Ich bin nun in der glücklichen Situation aufbauen zu können auf das, was alle geschätzten Vorräder
Ihnen zum Teil schon angedeutet haben und an einigen Stellen etwas weiter auszuholen und vor allem
Sie anzusprechen, nicht so sehr als Lehrende, sondern ich gehe davon aus, dass hier hauptsächlich
auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sitzen oder ist auch jemand aus der Universitätsbibliothek da
rein zufällig? Niemand? Gut, also doch, UB ist auch vertreten, danke, dann fühle ich mich noch
bisschen wohler hier, denn ich komme aus der Bibliotheksecke. Urheberrecht, haben Sie ja gehört,
Urheberrecht hat auch ein wenig zu tun mit Geld, es hat vielleicht sogar auch viel mit Geld zu tun.
Wissenschaft hat aber nicht so viel mit Geld zu tun und deswegen muss man leider bei einer Gesamtsicht
des Urheberrechts feststellen, Wissenschaft fällt im Urheberrechtsgesetz etwas hinten runter.
Und zwar deswegen, weil die Lobby der Wissenschaft, Bildung und Wissenschaft im Gesetzgebungsverfahren
auf deutscher Ebene, aber auch auf europäischer Ebene und auch in unseren Nachbarländern viel zu
gering ist im Vergleich zu den Interessen der Medienindustrie und das konnte man beispielsweise
letzte Woche bei einer Tagung beim Bundesjustizministerium in Berlin sehen, da waren
Heerscharen von Medienvertretern, aber aus dem Bereich Bildung, Wissenschaft war es ein kleines
Häufchen von drei Leuten und die werden natürlich nicht so gut gehört, weil die Stimme zu schwach ist.
Deswegen haben wir im Urheberrecht eher eine Bevorzugung von kommerziellen Interessen und
eine Benachteiligung von Interessen von Bildung und Wissenschaft. Jetzt ist es aber so, auch
Wissenschaftler haben manchmal kommerzielle Interessen. Stellen Sie sich einen Professor vor,
der eine Kleistausgabe mühevoll in jahrelanger Arbeit erstellt hat, die erscheint gedruckt und
die möchte er natürlich verkaufen. Dieser Professor, ein Heidelberger Professor mit dem schönen Namen
Reuss, ein Germanist, stellt nun fest, dass Google seine Kleistausgabe digitalisiert und im
Google-Projekt weltweit zugänglich macht. Nicht als Ganzes, sondern schön, wie Google das macht,
immer so zwei Drittel, immer ein paar Seiten und dann fehlt wieder was. Und dieser Professor
wettert nun dagegen und vielleicht haben Sie auch schon vom sogenannten Heidelberger Appell
gehört, Sie finden hier die URL, da können Sie das nachlesen und dieser Professor ganz am Anfang
seiner Philippica gebraucht nun auch die Worte Open Access. Er schmeißt nämlich das Google-Buch-Projekt
mit dem in der Wissenschaft langsam immer bekannter werdenden Begriff des Open Access in einen Topf.
Dass er sich dabei auf falsche Pfade begibt, dass er einen großen Irrtum unterliegt, können Sie bei
einer Kritik nachlesen. Hier auf der Seite Wissenschafts-Urheberrecht, da hat ein
Bibliothekskollege diesen Unsinn, denn der Herr Professor Reuss aus Heidelberg mit seinem Heidelberger
Appell, der große Beachtung gefunden hat, der unter anderem auch an die Bundeskanzlerin gegangen
ist, klargestellt. Aus Sicht der Bibliotheken und jetzt will ich mal versuchen etwas auf die
Bibliotheken und ihre Probleme einzugehen. Sie werden sich fragen, was hat es mit Ihnen als
produzierende Wissenschaftler zu tun, warten Sie ab, am Schluss werde ich einen Kreis ziehen und
werde genau Sie wieder direkt ansprechen. In den Bibliotheken haben wir seit vielen Jahren etwas,
ein Phänomen, das wir Zeitschriftenkrise nennen. Es ist wissenschaftlich unzweifelhaft nachgewiesen,
dass bei den Zeitschriften Preissteigerungsraten zu beobachten sind 226 Prozent im Jahr zwischen in
der Periode 1986 bis 2000. Das entspricht einer Preissteigerungsrate von 15 bis 20 Prozent im Jahr.
Auf der anderen Seite haben wir bei Wissenschaftsverlagen eine sehr hohe Rendite,
beispielsweise wenn Sie aus dem Bereich der Naturwissenschaften kommen, wird Ihnen der
Verlag Elsevier vielleicht nicht so ganz unbekannt sein. Dieser Verlag hat nach dem veröffentlichten
Geschäftsbericht im Jahr 2004 eine Rendite nach Steuern von 34 Prozent erwirtschaftet. Also wenn
Sie Geld verdienen wollen, kaufen Sie Aktien von Elsevier. Auf Seiten der Bibliotheken hat es aber
dazu geführt, dass die Bibliotheksetat nicht auch um 15 bis 20 Prozent gewachsen sind, sondern die
sind relativ gleich geblieben, aber das Geld, das für Zeitschriften ausgegeben werden musste,
ist immer mehr geworden und der Betrag, der für Monographien dann übrig geblieben ist,
ist immer weniger geworden. Und wir haben festgestellt im deutschen Bibliothekswesen,
es hat Bibliotheken gegeben, die mussten bis zu 90 Prozent ihres Bibliotheksetats für Zeitschriften
ausgeben. Was war die Folge? Logischerweise, die Bibliotheken haben angefangen, die Abos zu
kündigen. Man kann nicht mehr Geld ausgeben, als man in der Tasche hat. Das hat wieder dazu
Presenters
Dr. Harald Müller
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:00:00 Min
Aufnahmedatum
2009-05-15
Hochgeladen am
2025-09-30 08:52:01
Sprache
de-DE