So, meine lieben Studierenden, für Sie ist zwischen der ersten und der zweiten Vorlesung
vielleicht eine Woche vergangen, für mich eine Minute.
Ich gehe gleich weiter, merke, dass es schon eine ziemliche Herausforderung ist, so am
Stück eine Vorlesungssitzung nach der anderen in die Kamera zu reden, aber ich will mein
Bestes geben.
Thema heute, Kant.
Ich werde nur eine Sitzung auf Kant verwenden, weil ich unterstelle, dass Sie oder die meisten
von Ihnen vom letzten Semester her Kant noch ein Stück weit in Erinnerung haben.
Ich hatte ja die Vorlesung im Wintersemester 2019-2020 mit einer Vorlesungssitzung zu Kant
beendet.
Einige Punkte werde ich noch mal aufgreifen, aber ich will das nicht als Ganzes wiederholen.
Und es dann heute vor allem in eine Richtung weiter treiben, nämlich Kant als Geschichtsdenker.
Das ist ja, wie ich in der Vorsitzung schon sagte, die dominante Perspektive in dieser
Vorlesungs-Serie, historisches Bewusstsein.
Mir ist dabei wichtig ein Punkt, der auch im letzten Semester schon sehr stark, etwas
von meiner Seite, gemacht wurde.
Ich hoffe, er ist auch stark rüber gekommen, das weiß ich aber nicht.
Nämlich, Kant ist ein dezidierter Reformer.
Also Reformer heißt, okay, die Dinge entwickeln sich, aber Kant will immer bei der Entwicklung
Kontinuität wahren, also radikale Brüche, revolutionäre Brüche vermeiden.
Aus Gründen, die ich noch mal auch erläutern werde.
Ich hatte die schon mal erläutert, aber das ist sicher auch wert, noch mal wiederholt
und ausgebaut zu werden.
Also die bewusste Reformperspektive, Kant ist das eine.
Und die wird dann zum anderen, das wird meine zweite Pronte sein, deutlich machen, dass
die kantische Geschichtsphilosophie ganz bewusst eine bescheidene Zukunftsperspektive eröffnet.
Bescheiden in mehrerer Hinsicht.
Also für Kant bleibt Geschichte offen, aber Geschichte wird dann nicht in den Triumph
der Menschheit über Notwendigkeiten münden.
Geschichte bleibt Aufgabe, eine Aufgabe, die nie ganz eingelöst werden kann.
Und daraus, verbunden mit noch ein paar anderen Aspekten, resultiert auch eine spezifische
Bescheidenheit der kantischen Geschichtsperspektive, die dann noch mal deutlicher wird im Kontrast
mit dem, was später kommt, etwa Fichte, Hegel, Marx.
Zunächst mal Reformdenken.
Kant als Reformdenker.
Ich will einsteigen mit demselben Satz, den ich auch in der Vorlesung letztes Semester
an den Anfang meiner Kant-Darstellung gestellt hatte.
Das ist ein Satz, den Sie alle kennen, wahrscheinlich der berühmteste Satz überhaupt aus dem großen
Opus Immanuel Kantz.
Ein Satz immer wieder zitiert, oft auch recht oberflächlich zitiert, also ich zitiere ihn
auch noch mal.
Sie können das auch mitlesen, haben Sie alles auf dem Zitatenblatt.
Also Zitat, Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.
Die Pointe, Ausgang.
Also der Mensch muss selber gehen, Ausgang.
Nicht wie bei Platon, Höhlengleichnis, wo die Menschen irgendwie gefestelt in der Finsternis
sitzen, bis dann irgendwie der weise Guru, der überlegendes Wissen besetzt, ihre Fesseln
löst und sie so ein bisschen am Schlawitschen packt und auch vielleicht sogar gegen ihren
Willen mit gewissem Zwang aus der Höhle rauszieht.
Bekannt wird niemand rausgezogen aus der Unwissenheit, aus der Unmündigkeit, sondern man muss schon
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:04:32 Min
Aufnahmedatum
2020-04-07
Hochgeladen am
2020-04-10 16:58:08
Sprache
de-DE