Science Slam von Prof. Dr. Kamila Cygan-Rehm, FAU Awards 2024 [ID:55118]
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Ja, vielen Dank und schönen guten Abend, meine Damen und Herren. Ich freue mich sehr, dass ich

Ihnen heute meine Habilitationsarbeit vorstellen darf, in der ich verschiedene politische

Interventionen evaluiert habe. Keine Sorge, ich werde nicht über acht wissenschaftliche Beiträge

in sechs Minuten referieren. Ich habe nur einen mitgebracht. Und da ging es um eine

gesundheitspolitische Maßnahme und zwar im Bereich der Schwangerschaftsvorsorge und wir haben uns die

Effekte auf die Gesundheit der Neugeborenen angeschaut. Dazu nehme ich Sie mit auf eine

kleine Reise durch Zeit und Raum und zwar nach Polen Ende 2000. Eine große politische Sorge,

im damaligen Polen war die niedrige Geburtenrate. Also diese Diskussion haben wir aktuell auch in

Deutschland und damals, um dem entgegenzuwirken, wurde in Polen 2005 eine sogenannte Babyprämie

eingeführt. Das war grundsätzlich eine einmalige Zahlung für alle Familien nach der Geburt eines

Kindes. Gleichzeitig hat man sich aber überlegt, wie kann man die Gesundheit der Neugeborenen

verbessern und dazu wurden die Schwangeren unter die Lupe genommen. Man hat unter anderem festgestellt,

dass sie ziemlich spät zum Arzt gehen und ziemlich spät mit der Schwangerschaftsvorsorge beginnen.

Schon damals hat die Weltgesundheitsorganisation empfohlen, dass man mit der

Schwangerschaftsvorsorge im ersten Termester beginnt. Und in den meisten europäischen Ländern

haben sich ungefähr 90 Prozent der Schwangeren dran gehalten. In Polen waren es aber nur 55 Prozent.

Um das zu ändern, hat sich die polnische Regierung Ende 2008 entschieden, die Babyprämie zu

reformieren. Sie kennen sicherlich alle das Grundprinzip politischer Interventionen. Ja,

es geht um Zuckerbrot und Peitsche und die Einführung der Babyprämie war so eine Art Zuckerbrot.

Deren Reformen 2008 aber eher so eine Art Peitsche oder eigentlich so eine finanzielle

Strafe für Frauen, die zu spät zum Arzt gegangen sind. Konkret wurde zum 1. November 2009 eine

Testpflicht eingeführt als Voraussetzung für die Babyprämie. Das bedeutet, dass alle frisch

gebackenen Mütter ab dann nachweisen mussten, dass sie spätestens in der zehnten Schwangerschaftswoche

zum Arzt gegangen sind. Keiner test, keine Babyprämie. Und Sie können sich vorstellen,

das hat sofort gewirkt. Fast alle Frauen haben sich an diese zehn Wochen Vorgabe gehalten. Wir

haben uns aber gefragt, ob sich das tatsächlich auch auf die Gesundheit der Neugeborenen ausgewirkt

hat. Und dazu haben wir Daten aus dem polnischen Geburtenregister ausgewertet. Also Sie müssen

sich das grundsätzlich so vorstellen, nach der Geburt geht meist der frisch gebackenen Papa zum

Einwohnermeldeamt, um das Kind zu registrieren. Und da wird er von so einem Formular fast erschlagen.

Also nicht unbedingt nervenschonend für frisch gebackene Väter, aber großartig für die

Wissenschaft. Und zwar deswegen, weil damals in Polen neben dem Namen des Kindes und der Eltern

und dem Wohnort auch wichtige Informationen über den Verlauf der Schwangerschaft und auch die

Gesundheit des neugeborenen Kindes erhoben wurden. Und wir durften diese Daten für unsere

Forschungsfrage nutzen. Natürlich anonymisiert. Und das bedeutet, dass sensible Informationen,

wie zum Beispiel Namen und Adressen bereits gelöst wurden. Methodisch haben wir ein

sogenanntes Difference in Differences Design verwendet. Und das bedeutet, dass wir diese

triviale Gleichung hier geschätzt haben. Also ich habe heute leider aus Zeitgründen keine Zeit,

um über die Details zu sprechen. Weil noch wichtig ist natürlich, was wir eigentlich gefunden haben.

Und wir haben tatsächlich positive Effekte auf die Gesundheit der Neugeborenen gefunden.

Zum Beispiel ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind mit einem niedrigen Geburtsgewicht,

das bedeutet unter zweieinhalb Kilo, zur Welt gekommen ist, um sieben Prozent gesunken ist.

Und das ist grundsätzlich ein sehr optimistisches Ergebnis, weil ein gesundes Geburtsgewicht ein

wichtiger Indikator für die Gesundheit, den Bildungs- und den Arbeitsmarkterfolg später im

Leben ist. Nun fragen Sie sich sicherlich, wie soll ich gerade dieses polnische Beispiel für

den heutigen Abend ausgewählt habe. Also ein wichtiger Grund dafür war auch, dass ich die

heutige Gelegenheit dafür nutzen möchte, um auf die relativ schlechte Datenlage für

mikroökonomische Wirkungsforschung in Deutschland aufumüxen zu machen. Also oft ist es nämlich so,

dass wir deutsche Politikmaßnahmen nicht angemessen evaluieren können, aufgrund von

Datenrestriktionen. Zwar existieren geeignete Verwaltungs- und Prozessdaten, aber diese werden

oft für Forschungszwecke nicht zur Verfügung gestellt. Besonders prekär ist die Lage,

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:06:29 Min

Aufnahmedatum

2024-10-22

Hochgeladen am

2024-10-29 08:46:04

Sprache

de-DE

Prof. Dr. Kamila Cygan-Rehm, Habilitationspreis der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät: Science Slam bei den FAU Awards 2024 über ihre kumulative Habilitation: Ökonometrische Evaluation verschiedener politischer Interventionen in acht wissenschaftlichen Beiträgen

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