Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie ganz herzlich zur Vorlesung Erbrecht im
Sommersemester 2021 begrüßen. Das ist leider schon das dritte Semester, in dem es keine großen
Präsenzvorlesungen gibt, die ich so gerne halten würde, sondern dass wir uns auf das digitale
Format beschränken müssen. Das tut mir leid, aber es ist den immer noch obwaltenden Umständen
geschuldet. Um wenigstens ein bisschen Kommunikation, die mir so wichtig ist, mit Ihnen herstellen zu
können, kann ich aber jetzt schon ankündigen, dass wir regelmäßig Videosprechstunden, in denen
Sie Fragen zur Vorlesung stellen können, abhalten werden. Die erste wird wahrscheinlich Anfang Mai
in der ersten Woche des Mai abgehalten werden. Einzelheiten dazu werde ich Ihnen im Laufe der
Veranstaltung rechtzeitig mitteilen, sodass wir uns dann per Zoom treffen können und uns unterhalten
können. Herzlich willkommen also zur Vorlesung Erbrecht. Das Erbrecht beschäftigt sich mit dem
Tod eines Menschen unter gewissen Aspekten. Den Tod mag man als menschliche Katastrophe ansehen,
für einen anderen mag der Tod eines anderen ein Glücksfall darstellen. Der Verstorbene kann durch
den Tod von allerschlimmsten Leiden erlöst werden oder er kann ganz normal wegen Alters sterben.
Die Aufgabe und der Zweck des Erbrechts ist vor allen Dingen im Privatrecht zu sehen. Der Zweck
des Erbrechts, so wie es im fünften Buch des BGB niedergelegt ist, besteht insgesamt darin,
sicherzustellen, dass der Tod eines Menschen grundsätzlich keine zivilrechtliche Zäsur
begründet. Hier soll eine Kontinuität der Vermögensnachfolge begründet und geschaffen
werden durch die Rechtsordnung. Dies hat zwei Seiten, denn es gilt sowohl für Rechte,
die der Erblasser hat, für sein aktives Vermögen, wie auch für Pflichten, die den Erblasser treffen,
insbesondere ist hier an Schulden zu denken, die der Erblasser im Wege seiner Privatautonomen
Lebensführung eingegangen ist. Für beides muss eine Lösung gefunden werden, wenn der Erblasser
das Zeitliche gesegnet hat. Die Anfangsnorm des Erbrechts ist § 1922 BGB. Diese Norm lautet,
wenn wir sie jetzt strukturiert lesen, mit dem Tode einer Person, das ist legal definiert als
der sogenannte Erbfall. Wenn hier von einer Person die Rede ist, ist eine natürliche Person
also ein Mensch gemeint. Juristische Personen können trotz aller Metaphorik, die wir Juristen
gelegentlich gerne anwenden, nicht sterben, sondern sie werden nach den jeweils einschlägigen
Regeln abgewickelt, wenn sie ein Ende finden sollen. Das hat mit dem Erbrecht des BGB nichts
zu tun, mit dem Tode einer Person bezieht sich also natürlich nur auf Menschen. Mit dem Tode einer
Person, wie gesagt dem Erbfall, geht deren Vermögen, dieses Vermögen wird als Erbschaft
bezeichnet, wieder eine Legaldefinition, als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen,
den oder die erben, dritte Legaldefinition, über. Wir haben also in diesem ersten Satz ausgesagt,
dass im Todesfall, im Erbfall, das Vermögen einer Person als Ganzes auf den oder die Erben
übergeht. Ergänzt wird dieser Satz dann noch durch Absatz 2 der Norm, auf einen Anteil eines
Miterben, das ist der sogenannte Erbteil, vierte Legaldefinition in dieser Norm, finden die sich
auf die Erbschaft beziehenden Vorschriften Anwendung. Dazu kommen wir später. Was bedeutet nun,
das hier in der Folie gelb unterlegte Wort Vermögen als Ganzes? Was ist mit dem Übergang des Vermögens
als Ganzes auf einen anderen gemeint? Diese Worte drücken das Prinzip der Universal-Succession aus.
Mit ihr wollen wir uns im Folgenden etwas näher auseinandersetzen, denn diese Idee der
Universal-Succession ist der Schlüssel für das Verständnis des Erbrechts. Was meint nun dieser
Begriff? Zunächst einmal, es geht um den Übergang sämtlicher Rechte und Pflichten des Erblassers
auf den Rechtsnachfolger, wie wir gerade gesehen haben, den oder die Erben. Universal-Succession
bedeutet weiters, dass hier nicht wie bei den übrigen Vermögensnachfolgetatbeständen eine
rechtsgeschäftliche Übertragung von Vermögensgegenständen durch den Erbfall vorliegt. Das ist gerade nicht der
Fall, denn der Wortbestandteil Universal weist darauf hin, dass hier sämtliche Rechte und Pflichten
des Rechtsvorgängers, also des Erblassers, in einem Akt, uno actu, auf den Rechtsnachfolger,
den die Erben, übergehen. Das Prinzip der Universal-Succession stellt damit keine
Zusammensetzung aus mehreren Einzelforgängen dar. Das sieht man insbesondere daran, dass zur
Universal-Succession keine Einigung bzw. eine Zustimmung des Erbens zum Rechtsübergang erforderlich
ist. Denken Sie beispielsweise an die Übereignung, sei es einer beweglichen Sache durch Übergabe und
Einigung nach 929 BGB oder eines Grundstücks durch Eintragung und Einigung nach 873 925 BGB oder
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:31:36 Min
Aufnahmedatum
2022-05-09
Hochgeladen am
2022-05-09 17:26:04
Sprache
de-DE