Science Slam PD Dr. Eva Odzuck [ID:46037]
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Guten Abend, meine Damen und Herren. Mein Name ist Eva Otzuk und ich freue mich sehr, heute

Abend mit Ihnen über die Zukunft der Demokratie im Zeitalter emergierender Technologien nachzudenken.

Bestimmt haben Sie alle von der sogenannten Zauber-Schere CRIS-VacCas9 gehört, die das

Erbgut von Lebewesen schneiden kann. Als ich 2015 abzeichnete, dass das Verfahren auch

an der menschlichen Keimbahn angewandt werden könnte, forderte die Scientific Community

weltweit ein Moratorium, um sorgfältig über das Ob der Anwendung nachzudenken. Wie Sie

wissen hat Dr. He nicht so lange nachgedacht. Er verkündete 2018, er habe das Verfahren

angewendet und zwar an der Keimbahn von späteren Zwillingsmädchen, den er eine Resistenz gegen

HIV eingepflanzt habe. Der Aufschrei war riesig, unter anderem weil Nebenwirkungen und Spätfolgen

weitgehend unbekannt sind. Eingefordert wurde daraufhin erneut ein Moratorium sowie eine

intensiv geführte globale öffentliche Debatte, in der man erörtern sollte, ob und unter

welchen Voraussetzungen jemals solche Eingriffe in das Erbgut zukünftiger Menschen durchgeführt

werden könnten, verantwortungsvoll. Wie aber soll man eine solche öffentliche Debatte

über emergierende Technologien sinnvoll führen? Das ist die Frage. Klar ist, dass wir hierzu

das Fachwissen verschiedener Disziplinen benötigen, Naturwissenschaften, Medizin, aber auch die

Perspektiven betroffener Personen. Klar ist aber auch, dass das allein nicht ausreicht.

Die liberalen Demokratien entstanden in der Folge der Religionskriege und sie schützen

die Freiheiten der Menschen nach ihren eigenen Wertvorstellungen zusammenzuleben. In liberalen

Demokratien leben in der Regel Menschen verschiedener Religionszugehörigkeiten und Menschen verschiedener

Weltanschauungen friedlich zusammen. Das ist nun der Rahmen und die Frage, wie führt man

nun solche hochkomplexen öffentlichen Debatten über emergierende Technologien in diesen

Kontexten, in liberal-pluralistischen Gesellschaften? Die politische Philosophie spricht hier von

der Notwendigkeit eines öffentlichen Vernunftgebrauchs. Was heißt das? Wenn man öffentlich für

gesetzliche Regelungen plädiert, die die Freiheiten anderer Menschen massiv tangieren,

dann sollte man so argumentieren, dass dem auch alle anderen Bürgerinnen und Bürger,

auch wenn sie unterschiedliche Weltanschauungen haben, zustimmen könnten. Im Idealfall. Das

heißt, man sollte versuchen, wenn man in diese öffentliche Debatte geht und über Gesetze

nachdenkt, so zu argumentieren, wie es Gesetzgebertun oder Richter des Bundesverfassungsgerichtes

die Gesetze vor allen Bürgerinnen und Bürgern als freien und gleichen rechtfertigen müssen.

Und das zu tun dadurch, dass man auf zentrale politische Grundwerte, demokratische Grundwerte

und zentrale Verfassungsprinzipien wie die Freiheit und die Gleichheit rekurriert. Zu

welchem Ergebnis kommt man aber, wenn man über keimbaren Eingriffe nachdenkt und dabei

zentrale demokratische Grundwerte wie beispielsweise die der Freiheit zugrunde liegt. Nun, das

kommt ganz darauf an, wie ich in meiner Forschung gezeigt habe, welchen Freiheitsbegriff man

hier genau zugrunde liegt. Es gibt eine Theorie Strömung, die unter dem Namen der liberalen

Eugenik und im Namen der Freiheit für eine weitreichende Anwendung auch nicht therapeutische

Anwendung von keimbaren Eingriffen wirkt zur Freiheitssteigerung. Diese Position begreift

die genetische Ausstattung selber als eine Freiheitsressource und sie betrachtet oder

sie benutzt einen Freiheitsbegriff, der sehr stark Freiheit als eine Funktion von Ressourcen

und Möglichkeiten begreift. Man muss sich vorstellen, hier wird die genetische Ausstattung

selber als sowas wie ein Grundgut bezeichnet, das Optionen erhöhen kann. Das heißt, man

geht davon aus, je mehr genetische Grundgüter ein Mensch hat, desto größer sein seine Optionenraum

und desto offener sei seine Zukunft. Es ergibt sich also ein Imperativ zum Eingriff auch

zu nicht therapeutischen Eingriffen. Dieser Freiheitsbegriff betrachtet den menschlichen

Körper weitgehend als eine Ressource und Freiheit wird in dieser Position weitgehend

als etwas dem Menschen Äußerliches, ein externer Optionenraum verstanden. Daneben gibt es viele

andere und viele komplexere Freiheitsbegriffe. Ein solcher Freiheitsbegriff berücksichtigt

beispielsweise sehr, sehr stark das Selbstverhältnis von Personen. Hier geht man davon aus, dass

es um von Wahlfreiheit gebraucht zu machen, eines bestimmten Selbstverhältnisses von

Menschen bedarf. Wie kann man sich das vorstellen? Was heißt das? Nun, stellen Sie sich vor,

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:07:39 Min

Aufnahmedatum

2022-10-25

Hochgeladen am

2022-12-07 10:06:13

Sprache

de-DE

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