „Kreuz und quer: Lebensgeschichten antiker Objekte“ entstand im Rahmen einer Lehrveranstaltung im ‚virtuellen‘ Sommersemester 2020 am Institut für Klassische Archäologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Die Ausstellung stellt antike Objekte in neun Bereichen vor, die im Laufe der Zeit verschiedene Wege nahmen und immer neu und anders verwendet wurden. Dabei veränderte sich nicht nur ihr Umfeld, sondern auch die Bedeutung, die die Menschen ihnen zumaßen. Archäologinnen und Archäologen versuchen daher, ausgehend von der ‚letzten Station‘ die Geschichte des Objekts zu rekonstruieren.
Für eine solche Herangehensweise hat der Anthropologe Igor Kopytoff in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts den Begriff Objektbiographien etabliert. Darunter versteht man den Fokus auf die verschiedenen Wege, die ein Objekt seit seiner Herstellung bis zur endgültigen Zerstörung im Laufe der Zeit nahm. Dabei sind vor allem die veränderlichen Bedeutungen, die Menschen ihm in jeweils neuen Situationen zumaßen, von besonderem Interesse, aber auch die Frage, inwiefern an Objekten Erinnerungen an vergangene Zeiten hängen. Bekanntes Beispiel ist hierfür das Familienerbstück – oft mit wenig materiellem, aber großem ideellen Wert, das über Generationen weitergegeben wird. Oder aber die Umfunktionalisierung eines Objekts, wie die alte rostige Badewanne, die nun als modernes Gartenaccessoire und Pflanztrog dient und damit wieder einen Wert erhalten hat.
Ausgewählt wurden zehn Beispiele in neun Bereichen, deren Wege und Geschichte(n) unterschiedlicher nicht sein könnten, auch wenn diese nur ausschnittsweise rekonstruiert werden können. Sie beleuchten das Thema von unterschiedlichen Seiten. Mit dabei sind sowohl Objekte aus der Erlanger Antikensammlung als auch Exponate anderer Museen und antike Monumente.
Die Ausstellung ist unter folgendem Link zu finden: https://www.klassischearchaeologie.phil.fau.de/ausstellungen/kreuz-und-quer-lebensgeschichten-antiker-objekte/