2 - "Fate, Freedom and Prognostication" in the Middle Ages [ID:7054]
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Schicksalfreiheit und Prognose sind für das Mittelalter und die mittelalterliche Geschichte

sicherlich nicht die Fragen, die lange Zeit im Zentrum standen. Im Verlauf des Mittelalters hat

sich auch der Umgang damit immer wieder verschoben und neu justiert, weil wir davon ausgehen müssen,

dass innerhalb von 1000 Jahren große Entwicklungsschübe auch geistesgeschichtliche Umwälzungen

bedingt haben. Das trifft beispielsweise zu in Bezug auf die Rezeption arabischen Wissens,

das trifft aber auch zu in Bezug auf die Entstehung der Universitäten, wo Fragen diskutiert wurden,

die früher in den Kloster-Schulen und den Kathedralschulen nicht in dieser Form diskutiert worden sind.

Insofern hat man sich um das Schicksal immer wieder gekümmert, musste aber im Zusammenhang

mit dem christlichen Glauben immer wieder neue Austarierungen und neue Präzisierungen treffen.

Der christliche Glaube und der Ratschluss des einen Gottes ist sicherlich etwas, was lange

Zeit im lateinischen Westen einer zu stark ausgeprägten Schicksalsvorstellung entgegen stand.

Insofern gab es Schicksalsvorstellungen innerhalb des Volkes. Man kann das sehen an Synodalbeschlüssen,

an Verboten in Rechtssammlungen, aber im Grunde die Rezeption des Wissens aus dem arabischen

Bereich, des alten antiken Wissens aus dem arabischen Bereich in Italien und Spanien,

vor allen Dingen im 12. Jahrhundert, hat einen ganz großen Schub ausgelöst, um sich wieder

verstärkt mit diesen Fragen zu beschäftigen. Dazu trat eben auch die Kontaktzone Rom und

Bizanz. Hier ist es sicherlich auch zu großen Austauschprozessen gekommen, denn das, was

man an Prophetie aus der Antike kannte, zum Beispiel die tibortinische Sibylle, die Sibylla

Eritrea und andere sibylinische Weißsagen, wie man sie ja dann im Mittelalter genannt

haben, sind Traditionen, die in Bizanz gepflegt wurden und dann im kurialen Milieu, aber auch

im Milieu verschiedener Orden in Italien ganz groß im 12. und 13. Jahrhundert zum Tragen

gekommen sind. Die Begegnung von Geschichte und Synologie ist meiner Meinung nach fruchtbar,

aber dieser Vergleich zwischen einer Gesellschaft, die nicht einem Eingott Glauben anhängt und

der mittelalterlichen Welt, der muss erst noch erarbeitet werden. Wir sind dort auf einem

guten Wege. Offensichtlich ging man mit Schicksal und Vorherbestimmung in der chinesischen

Gesellschaft auch in verschiedenen Epochen viel leichter um oder war diesen Konzepten

gegenüber viel stärker aufgeschlossen. Und es wird unsere Aufgabe sein, zu ergründen,

ob dies nur eben an den religiösen Voraussetzungen lag oder wie eben dann doch einzelne Entwicklungen

im Lauf der Geschichte Präzisierung ermöglichen. Und wir haben eben auch durch die Fellows

schon einige Themen sehr grundlegend bearbeitet. Beispielsweise kennt man ja gerne Thomas

von Aquin als jemand, der die mittelalterliche Theologie philosophisch mustergültig aufgearbeitet

hat. Aber die Fragen zum Schicksal, die sind bisher kaum in den Blick gerückt worden.

Ein Workshop von einem unserer Fellows hat das gemacht. Diese Ergebnisse sind inzwischen

publiziert. Wir haben uns in anderen Workshops mit großen Texten der Vorhersage und der

mantischen Künste im Mittelalter und in der frühen Neuzeit beschäftigt. Es gab einen Workshop

zur Astrologie oder es gab eben auch einen Workshop zu den politischen Prophetien, gerade

in jüngster Zeit. Und wir werden diese Fragen auch weiter beachten. Wir werden sicherlich

noch stärker zur Astrologie an den jeweiligen Höfen und die politische Bedeutung dieser

Beisagungen bearbeiten. Wir werden zum Zweiten sicherlich auch darüber uns Gedanken machen,

wie sehr eben Fragen von Mirakel und Magie für einen Vergleich mit der sinologischen

Perspektive fruchtbar werden. Und wir werden uns sicherlich auch in großem Maße noch einmal

mit apokalyptischen Vorstellungen beschäftigen über das hinaus, was wir bisher gemacht haben,

um auch die Frage zu stellen, inwieweit das moderne wissenschaftliche Weltbild im Westen

durch diese apokalyptischen Vorstellungen geprägt worden ist. Eine These, die ja beispielsweise

Johannes Fried für das Mittelalter vertreten hat. Diese These wird sicherlich im Vergleich

noch manche Ergebnisse weiterzeitigen.

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Klaus Herbers Prof. Dr. Klaus Herbers

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:05:31 Min

Aufnahmedatum

2012-06-01

Hochgeladen am

2016-11-30 11:32:35

Sprache

de-DE

At the IKGF, Sinology and Medieval History meet both bringing in the history and tradition of their respective subjects. As different as these sciences are, they are dealing with the topic of the Consortium, “Fate, Freedom and Prognostication”, from their own perspectives. Klaus Herbers, director of the Medieval History Department at the FAU, reviews the academic research of the Consortium to date, also stating the forthcoming aims and anticipated results of the cooperation between Sinology and History.

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