Die Geschichten von Harry Potter haben unzählige Menschen in ihren Bann gezogen und tun das bis
heute. Ich habe sogar mal so einen Zauberstab Kugelschreiber geschenkt bekommen, mit dem man
ganz magische Worte auf Papier bringen kann. Also die Kreativität und Produktivität der
Merchandise-Industrie scheint gerade bei Harry Potter keine Grenzen zu kennen. Seine Geschichten
bieten eine Welt voller Magie, in der man durch Steine weise werden kann, in der man gegen
Basilisken in Schreckenskammern kämpft und in der man sich im Namen des Phönix versammelt,
um Widerstand gegen Bösewichte zu leisten. Eine einmalige Welt, geboren aus der Fantasie
einer einzigen modernen Schriftstellerin. Oder doch nicht? Wusstest du zum Beispiel,
dass die Menschen schon vor Jahrhunderten den Namen Sirius kannten? Allerdings stand er für
sie nicht für einen Zauberer, der sich in einen schwarzen Hund verwandeln kann, sondern für einen
besonders hell leuchtenden Stern, der sich zusammen mit anderen Sternen vor dem menschlichen Auge in
einen Hund am Himmel verwandelt, wie beispielsweise hier in diesem mittelalterlichen Manuskript
gezeigt. Diese ganzen kleinen Punkte, die man da sehen kann, stehen für die Sterne, die eben zusammen
das Bild des Hundes ergeben. Und als astronomischer Terminus wird der Name Sirius bis heute verwendet.
Und auch wenn du dir schon mal gewünscht hast, an einen Stein der Weisen zu kommen,
steht dein Wunsch in einer langen Tradition, die weit über Harry Potter hinausgeht. Denn an der Idee
von einem Stein, der die Macht hätte, unedle Metalle in Gold und Silber zu verwandeln,
knobeln die Weisen schon seit Jahrhunderten. Um diesem Ziel ein bisschen näher zu kommen, wurde
Wissen über die Bestandteile der Natur, insbesondere über die Elemente und deren Kräften gesammelt,
ausgewertet und immer wieder neu durchdacht. Denn nur wenn man die Ordnung des Kosmos versteht,
kann man vielleicht diese Regeln nach eigenen Interessen verändern. Ein Wunsch nach einem
geheimen, eigentlich verbotenen Wissen, der nicht erst in der Welt Harry Potters viele Probleme
nach sich gezogen hat. Vor dunklen Künsten, insbesondere vor dämonischen Wesen, musste der
Mensch sich auch schon lange vor Voldemort hüten, wie das etwa Gregor, der heilige Drachenkämpfer,
hier und da Beweis stellen muss. Schlangenartige Ungeheuer können sich als Verkörperungen des
Teufels den Menschen in den Weg stellen und sie zu einem Kampf auffordern, der gleichzeitig oft
auch ein innerer Krieg ist. Und wenn du in einem Kampf gegen Widersacher schon mal in den Himmel
geschaut und gehofft hast, dass ein Phönix auf dich zugeflogen kommt mit einer ganz besonderen
Hilfe, auch dann verbindet dich ganz viel mit den Menschen vor vielen Jahrhunderten. Denn als
Sinnbild der Hoffnung ist der Phönix schon sehr lange im kulturellen Gedächtnis der Menschen
verankert. Im christlich geprägten Mittelalter etwa steht der Vogel, der sich verbrennt und dann aus
seiner eigenen Asche wieder aufersteht für Christus und dessen Auferstehung und damit auch für die
Hoffnung, dass jedem Hilfe zuteil werden könne, der sie verdiene. Das alles und noch viel mehr
wissen wir, weil wir Texte darüber haben und insbesondere die Literatur des Mittelalters
bietet unendlich viele Inspirationsquellen, um auch heute immer wieder neue Geschichten erzählen zu
können. Jede Zeit hat ihre eigenen Vorstellungswelten und vieles war im Mittelalter anders als heute,
aber unsere moderne Kultur ist nicht ohne ihre Geschichte und ohne ihre Geschichten zu denken.
Und wenn du die Faszination für das geschrieben Wort teilst, bist du genau richtig beim
Germanistikstudium an der FAO. Wir laden dich ganz herzlich ein, mit uns poetische Welten zu
durchdringen, Traditionen zu erkennen und Denkmuster zu reflektieren, um so vielleicht auch dich und
und deine Welt ein bisschen besser zu verstehen.
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:04:10 Min
Aufnahmedatum
2022-04-19
Hochgeladen am
2022-04-19 12:36:03
Sprache
de-DE