2 - Causal- and Sign-based Sciences – The Epistemology of Prognostic Disciplines in the Middle Ages (2014) [ID:7052]
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Wir freuen uns, dass wir heute zusammengekommen sind zu einem Gespräch um über das neue Buch,

das Alexander Fidora mit Kathrin Bauer zusammen herausgegeben hat, über die mantischen Künste

und die Epistemologie prognostischer Wissenschaften im Mittelalter. Alexander, das ist ein Buch,

über das wir uns im IKGF sehr freuen, über die Ergebnisse einer gemeinsamen Tagung. Wo wäre denn

der Platz dieses Buches im Zusammenhang mit der Philosophiegeschichte des lateinischen Westens

überhaupt anzusiedeln? Die Frage nach dem Platz des Buches kann ich so beantworten,

dass dieses eigentlich bislang noch gar keinen Platz hatte in der Philosophiegeschichtsschreibung

des europäischen Mittelalters, weil die epistemologischen Grundlagen der mantischen

Künste, der Astrologie, aber auch anderer prognostischer Wissenschaften eigentlich noch

gar nicht behandelt wurden. Die Frage nach der erkenntnistheoretischen und wissenschaftstheoretischen

Grundlegung dieser Wissenschaften und dessen, was es bedeutet, eine zukunftswissen generierende

Wissenschaft zu sein, sind eigentlich bislang ausgeblendet worden in der Geschichte der

Philosophie und ihrer Erforschung. Das heißt, nicht nur in der Geschichte oder in anderen Fächern,

die sich mit der Entwicklung im lateinischen Westen beschäftigen, sondern eben auch in der

Philosophie ist dieses Thema bisher vernachlässigt worden, dass wir mit unserem Kollege eigentlich

auch da eine wichtige Lücke füllen. Das ist völlig richtig. Es ist vollkommen vernachlässigt

worden, wahrscheinlich auch aus einer gewissen anachronistischen Perspektive heraus, die aus

dem aufgeklärten Selbstverständnis überhaupt nicht die Frage für nötig und für interessant hält,

warum denn im Mittelalter die prognostischen Wissenschaften und gerade Mantik und Astrologiewissenschaften

waren, wo sie es heute im europäischen Selbstverständnis eben nicht mehr sind. Und

damit wird diese Frage für viele Philosophiegeschichtler uninteressant, was jedoch falsch ist, wie dieses

Buch zeigen möchte, denn es stellen sich mit der Einordnung von zukunftswissen generierenden

Wissenschaften sehr wichtige Fragen, nicht nur für diese Wissenschaften selbst, sondern für das

Verständnis von Wissenschaft und von Prognose überhaupt, die im Mittelalter angegangen werden.

Und die ja auch zentral waren. Also, wie du sagst, die Aufklärung hat uns da den Blick ein wenig

verdunkelt und hat das im Grunde zu einer Art von, was man heute sagt, rejected knowledge gemacht,

zurückgewiesen. Und ich glaube, da haben wir alle recht, dass unser Kollege im Grunde aus

dieser marginalen Position, die das sowohl in der Philosophiegeschichte als auch übrigens in der

Wissenschaftsgeschichte hatte, einen sehr zentralen Platz hier geschaffen hat. Also, man könnte ja

dem hinzufügen, dass es ja vielleicht nicht von ungefähr ist, dass so etwas wie eine Geschichte

des Aberglaubens eigentlich traditionell in der Volkskunde angesiedelt war, aber in den anderen

Disziplinen fast nie einen Platz hatten, höchstens als Kontrastfolie oder als Ergänzung. Und ich

glaube, das ist vielleicht das Entscheidende, was dieses Buch ändern will. Das ist eine der

Stoßrichtungen des Buches, sozusagen eine alternative Perspektive zu eröffnen und eine

alternative Geschichte der Philosophie im Hinblick auf diese Fragestellung zu schreiben. In der

Philosophiegeschichte selbst dominiert eigentlich, besonders was das Mittelalter anbelangt, aber auch,

was dann spätere Entwicklungen angeht, die Idee von Wissenschaft als einer auf der Grundlage von

Ursachen operierenden Prozedur. Wissenschaft hat es mit Ursachenwissen zu tun, die Ursachen

erklären Phänomene. Das greift aber eben bei den prognostischen Wissenschaften nicht, sondern wie

viele Beiträge dieses Bandes zeigen, sind prognostische Wissenschaften Wissenschaften,

die es mit Zeichen zu tun haben, mit Zeichen, die vorausweisen auf zukünftige Ereignisse und die zu

interpretieren sind. Und das stellt die Frage nach einem ganz neuen Typ von Wissenschaft,

nämlich einem nicht-kausalen, sondern auf Zeichen basierenden Wissenschaftstyp, was zugleich eine

hochmoderne Frage auch ist. Von daher lohnt sich die Betrachtung dieser mittelalterlichen Diskussion,

weil der Zeichenbegriff natürlich in der Wissenschaftstheorie der Gegenwart wiederum

eine ganz neue Dynamik entfaltet hat, die man hier zwar nicht lückenlos dann über die Jahrhunderte

konstruieren kann, aber man kann doch sehen, es gibt ein Interesse an alternativen Wissenschaftsmodellen

im Mittelalter und an einer alternativen Geschichtsschreibung der Epistemologie will

sich dieser Band in gewisser Weise versuchen. Gleichzeitig weisen ja viele Aufsätze nach,

dass zwar das Zeichen im Zentrum steht, auch der gesternige Vortrag hat es uns ja gezeigt,

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Klaus Herbers Prof. Dr. Klaus Herbers
Prof. Alexander Fidora Prof. Alexander Fidora

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:25:36 Min

Aufnahmedatum

2014-06-01

Hochgeladen am

2016-11-30 11:22:54

Sprache

en-US

Reflections by Prof. Dr. Alexander Fidora, Prof. Dr. Michael Lackner and Prof. Dr. Herbers about the book release "Mantische Künste und die Epistemologie prognostischer Wissenschaften im Mittelalter"
The prognostic disciplines were neglected in the European history of philosophy and other sciences. Alexander Fidora reveals in his book the important relevance of the prognostic disciplines in the 12th and 13th century, where they were autonomous disciplines in contrast to their rejected role in modern science. With Klaus Herbers and Michael Lackner he speaks about causal-based sciences and the property of prognostic sciences, which refer to signs. In this aspect it is important for Michael Lackner to see similarities and varieties to Buddhism and Chinese sciences. Another topic of the discussion is the relation of prognostic disciplines and religion. In addition, Klaus Herbers in the discussed science system focuses on the subject “freedom”, which is one item of the consortium topic “Fate, Freedom and Prognostication”.

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