Science Slam von PD Dr. med. Markus Eckstein, FAU Awards 2024 [ID:55125]
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Ich bin Oberarzt am pathologischen Institut am Universitätsklinikum und dort auch Forschungsgruppenleiter.

Und ich muss Sie jetzt leider enttäuschen, wenn Sie jetzt bei Pathologie an Karl Friedrich Börne und an lustige Geschichten von Leichen in Ritterrüstungen gedacht haben.

Da kann ich leider heute nicht damit dienen, denn in der Pathologie sind wir klinisch diagnostisch tätige Ärzte.

Wir haben zwar keinen direkten Patientenkontakt, wir beschäftigen uns aber fast ausschließlich mit Geweben von Patienten.

Wir machen dort Tumordiagnosen zum Beispiel an Brustresektaten von Brustkrebspatientinnen.

Selten beschäftigen wir uns doch, aber muss ich zugestehen auch mit Leichen, aber meistens nur zur Todesursachenklärung von klinischen Todesursachen von Patienten, die in unserem Universitätsklinikum verstorben sind.

Was wir uns aber dann vor allem anschauen und das ist für viele Medizinerinnen und Mediziner oder auch generell für viele Menschen wenig plastisch, sind bunte Bildchen von Tumorerkrankungen, die wir nutzen, um Tumore zu klassifizieren, zu gruppieren und vor allem dann entsprechende Diagnosen zu stellen, damit Patientinnen und Patienten korrekt behandelt werden können.

Wir betreiben aber auch, und das nimmt immer mehr eine große Rolle in der Pathologie ein, viele Molekularpathologie.

Also wir charakterisieren Tumore auch genetisch und gucken uns genetische Veränderungen an, um die Achillesferse von Tumoren auf der genetischen Ebene zu finden.

Und all das ist für uns Medizinerinnen und Mediziner ja immer ein großer Spagat, denn wir müssen ja nicht nur unsere Facharztausbildung in verschiedenen Fächern absolvieren, sondern gerade wenn wir auch in Universitätskliniken tätig sind, auch Forschung betreiben.

Und das war für mich von Anfang an klar, dass ich das auch sehr gerne machen will.

Und mein Chef, Professor Arnd Hartmann, der Direktor des Pathologischen Institutes, mit dem habe ich vor fast acht Jahren auf seiner roten Couch in seinem Büro gesessen.

Die ist tatsächlich rot, das ist kein Scherz.

Und er hat mich gebeten, ich soll mich doch um die Hahnblase kümmern.

Und mit der Hahnblase können sicherlich die meisten von Ihnen vor allem auf der Toilette etwas anfangen, wenn wir sie entleeren müssen.

Vielleicht auch auf Festivitäten wie der Bergkirchweih nervt dieses Organ ganz besonders, wenn man viel Bier trinkt, muss man sie sehr oft entleeren.

Astronauten beispielsweise benötigen spezielle Windeln, weil sich nämlich in der Schwerelosigkeit die Hahnblase aufgrund der fehlenden Schwerkraft unwillkürlich entleert.

Man kann aus Urin, der aus der Hahnblase kommt, auch Kunstwerke machen, die in New York City ausgestellt werden.

Das ist ein Tank, der mit menschlichem Urin gefüllt ist oder Faultiere beispielsweise entleeren ihre Hahnblase nur einmal pro Woche oder können ihre Hahnblase auch nur einmal pro Woche entleeren, wenn sie das möchten.

Aber Spaß beiseite, leider geht es bei uns in der Pathologie meistens um Krebs.

Und wir können in unserem Urinentank tatsächlich eben auch Krebs haben.

Und Sie werden sich jetzt vielleicht fragen, was soll die Stadt Leipzig denn mit Hahnblasen Krebs zu tun haben?

Nun, Leipzig hat ungefähr 619.000 Einwohner und das entspricht ungefähr auch der jährlichen Erkrankungsrate von Hahnblasen Krebs weltweit.

Damit ist Hahnblasen Krebs nicht super häufig, also deutlich seltener als zum Beispiel Brustkrebs oder Prostata Krebs.

Und wir unterscheiden auch unterschiedliche Formen.

Es gibt nämlich den oberflächlichen Blumenkohlartigen Hahnblasen Krebs, den Sie hier sehen, der wenig aggressiv ist und Patienten in der Regel nicht umbringt.

Aber es gibt vor allem auch den soliden Hahnblasen Krebs, der zum Beispiel hier in die Gebärmutter bei einer weiblichen Patientin infiltriert und an dem nach wie vor fast 80 Prozent aller Patientinnen und Patienten versterben.

Und mir persönlich ist, seitdem ich auf diesem Gebiet tätig bin, der Hahnblasen Krebs durchaus ein Anliegen.

Er ist zwar selten und es sterben nach wie vor relativ wenig Menschen an Hahnblasen Krebs.

Aber Sie sehen, dass sich zum Beispiel die Krebstodesfälle bei Lungenkarzinomen oder auch bei Kolorektalen, also bei Dickdarmkrebs deutlich reduziert haben.

Aber bei Hahnblasen Krebs hat sich seit 70 Jahren nichts getan, weil es auch keine relevanten therapeutischen Innovationen gibt.

Und das liegt nicht nur daran, dass wenig Menschen auf diesem Gebiet forschen, sondern dass Hahnblasen Krebs auch zu den kontinuierlich unterfinanzierten Forschungsgebieten in der onkologischen Forschung gehört,

obwohl er zu den zehn häufigsten Tumorerkrankungen des Menschen zählt und nach wie vor vor allem an fortgeschrittenem Hahnblasen Krebs sehr viele Menschen sterben.

Womit ich mich in meiner Habilitationsarbeit aber auch nach wie vor beschäftige, ist vor allem mit Immuntherapien und wie wir bessere Biomarker identifizieren können,

um vorherzusagen, wann Hahnblasen Krebs Patienten auf Immuntherapien ansprechen.

Und die Grundlage für diese Immuntherapien haben diese beiden Herren hier gelegt, James Ellison und Tasuko Honjo,

die die zentralen Immuncheckpoints unseres Immunsystems entdeckt haben, wahrscheinlich damals noch gar nicht mit dem Hintergedanken, dass wir sie therapeutisch einsetzen können.

Aber seit 2012 hat die Entdeckung dieser beiden Herren dazu geführt, dass wir eine beispiellose Entwicklung von Immuntherapien bei Krebsarten erfahren haben,

die vor allem bei Lungenkarzinomen, aber zum Beispiel auch bei Hahnblasen Krebs gut wirken.

Aber wir sind längst nach wie vor weit davon entfernt, dass jede Patientin und jeder Patient von solchen Immuntherapien profitiert.

Und deswegen ist es sehr wichtig, dass wir auf diesem Gebiet weiterarbeiten.

Und wir beschäftigen uns vor allem damit, welche Rolle diese kleinen Immunkrieger, also die Polizisten unseres Immunsystems, einnehmen.

Und in diesem Zusammenhang kommt es immer auf den Kontext an.

Immunzellen sind bei gutartigen Erkrankungen Infektionen beispielsweise oft in einer gleichartigen Weise involviert, aber bei Krebs kommt es immer auf den Kontext an.

Es kann also sein, dass zum Beispiel eine T-Zelle, also ein Krieger unseres Immunsystems, ein guter Polizist ist oder auch ein schlechter Polizist ist.

Und genau diese Kontexte haben wir analysiert und haben beispielsweise herausgefunden, dass es Hahnblasen Krebs gibt.

Und das gilt aber auch für andere Tumorentitäten, bei denen das Immunsystem, obwohl es lichterloh brennt, dieses Feuer überhaupt nicht erkennen.

Und für diese Patienten versuchen wir eben, Therapien zu entwickeln, um diese Tumore für das Immunsystem wieder attraktiv zu machen.

Es gibt, muss man sagen, Lucky Loser unter Hahnblasen Krebspatientinnen und Patienten, bei denen das Immunsystem dieses Feuer sehr wohl erkennt und gut löschen kann.

Und auch gerade diese Patienten sprechen zum Beispiel sehr gut auf Immuntherapien an, wenn sie eine metastasierte Erkrankung haben.

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:07:19 Min

Aufnahmedatum

2024-10-22

Hochgeladen am

2024-10-29 11:36:23

Sprache

de-DE

Science Slam von PD Dr. med. Markus Eckstein bei den FAU Awards 2024, Habilitationspreis der Medizinischen Fakultät (Thiersch-Preis): Entschlüsselung des immunologischen Mikromilieus des muskelinvasiven und
metastasierten Urothelkarzinoms der Harnblase zur Verbesserung der präzisionsonkologischen Behandlung

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