Ja, worum geht es heute? Es geht um Neuro-KI. Wir werden während dem Vortrag sehen, was das ist.
Und wir werden uns während des Vortrages an der Schnittstelle, wie es hier auch schon steht,
von Gehirn, Geist und Maschine bewegen. Das menschliche Gehirn behaupte ich, und damit bin
ich mir weiterhin nicht allein, ist das komplexeste System im uns bekannten Universum. Ich möchte das
an einigen Zahlen festmachen. Das Gehirn besteht aus etwa 100 Milliarden Nervenzellen, den sogenannten
Neuronen. Jede dieser Nervenzelle steht in Verbindung mit im Mittel 10.000 anderen Nervenzellen.
Das bedeutet konkret, jede Nervenzelle bekommt Input von 10.000 Nervenzellen im Durchschnitt und
sendet seine Verarbeitungsergebnisse weiter an 10.000 andere Nervenzellen. Wenn ich sage im Durchschnitt,
dann meine ich damit, dass die tatsächliche Verteilung der Verbindungen pro Nervenzelle
sehr breit ist. Es gibt also einige Nervenzellen, die stehen nur mit wenigen Dutzend anderen
Nervenzellen in Kontakt, beispielsweise im Rückenmark. Es gibt aber auch Nervenzellen,
die stehen mit bis zu 100.000 oder sogar einer Million anderen Nervenzellen in Kontakt,
nämlich im Kleinhörn. Die Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen sind die sogenannten Synapsen.
Und diese Synapsen, denen kann eine Zahl zugeordnet werden. Denn die können erregend oder hemmend sein.
Das bedeutet, die können die Aktivierung des Nachfolgerneurons entweder begünstigen oder
erschweren. Und sie können auch eine Stärke haben. Das heißt, der Effekt auf das Nachfolgerneuron,
der erregende oder hemmende Effekt, der kann entweder stark oder schwach sein. Das heißt,
sie können im Prinzip jeder Synapse eine kontinuierliche Zahl, eine reelle Zahl zuordnen
mit Vorzeichen, also auch negative Zahlen. Aus diesen beiden Zahlen, die Anzahl der
Nervenzellen insgesamt und die Anzahl der Synapsen pro Nervenzelle, kann man abschätzen,
wie viele Synapsen es im Gehirn ungefähr gibt. Und dann landen wir durch Multiplikation einfach
bei etwa einer Billiarde Synapsen in unserem Gehirn. Das ist also 10 hoch 15. Das ist also eine 1 mit 15 Nullen.
An Milliarden haben wir uns längst gewöhnt aus Finanz und Politik, an Billionen mittlerweile auch.
Eine Billiarde wäre jetzt noch mal drei Größenordnungen drüber. Das wären also
1000 Billionen oder eine Million Milliarden. Das klingt noch unheimlich viel, ist es natürlich auch.
Wenn wir jetzt uns aber mal überlegen, wie viele Verbindungen, also wie viele Synapsen könnte es
denn theoretisch tatsächlich geben im Gehirn. Und dazu kann man sich überlegen, naja, jede dieser
100 Milliarden Nervenzellen könnte im Prinzip mit jeder anderen verbunden sein. Das heißt,
im Prinzip wären theoretisch möglich 100 Milliarden mal 100 Milliarden Synapsen. Das entspricht dann
10 Trilliarden theoretisch möglichen Verbindungen. Das ist also schon eine 1 mit 22 Nullen, 10 hoch 22.
Und wenn wir jetzt diese zwei Zahlen in Beziehung setzen, das heißt die tatsächliche Anzahl von
Synapsen mit der theoretisch möglichen, dann sehen wir, dass in der Tat nur eine von 10 Millionen
theoretisch möglichen Verbindungen im Gehirn realisiert ist. Das heißt, dieses gigantische
neuronale Netz, dieses gigantische Netzwerk aus Neuronen in unseren Köpfen ist extrem dünn
besetzt. Das ist also sehr weitmaschig und nicht besonders dicht geknüpft. Wir können die
Zahlenspiele noch ein bisschen weiter treiben. Ich mache das gern, weil ich aus der Physik komme
ursprünglich. Wir können zum Beispiel abschätzen die Anzahl der möglichen Konnektome. Ein Konnektom
ist in Analogie zum Genom. Das Genom wäre die Gesamtheit aller Gene eines Organismus. Das
Konnektom wäre die Gesamtheit aller Verbindungen eines Nervensystems. Und wir können jetzt mal
abschätzen, wie viele Konnektome, also wie viele Nervensysteme kann es denn geben im Prinzip. Und
tatsächlich ist es so, dass die genaue Zahl ist unmöglich zu berechnen. Wir können nur so eine
untere Grenze angeben. Und zwar können wir uns auch wieder relativ simplifiziert überlegen,
von diesen bereits erwähnten zehn hoch 22, also zehn Trilliarden theoretisch möglichen Verbindungen
könnte jetzt jede einzelne entweder realisiert sein oder nicht. Also einfach nur 0 oder 1. Das
heißt, wir ordnen jeder theoretisch möglichen Verbindung eine binäre Zahl zu, keine kontinuierliche.
Das heißt, wir abstrahieren davon, dass ja die Synapsen dann auch noch einen tatsächlichen
Zahlenwert haben, stark oder schwach und ein Vorzeichen erregend oder hemmend. Und selbst
bei dieser krassen Vereinfachung landen wir dann schon bei zehn hoch zehn hoch 22 möglichen
Konnektomen. Das ist also jetzt schon eine Zahl, für die gibt die hat keine Namen mehr und die hat
zehn Trilliarden nullen. Also das ist schon bei jeder Vorstellungskraft. Wir können aber das ganze
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:31:18 Min
Aufnahmedatum
2024-11-14
Hochgeladen am
2024-11-27 21:26:03
Sprache
de-DE
Im Bereich der KI gab es in den letzten Jahren mehrere spektakuläre Durchbrüche, von alphaGo bis ChatGPT, die bis vor kurzem noch völlig undenkbar waren. Doch wie funktioniert Künstliche Intelligenz (KI) und gibt es Parallelen zum menschlichen Gehirn? Was sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen natürlicher und künstlicher Intelligenz? Seit der kognitiven Revolution Mitte des letzten Jahrhunderts sind KI und Hirnforschung eng miteinander verflochten. In diesem Vortrag werden anhand aktueller Forschungsergebnisse die Grundlagen und Herausforderungen, sowie die faszinierenden Verbindungen beider Disziplinen aufgezeigt.