Ja, wir haben gerade eine sehr schöne Präsentation dieses Buch von Jean-Lucapotestat zum Antichrist
und zum Sohn des Verderbens kennengelernt.
Wir haben den Autor kennengelernt, wir haben aber auch gleichzeitig die Texte, die in dieser
Anthologie zusammengestellt sind, weiter kennenlernen können.
Das sind Texte, die vom Zweiten bis zum Zwölften Jahrhundert reichen und diese Texte zeigen,
wie vielfältig die Traditionen zum Antichrist eigentlich gewesen sind.
Wir haben eben einzelne Zeugnisse, die im syrischen Raum, die im griechisch-pizantinischen
Raum angesiedelt sind, aber dann auch in der westlichen Tradition und die Beziehungen
zwischen diesen Traditionen, die machten die Auseinandersetzung damit zu spannend.
Hauptthema meines Vortrags war sozusagen die Geburt des Antichristen.
Wann wurde der Antichrist geboren?
Wir meinen, Mark Korizzi und ich, wir haben diese zwei Bände publiziert, wir meinen,
dass der Antichrist kein Mythos ist.
Mythos würde heißen, es war immer da.
Es ist eine Figur, die von ferne kommt, die gemeinsam mit allen Kulturen ist und so weiter.
Wir meinen, dass wir durch das Buch gezeigt haben, dass Antichrist eine Legende oder
noch besser eine Rhetorik ist, die irgendwann geschöpft worden ist.
Man kann gerade einen Moment bestimmen, wann das passiert ist.
Spannend ist auch, dass man lange Zeit eigentlich unter Antichrist zwei verschiedene Dinge
subsummiert hat.
Das ist auch in dem Vortrag gut präsentiert worden.
Zum einen eben der Antichrist am Ende der Zeiten, zum anderen aber auch der Sohn des
Verderbens, so wie es hier heißt in dem Buch, Il Filio della Perdizione.
Das ist eben eine zweite Tradition und diese Traditionen vermischen sich.
Der Höhepunkt ist sicherlich dann unter Joachim von Fiore erreicht, da endet dieser zweite
Band der Anthologie.
Bei Joachim von Fiore haben wir den Effekt, dass sich eigentlich das Geschehen am Ende
der Tage von Jerusalem auf Rom verlagert.
Wir haben also das Ende der Tage im 12. Jahrhundert vor allen Dingen in den Perzeptionen von
Joachim von Fiore und anderen in Rom.
Das ist eine Tradition, in der weiter über Luther zu anderen Personen reicht.
Natürlich hat man antichristliche Figuren im Alten Testament oder auch im Neuen Testament.
Aber wichtig ist, dass diese Figur, das heißt der Feind der letzten Zeiten, der Antichrist
heißt, nur bei Irenaeus erscheint.
Man sollte auch nicht glauben, dass von Irenaeus ab die Geschichte immer weiter und immer gleich
gegangen ist.
In Orient spricht man von einem Filius Perditionis, der keine Antichrist ist.
Das Wort erscheint nicht in der syrischen Literatur, in der apokalyptischen Literatur.
Erst im Occident, im neunten Jahrhundert, wird Filius Perditionis gleichzeitig Antichrist
und gleichzeitig Gegenteil des Kaisers.
So beginnt die Kaisersage des Antichrists und der Endkaiser ist eine wichtige Figur.
Antichrist ist die Gegenfigur gegen den Endkaiser.
Aber beginnend mit zwölften Jahrhundert, hier besonders in Deutschland, bei den sogenannten
deutschen Symbolisten, die eigentlich Mönche und Nonnen waren, die mit der römischen Kirche
und mit den neuen Mönchen gebunden waren, beginnt eine neue Welle.
Kaisersfigur verschwindet und Antichrist wird mehr mit Erätikern oder mit Islam verbunden.
Das ist eine Neuheit und auch der Ort der Erscheinung des Antichrists wird geändert.
Traditionell dachte man, dass der Antichrist in Jerusalem erscheinen wird.
Aber beginnend mit Gero von Reichsberg und Joachim von Fiore überhaupt denkt man, dass
der Antichrist in Rom erscheinen wird und er wird versuchen, den Papstum anzugreifen.
Presenters
Herbert Hofmann
Prof. Joachim Gentz
Dr. Esther-Maria Guggenmos
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:13:22 Min
Aufnahmedatum
2013-02-05
Hochgeladen am
2016-11-20 20:19:34
Sprache
de-DE
“The Antichrist is not a myth”, states Gian Luca Potestà in the introduction to his compendium in the university library at Erlangen on 5 February 2013. Tracing the figure of the Antichrist in Medieval Europe and in dialogue with Sinologists reflecting on structural equivalents in East Asia, the phenomenon turns out to be characteristic for the occident.