Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
So, schönen guten Morgen. Ich möchte mit Ihnen unsere Erörterungen zum Thema Rechtsschutz von den europäischen Gerichten fortsetzen.
Sie erinnern sich, wir haben in der letzten Sitzung mit diesem Thema angefangen.
Wir haben uns zunächst einen Überblick über die Aufgaben des EuGH verschafft, haben versucht, das ein bisschen einzuordnen.
Das war hier mein Einordnungsangebot, dass man den EuGH und seine Aufgaben aus drei unterschiedlichen Perspektiven betrachten kann.
Einmal eben den EuGH als ein internationales, ein klassisches zwischenstaatliches Gericht,
dessen Aufgabe vor allen Dingen darin besteht, die Rechtstreue der Mitgliedstaaten gegenüber der vertraglichen Ordnung, also dem Europarecht, zu überwachen.
Dann den EuGH als Verfassungsgericht, hier vor allen Dingen bezüglich der Rechtskontrolle des Handelns der Organe der EU selbst,
also inwieweit die Organe der EU sich selbst rechtstreu verhalten, bzw. vor allen Dingen inwieweit die Rechtssetzung,
also das Recht, das die EU Organe selber setzen, eben auch entsprechend europarechtskonform ist.
Und eben hier auch im Wege der Vorabentscheidung des Vorlageverfahrens die Wahrung der Einheitlichkeit der Auslegung des europäischen Rechts,
also klassische obergerichtliche, verfassungsgerichtliche Funktionen, wenn Sie so wollen, und schließlich den EuGH als Verwaltungsgericht,
insbesondere wenn es darum geht, dass Individuen sich gegen Einzelfallmaßnahmen oder Maßnahmen, die eine Einzelfallwirkung haben, beschweren,
also als eine Art Verwaltungsgericht mit Blick auf den Individualrechtsschutz.
Wir haben dann gesehen, die Zuständigkeitsverteilung ist nicht abschließend im EUV geregelt, sondern wir müssen den Artikel 51 der EuGH-Satzung uns dazu anschauen.
Und wir haben dann als erstes der wichtigen Verfahren das Vertragsverletzungsverfahren kennengelernt,
also das Verfahren, in dem es letztlich darum geht, festzustellen, ob ein Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen aus dem EUV bzw. aus dem Sekundärrecht eben genüge getan hat.
Wir haben gesehen, dass es hier zwei unterschiedliche Möglichkeiten gibt, diese Klage zu erheben, einmal durch die Kommission nach Artikel 258,
einmal durch einen anderen Mitgliedstaat nach Artikel 259.
Wir haben dann auch gesehen, dass in jedem Fall ein zwingendes Vorverfahren einzuhalten ist, dass also hier der Kommission,
also die Kommission sozusagen dem Mitgliedstaat zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss und dass dann der Mitgliedstaat sich äußert und erst aus dieser Grundlage die Kommission
dann eben eine entsprechende weitere, mit Gründen versehene Stellungnahmen, wie es dann da heißt, vorlegt und auf dieser Grundlage dann im Zweifelsfall Klage erhoben werden kann.
Wir haben auch gesehen, dass dieses Urteil, das Urteil gegen ein Mitgliedstaat wegen Vertragsverletzung eben über einen spezifischen Durchsetzungsmechanismus verfügt,
nämlich ein weiteres Klageverfahren, das sich anschließt, also nicht gleich im Urteil selber wird festgesetzt für den Fall, dass der Mitgliedstaat sich hier europarechtswidrig insofern verhalten hat,
als er dem Urteil nicht folgt, sondern erst in einem zweiten Verfahren, in einer Art Durchsetzungsvollstreckungsverfahren wird eben dann festgestellt,
ob der Mitgliedstaat den Pflichten aus dem Urteil Folge geleistet hat und wenn das nicht der Fall ist, dann gibt es eben die Möglichkeit, hier einen Pauschalbetrag oder ein Zwangsgeld festzulegen.
Ein Sonderfall, das war der letzte Punkt, den wir in der letzten Sitzung besprochen haben, ist das Verfahren, das in Artikel 263 Absatz 3 vorgesehen ist,
wo eben bereits diese beiden Stufen kombiniert werden können, also insbesondere dann, wenn vollkommen klar ist, dass ein Mitgliedstaat eine Richtlinie nicht umgesetzt hat,
dann ist die Feststellung der Rechtswidrigkeit natürlich sehr einfach, weil man sagen kann, gut, da gibt es eine Richtlinie, die Umsetzungsfrist ist abgelaufen,
der Mitgliedstaat hat noch nichts getan und dann braucht man nicht gewissermaßen sagen, jetzt machen wir erstmal einen Urteil und dann stellen wir fest, ob der Mitgliedstaat dann vielleicht mal was tut,
sondern wenn dann im Grunde genommen in dem Urteil bereits klar ist oder in dem Verfahren klar ist, er hat sich nicht umgesetzt, dann kann sofort eine entsprechende Sanktion verhängt werden.
Ja, ich möchte heute mit Ihnen die zweite und dritte große Kategorie von Verfahren, von Klagearten besprechen.
Das zweite ist die Nichtigkeitsklage und da würde ich Sie alle bitten, mal den 263 AUV mit mir gemeinsam aufzuschlagen.
Wir sind ja relativ weit hinten im AUV, weil wir uns mit den Verfahren vor dem EUGH beschäftigen.
Noch mal, dass Sie sich den Überblick verschaffen. Es beginnt bei 251, zunächst mit den Zusammensetzungen und den Verfahren und dann den Zusammensetzungen und der Verfahrensordnung
und dann beginnt es eben ab 258 mit den einzelnen Klagearten und wir schauen uns jetzt die Artikel 263 einmal gemeinsam an.
Da heißt es also, der Gerichtshof der EU überwacht die Rechtmäßigkeit der Gesetzgebungsakte sowie die Handlung des Rates der Kommission und der Europäischen Zentralbank.
Und dann geht es noch ein bisschen weiter und der Handlung des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates mit Rechtswirkung gegenüber Dritten.
Also wichtig ist hier der Hinweis, er überwacht zum einen die Rechtmäßigkeit der Gesetzgebungsakte, also der gemeinsam von Rat und Parlament erlassenen normativen Grundlagen des Sekundärrechts
und zum anderen Handlungen des Rates und der weiteren Organe. Also einmal Gesetzgebungsakte, zum anderen Handlungen, Maßnahmen, Entscheidungen sind natürlich letztlich auch die Gesetzgebungsakte.
Die werden aber hier nochmal besonders herausgestellt. Also es ist eine Klage gegen EU-Organe wegen deren Verletzung des EU-Rechts und das ist im Kern vor allen Dingen eine Rechtmäßigkeitskontrolle des Sekundärrechts.
Warum ist das so? Weil natürlich dann, wenn die europäischen Organe mit Rechtswirkung handeln, also so handeln, dass eben das Ergebnis ihres Handelns etwas mit Rechtswirkung ausgestattet ist, dann haben wir es mit Sekundärrecht zu tun.
Also es ist nicht relevant, ob jetzt die Kommission oder irgendein Organ ein bestimmtes faktisches Handeln durchführt. Das kann auch europarechtswidrig sein.
Aber im Regelfall ist es eben Handel mit Rechtswirkung. Das heißt also, wir haben es hier mit Sekundärrecht zu tun.
Wenn wir uns den 263 anschauen, dann ist zunächst einmal eine wichtige Kategorisierung zu unterscheiden.
Da heißt es also, in den Absatz 2 zu diesem Zweck, also zum Zweck des Absatzes 1, zum Zweck der Rechtskontrolle, ist der Gerichtshof zuständig für Klagen, die ein Mitgliedstaat, das Parlament, der Rat, die Kommission und so weiter erhebt.
Und dann heißt es in Artikel 3, gibt es nochmal, ist der unter den gleichen Voraussetzungszuständigen für Klagen des Rechnungshofs, der Zentralbank und des Ausschusses der Regionen.
Das heißt also, 2 und 3 sind Klagen, Nichtigkeitsklagen von Mitgliedstaaten und Organen in bestimmten Zusammenhängen.
Das ist die erste Kategorie. In die zweite Kategorie, wenn Sie in den Artikel 263 Absatz 4 hineinschauen, da steht dann der Satz, jede natürliche und juristische Person kann unter den Bedingungen nach den Absätzen 1 und 2 und so weiter klagegeben.
Wir schauen uns das gleich noch genau an.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:25:52 Min
Aufnahmedatum
2015-11-17
Hochgeladen am
2015-11-17 10:47:52
Sprache
de-DE
Die Vorlesung behandelt die Grundstrukturen des institutionellen und materiellen Unionsrechts einschließlich der Grundfreiheiten. Gegenstand der Veranstaltung sind jene Teile des Europarechts, die zum Pflichtstoff des Ersten Juristischen Examens zählen.