Von ‚gender‘ zu ‚diversity‘ - philosophische Anmerkungen [ID:3658]
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Diese Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.

Meine Aufgabe heute Abend besteht darin, etwas im Rahmen der bzw. zur Denomination der Gastprofessur

für Gender und Diversity zu sagen. Mit dieser Professur beschenkt die FAU innovativerweise

Fakultäten, die sich bei der Gleichstellung besonders hervorgetan haben. Da mein Fach die

Philosophie ist, werde ich wie im Titel angekündigt, philosophische Anmerkungen dazu machen. Nun ist

das leichter gesagt als getan. Denn was sind überhaupt philosophische Anmerkungen angesichts

der Tatsache, dass auch oder besonders die Philosophie kein Fach ist, die sich mit wenigen

Worten einheitlich definieren ließe. Aus diesem Grunde werde ich den Vortrag erstens mit ein paar

Hinweisen zur Philosophie beginnen, um meine Anmerkungen historisch zu verorten und sie

wenigstens grob der systematischen wie die methodologischen Denkrichtungen zuzuordnen,

der sie geschuldet sind. Der zweite Schritt gilt der Bestimmung der Begriffe Gender und Diversity,

deren Begriff Geschichte ich in aller Kürze skizzieren werde. Meine Anmerkungen schließlich

gelten ihrer Verwendung, also der Verwendung von Gender und Diversity in den Wissenschaften. Ich

schließe mit ein paar unerhörten Fragen und einem Vorschlag zur Haltung. So komme ich zu folgender

Gliederung, die Sie lesen können. Ich werde also weder über philosophische noch über ethische

Modelle sprechen, die auf einer als grundlegend angenommenen Geschlechterdifferenz beruhen. Das

möchte ich vorneweg schieben. Philosophische Verortung. Die Philosophie ist kein Fach,

das sich einheitlich definieren ließe. Das liegt zum einen an ihrer historischen Tiefe,

wie das gerne genannt wird. Damit ist ihre mehr als zweieinhalbtausendjährige Geschichte genannt,

allein wenn man sich auf den heutigen europäisch-asiatisch-afrikanischen Mittelmeerraum

bezieht. Zum anderen verfügt die Philosophie aber auch über eine enorme systematische Breite,

weil es quasi nichts auf der Erde gibt und darüber hinaus, womit sie sich nicht beschäftigen

würde. Schließlich kann sie auch noch mit methodologischer Vielfalt aufwarten,

die sich durch eine Vielfalt unterschiedliche Ausgangspunkte und Zugangsweisen auszeichnet und

mit systematischen Ausdifferenzierungen innerhalb der Philosophie einhergeht. Ein weites Feld,

das ebenso faszinierend wie komplex ist. Sie sehen da drei Kreise, diese Überschneidungen sollen

darauf hinweisen, dass diese drei Kreise oder die Inhalte der Philosophie fast beliebig miteinander

kombinierbar sind. Das heißt, dass sie zu fast allen Zeiten die systematischen Unterscheidungen

finden können, auch wenn sie sich in der Moderne immer mehr ausdifferenziert haben. Das heißt auch,

dass sich moderne methodische Zugänge teilweise in antiken und mittelalterlichen Texten finden lassen,

dass die Texte der unterschiedlichen Epochen natürlich auch reflexiv aus verschiedenen

Perspektiven und Methoden wiedergelesen werden und auf diese Weise neu interpretiert werden können.

Schließlich überschneiden sich die drei Felder häufig. So wird ein Zweig der Sprachphilosophie

zu weiten Teilen mit Mitteln der Logik betrieben oder die Scholastik bezeichnet eine Methode,

aber eben auch eine Epoche. Ich glaube, das macht deutlich, mit welcher Vielfalt und Komplexität wir

es in der Philosophie zu tun haben. Angesichts dieser Vielfalt verwundert es wenig, dass es

vermutlich ebenso viele Antworten auf die Frage, was Philosophie eigentlich sei, gibt, wie es

professionelle und nebenberufliche Philosophen und Philosophinnen gibt. In seiner Einführung in

die Philosophie antwortet beispielsweise Jaspers, kylejaspers53, auf die Frage, was ist Philosophie?

Ich zitiere, es ist nicht zu leugnen. In der Philosophie gibt es keine Einmütigkeit des

endgültig Erkannten. Das philosophische Denken hat auch nicht den Charakter eines Fortschrittsprozesses.

Wir dürfen kaum sagen, dass wir weiter sein als Plato. Zitatende. Anschließend führt er aus,

dass Philosophie eigentlich so etwas ist, wie eine individuelle Lebenskunst, die daher auch in

jedem Menschen immer wieder von vorne anfangen muss. Diese Vorstellung, dass sich Philosophie

auch in einer Haltung, einem Ethos ausdrückt, verbindet Jaspers mit so unterschiedlichen Denkern

wie beispielsweise Aristoteles und Michel Foucault, die aber beide auf ihre Weise diese individuelle

Lebenskunsthaltung auch mit dem Politischen verbunden wissen wollten. Eine solche Haltung,

dem je Gegebenen, der Gesellschaft, der Geschichte gegenüber, dem was Wahrheit bedeuten kann, aber

auch unserer Art und Weise zu denken und den Folgen für das eigene Wohl oder das der Gesellschaft

gegenüber, findet sich in der Moderne besonders prominent in Kant's kritischer Philosophie der

Presenters

PD Dr. Tatjana Schönwälder-Kuntze PD Dr. Tatjana Schönwälder-Kuntze

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:56:39 Min

Aufnahmedatum

2014-02-06

Hochgeladen am

2014-02-11 13:02:14

Sprache

de-DE

Kaum eine Diskussion wird so emotional geführt, als wenn Fragen nach der Geschlechterdifferenz im Mittelpunkt stehen. Da wir alle ein Geschlecht haben, scheinen wir alle Expertinnen und Experten auf diesem Gebiet zu sein – mit den unterschiedlichsten Meinungen dazu. In den gender bzw. zunehmend auch in den diversity studies stehen diese und weitere Differenzen unter verschiedenen Aspekten im Zentrum der wissenschaftlichen Forschung. So wird z.B. nach ihrem Status, ihren Auswirkungen auf Politik und Gesellschaft, ihrer Funktionalität etc. gefragt. Eine philosophische Perspektive besteht hier darin, darüber aufzuklären, welche theoretischen Vorannahmen dabei gemacht werden bzw. auf welche Denkmodelle zurückgegriffen wird, wie die Ergebnisse verwendet werden, etc. Der Vortrag widmet sich nach ein paar begriffsgeschichtlichen Hinweisen Fragen wie: Inwiefern sind solche Studien notwendig und sinnvoll? Warum ist ‚gender‘ zu ‚diversity‘ erweitert worden? Gibt es problematische Aspekte an der Verwendung als forschungsleitende Kategorien? Und schließlich: Was hat die (post)moderne Philosophie damit zu tun?

Der im Vortrag gezeigte Werbespot ist unter:

http://www.youtube.com/watch?v=kOjNcZvwjxI

oder per Suchbegriff ‚labels against women‘ online abrufbar.

 

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