Wie hängt die psychische Gesundheit mit Demokratie zusammen?
Demokratie basiert auf Gleichheit, auf Gerechtigkeit. Sie soll für jeden Menschen unabhängig von
Herkunft, von sexueller Orientierung oder Geschlecht gleiche Chancen und Rechte ermöglichen.
Wenn wir uns aber seelische Gesundheit anschauen, dann ist das leider nicht immer gegeben.
Gerade Menschen, die nicht in der Mitte der Gesellschaft stehen, bleiben oft zurück,
bekommen mehr psychische Erkrankungen und erleben dadurch noch eine Verstärkung ihrer Symptomatik.
Wen betrifft das konkret und warum?
Das betrifft ganz viele Menschen. Viele Menschen stehen vor Hürden, wenn es darum geht,
psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Beispielsweise Geflüchtete. Sie erleben
viele Sprachbarrieren, aber auch rechtliche Hindernisse, eine Psychotherapie in Anspruch zu
nehmen. Aber auch ältere Menschen haben viel schwerer Zugang zu Psychotherapie und das,
obwohl wissenschaftliche Studien ganz klar zeigen, dass sie genauso von Psychotherapie
profitieren können. Ganz dramatisch wird es, wenn wir uns Kinder und Jugendliche anschauen,
gerade die, die eigentlich sofort eine psychotherapeutische Unterstützung brauchen
für ihre Symptomatik. Gerade sie, für sie gibt es zu wenig Psychotherapieplätze und sie müssen sehr,
sehr lange warten, was das Risiko für eine Chronifizierung der Erkrankung verstärkt.
Welche Lösungen gibt es?
Wir als eine Demokratie, als eine demokratische Gesellschaft müssen uns darum kümmern,
dass alle Menschen gleichermaßen die Möglichkeit haben, Psychotherapie in Anspruch zu nehmen.
Es gibt sowohl national als auch international verschiedenste Initiativen, die versuchen,
den Zugang zur Psychotherapie zu erleichtern. Wir haben selbst in einer Studie ein Gruppenprogramm
für Asylsuchende umgesetzt und darin Informationen über psychische Symptome, aber auch darüber,
wie man Psychotherapie in Anspruch nehmen kann, umgesetzt. Das Ziel ist, dass es für die Betroffenen
leichter wird, eine Psychotherapie aufzusuchen.
Wir alle sollten uns für Demokratie einsetzen. Was können Sie als Professoren für Psychologie tun?
Als Wissenschaftlerin und Psychotherapeutin setze ich mich dafür ein, dass Psychotherapie
leichter verfügbar ist. Psychische Gesundheit ist ein Menschenrecht und es ist unsere Verantwortung
als demokratische Gesellschaft, uns dafür einzusetzen und uns dafür stark zu machen,
dass alle Menschen, die eine psychische Versorgung brauchen, diese auch tatsächlich erhalten.
Denn nun so können wir sicherstellen, dass alle das Recht auf psychische Gesundheit
auch tatsächlich wahrnehmen können.
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:03:14 Min
Aufnahmedatum
2025-02-03
Hochgeladen am
2025-02-03 13:06:04
Sprache
de-DE
„Psychische Gesundheit ist ein Menschenrecht“ – klares Statement von Cornelia Weise, Professorin für Klinische Psychologie und Behavioral Health Technology. Sie macht den Anfang in der neuen Reihe „Phil pro Demokratie“, mit der die Philosophische Fakultät und Fachbereich Theologie gesellschaftliche Entwicklungen ansprechen und zeigen will, warum wir uns alle für Demokratie und gegen den Rechtsruck in Deutschland einsetzen sollen.
Mental Health mag einem nicht als erstes beim Stichwort „Demokratie“ in den Sinn kommen, doch dass es da einen Zusammenhang gibt, erklärt Professorin Weise im Video. Denn Demokratie bedeutet, niemanden zurückzulassen. Und es ist die Aufgabe einer demokratischen Gesellschaft, ihre verletzlichsten Mitglieder zu schützen.
Quellen:
The Lancet Psychiatry Commission on youth mental health
McGorry, Patrick D et al.
The Lancet Psychiatry 2024, Volume 11, Issue 9, 731 – 774
https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(24)00163-9/fulltext
Kassenärztliche Vereinigung Bayerns
Analyse der Wartezeiten in der Psychotherapie in Bayern.
Version 1, 3. Februar 2023