Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Guten Abend, meine Damen und Herren.
Ich begrüße Sie zu dieser Podiumsdiskussion am Ende eines langen Tages.
Seit gestern Nachmittag diskutieren wir fleißig zwei wichtige Begriffe im Judentum, Christentum und Islam.
Den Begriff der Wahrheit und den Begriff des Glaubens.
Und die Podiumsdiskussion heute Abend verbindet beide.
Und noch einen Dritten dazu, in dem der Titel die Frage stellt, Glaube als Wahrheit, Sprengstoff für die Gesellschaft.
Ich brauche nicht viel über den Titel an sich zu sagen.
Der ist an sich klar.
Aber welchen Begriff von Glauben verwenden wir in dem Titel?
Es ist mit Sicherheit ein exklusivistischer Begriff, der mit anderen kollidiert,
der wahrscheinlich andere Glaubensbegriffe, Lebens- und Weltanschauungen nicht toleriert, nicht als gleichwertig anerkennt.
Ja, wir kennen doch das Sprichwort, dass andere Götter nicht dulden.
Es war anders auf dem Olympus.
Seitdem es einen einzigen Gott gibt, wurden alle anderen Götter oder Scheingötter ausgeschaltet.
Wie widerspiegelt sich das in der gesellschaftlichen Realität?
Ist in der Tat Glaube für Wahrheit gehalten?
Im ausschließlichen Sinne ist ein solcher Glaube in der Tat ein Sprengstoff in der Gesellschaft?
Wirkt ein solcher Glaube im Alltag in der Tat exklusiv?
Wie eine explosive Kraft, eine subversive Kraft, die ein friedliches Miteinander in der Gesellschaft vernichtet oder gefährdet?
Wir werden uns diesen Fragen widmen in der kommenden Stunde.
Ganz kurz möchte ich hervorheben, dass ein solches Glaubensverständnis, Glaube als Wahrheit und als Sprengstoff für die Gesellschaft sich von einer Religionsauffassung unterscheidet,
der zufolge die Religion ein Opium fürs Volk ist oder wie es seit mindestens 70, 80 Jahren Religion als Faktor der sozialen Ordnung in der Gesellschaft macht.
In der Gesellschaft nötig ist, damit Effekte und Emotionen gebündigt werden.
Stichwort Leo Strauß.
Oder eine andere Religionsauffassung, wonach Religionen in säkulare Terminologie übersetzt Werteressourcen sind, die die Gesellschaft ja braucht, um weiter zu bestehen.
Wir thematisieren heute einen anderen Glaubensbegriff und werden diesen Begriff behandeln und sehen, ob es in der Tat so ist,
dass Glaube als Wahrheit verstanden, als ausschließlich Wahrheit verstanden, verträglich ist für das Zusammenleben in der Gesellschaft.
Es werden vier Statements, vier Referate geben und sie werden der Reihe nach von der verehrten Kollegin und den verehrten Kollegen gehalten.
Den Beginn macht Prof. Dr. Dr. HC Stefan Schreiner von der Universität Tübingen.
Prof. Schreiner ist seit 2013 Senior Professor für Comparative Studium oder für Comparative Religionswissenschaft in Tübingen mit Schwerpunkt Judentum und Islam.
Dem folgt Frau Turner aus christlicher Sicht die Frage behandeln.
Frau Dr. Turner ist gegenwärtig wissenschaftliche Mitarbeiterin am Erlanger Lehrstuhl für Islamwissenschaft und orientalische Philologie.
Der Dritte im Bunde ist der Vertreter des Islams, Prof. Tarek Badawia vom Departement für Islamische und Religiöse Studien in Erlangen.
Der wird die Frage aus islamischer Sicht beantworten.
Zum Schluss spricht die Philosophie, vertreten durch Prof. Hulenkampf, der in Erlangen kein Unbekannter ist.
Ich wünsche uns allen einen schönen, instruktiven, lehrreichen Abend. Nach den vier Statements werden wir sehen, ob die Referenten aufeinander eingehen wollen.
Wenn dies der Fall ist, dann bekommen Sie die Gelegenheit dies zu tun. Danach öffnen wir die Diskussion für alle in diesem Raum versammelten.
Schön, dass Sie da sind. Ich hoffe, Sie werden es nicht bereuen.
Herr Dr. Reiner, wie sieht es aus Ihrer Sicht aus? Ist Glaube als Wahrheit in der Tat ein Sprengstoff für die Gesellschaft?
Vielen Dank, Herr Kollege Tamer, für die freundliche Einladung zur Teilnahme an diesen Gesprächen.
Meine Damen und Herren, ich habe die Ehre, die Reihe hier eröffnen zu dürfen.
Ich möchte drei Bemerkungen sozusagen als Eingang in unsere Diskussion Ihnen vorstellen.
Gestatten Sie mir, dies bewusst aus Gründen des Gesprächs pointiert zu tun, ohne in jedem Fall eine lange Begründung für jeden Satz, den ich hier ausspreche, anzubieten oder folgen zu lassen.
Das würde uferlos sein. Man kann über das Thema ja mehr als ein Semester lang Vorlesung halten.
Das erste Stichwort Glaube, das zweite Stichwort Wahrheit und das dritte Stichwort Wahrheitsteilhabe aus der jüdischen Perspektive oder anders formuliert der Geltungsanspruch von Religion.
Was heißt Glaube? Glaube ist als Religionswissenschaftler gesprochen Antwort auf Transzendenzerfahrung oder aus der jüdischen Perspektive präziser formuliert die menschliche Antwort auf eine Gottesbegegnung im Raum der Geschichte.
Dabei kann diese Begegnung in dreierlei Weise erfolgen.
Erstens in Unmittelbarkeit, das heißt das, was Menschen vor vielen Jahrhunderten, um es zu sagen Jahrtausenden erlebt haben.
Stichwort als konstitutives Ereignis für diese Gottesbegegnung ist das, was man in der biblischen Überlieferung den Exodus nennt, den Auszug aus Ägypten.
Presenters
Prof. Dr. Georges Tamer
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:30:07 Min
Aufnahmedatum
2017-09-28
Hochgeladen am
2017-10-06 14:08:54
Sprache
de-DE