10 - Medizin in Erlangen unter dem Hakenkreuz [ID:6121]
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Ich bin zwar, wie Herr Eckstein gesagt hat, noch relativ jung, was mir gerade aber aufgefallen

ist, dass das Bild von mir noch viel, viel jünger ist. Da muss ich auf jeden Fall was

dran ändern. Da kommt auch bei mir fast Wehmut auf, wenn ich das sehe. So viel vorab. Medizin in

Erlangen unter dem Hakenkreuz. Eines der Spezifika an der Geschichte der Universität Erlangen ist,

dass wenn man so will, die Hakenkreuz-Fahnen bereits 1929 wehten, nicht erst 1933 und zwar unter den

Erlanger Studenten. Damit war die Universität Erlangen und ihre Studenten die erste Universität,

an der der NS-Studentenverband eine absolute Mehrheit bei den AStA-Wahlen bekam. Auf diese

Entwicklung möchte ich im ersten Teil meines Vortrags eingehen. Zum einen, weil es eben

spezifisch für die Geschichte in Erlangen ist. Zum anderen, weil das, was man als völkische

Studentenbewegung der Weimarer Republik bezeichnet, die eben in Erlangen sehr radikal und mächtig war,

weil diese völkische Studentenbewegung auch anderortens eine große Rolle spielte und weil

in diesen Entwicklungen nach dem ersten Weltkrieg, wie ich finde, ein einer der

Erklärungsansätze dafür ist, um das Geschehen im Dritten Reich zu begreifen. Der zweite Teil

meines Vortrages widmet sich dann für die Zeit 1933 bis 45 und fragt erst mal nach,

wie die Reaktionen der Erlanger Universitätsmediziner, der Erlanger Universitätskliniker

auf die Machtübernahme der Nationalsozialisten waren. Der dritte Punkt meines Vortrags wird dann eine

Darstellung der Frage sein, inwiefern es an der Universitätsklinik, inwiefern es innerhalb

der Universitätsmedizin zu nationalsozialistischen Medizinverbrechen kam. Also es geht um die Frage,

inwieweit wurden Rasnhygiene, Zwangssterilisation und etwa auch die NS-Euthanasie von Erlanger

Klinikern umgesetzt. Ich bemühe mich relativ zügig durchzukommen, weil ich Sie ausdrücklich

dazu auffordern möchte, Fragen zu stellen, Diskussionsbeiträge zu liefern. Das ist ein Thema,

wo die meisten in irgendeiner Form etwas dazu sagen können und ich möchte nicht so lange reden,

bis Sie alle nach Hause müssen. Ich hoffe auch, dass das kein Lippenbekenntnis bleibt und lege

deswegen auch gleich los. Die Weimarer Republik und die darin sich abspielende völkische

Studentenbewegung fußte sozusagen auf den Entwicklungen der Jahre 1914 bis 1918 und vor

allem auf den Entwicklungen der unmittelbaren Nachkriegszeit. Der Erste Weltkrieg ist als

Urkatastrophe bezeichnet worden und das auch sehr zu Recht. Das ist in erster Linie zu quantifizieren,

Millionen Menschen haben ihr Leben im Ersten Weltkrieg verloren. Das ist die eine Seite,

die andere Seite sind aber auch die Folgen des Ersten Weltkrieges, die, wenn man so will,

zur zweiten Urkatastrophe führten. Der Philosoph Ernst Bloch hat im Rückblick auf die Folgen des

Ersten Weltkriegs für Deutschland treffend bemerkt, ich zitiere, die bürgerliche Moral ist seit 1914

in Deutschland weich geworden. Auch anderen ruhigeren Völkern hat der letzte Krieg nicht

gut getan, aber die Deutschen, die ihn durchgehungert und wieder ihr Erwarten verloren haben, hat er

völlig aus den Fugen geworfen. Wo selten divergierten Erwartungen an ein Ereignis und die

Realität desselben derart wie in Deutschland für die Jahre 1914 bis 1918. Man war eben nicht,

wie viele Soldaten glaubten, Weihnachten 1914 wieder siegreich zu Hause, der Krieg dauerte bis

Ende 1918. Er war eben auch kein heldenhafter Ritterkampf, sondern ein maschinelles Zerfetzen,

hervorgerufen durch den ersten modernen, industriell geführten Vernichtungskrieg.

Die völlig überraschende Kriegsniederlage, so zumindest das Empfinden eines Großteils der

Bevölkerung, weil man eben das Kriegsgeschehen bis zum Schluss nicht in Deutschland hatte,

die völlig überraschende Niederlage zog weiten Teilen der Bevölkerung den Boden unter den Füßen

weg. Das ist zum einen unter wirtschaftlichem Aspekt zu sehen, auf der anderen Seite eben auch,

wenn man so will, moralisch im Sinne von all das, an was man bisher gewöhnt war, das an was man

geglaubt hat, war plötzlich nicht mehr. Kriegsniederlage, Revolution und der sogenannte,

so die Bezeichnung vieler Deutschen Schandfrieden von Versailles, sorgten für eine fehlende Akzeptanz

innerhalb von weiten Teilen der Bevölkerung gegenüber der ersten deutschen Demokratie.

Sie sehen hier auf der linken Seite die Ausrufung der Republik durch den SPD-Politiker Scheidemann,

das sozusagen die erste Ausrufung war, die zweite erfolgte dann durch den Kommunisten Liebknecht,

das hat schon mal die Revolution an sich, hat für viele, bei vielen Eliten zu großer Sorge und zu

großer Abneigung geführt und was nun die Friedensbedingungen von Versailles anging,

Presenters

Philipp Rauh Philipp Rauh

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:56:47 Min

Aufnahmedatum

2016-03-14

Hochgeladen am

2016-03-23 13:32:52

Sprache

de-DE

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