Nun also zunächst eine Einordnung von Betriebssystem in einen größeren Kontext.
Betriebssysteme und Systemprogrammierung sind eng miteinander verbunden. Mit der
Systemprogrammierung erstellen wir Infrastruktur Software für Rechensysteme und eine wichtige
Komponente dieser Infrastruktur Software ist eben ein Betriebssystem. Ab wann man nun diese
Software, diese Infrastruktur Software als ein Betriebssystem bezeichnet und wann eher nicht?
Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Hier gab es auch schon Glaubenskriege. Wir müssen
einfach sehen, dass man auf der einen Seite Kleinstsysteme hat, Winzlinge, wo wir vielleicht
nur von ein paar hundert Programmenzeilen sprechen, die betriebssystemartige Funktionen auf einem
Rechensystem repräsentieren, bis hin zu riesigen Systemen, wo wir Millionen von Programmenzeilen
halt haben, die letztendlich die Infrastruktur Software allein nur eines Betriebssystems ausmachen
würden. Das hat mit dem Anwendungsbereich zu tun. Auf der einen Seite ist seitens des
Anwendungsbereichs nur eine sehr einfache Prozedur zu unterstützen. Auf der anderen Seite sehen wir
komplexe Programmsysteme, die auf einem Rechensystem ablaufen sollen und entsprechend sind die
Funktionalitäten, die die Infrastruktur Software, die also ein Betriebssystem denn repräsentieren,
muss auch sehr unterschiedlich. Wichtig ist für uns zu sehen, dass Betriebssysteme nie dem
Selbstzweck dienen und von daher auch die Frage, ab wann eigentlich eine Infrastruktur Software als
Betriebssystem gilt, irrelevant ist. Es geht um den Anwendungsbereich. Wir sehen heute, dass jedes
Rechensystem durch ein Betriebssystem betrieben wird. Da mag es denn Ausnahmen geben, also spezielle
Hardwaresysteme, wo die Funktionalitäten, die von diesem Rechensystem zur Verfügung zu stellen sind,
komplett auch in Hardware gefertigt werden können. Wir also eigentlich kein Stück Software benötigen,
um dieses Rechensystem zu betreiben und die Anwendung, die auf diesem System laufen soll,
dann halt zu bedienen. Normalerweise sehen wir heute Rechensysteme, wo Softwareinfrastruktur,
Software drin steckt und ablaufen muss, damit das Rechensystem überhaupt seine Funktion erfüllen
kann. Das gilt für ganz kleine Systeme, die Smartphones etwa, die Notebooks, die wir haben,
Laptops, Desktopsysteme, Serversysteme, bis hin zu den Großrechnern, die wir auch noch sehr häufig
in großen Rechenzentren denn vorfinden. Hier haben wir ja die größeren Systeme, hier haben wir
den Betriebssysteme drauf zu laufen, die wir denn wirklich Millionen von Zeilen von Programmcode
erfordern müssen. Es ist durchaus ein Schicksal aller Studierenden der Informatik, sich mit
Betriebssystemen beschäftigen zu müssen. Schon alleine deshalb, weil man ja mit Rechensystemen
umgehen muss, man benutzt sie, sind Betriebssysteme ein Handwerkszeug der Informatik. Gelegentlich
muss denn dieses Handwerkszeug so beherrscht werden, dass man in der Lage ist es anzupassen
für einen bestimmten Anwendungszweck. Da muss man schon relativ tief reingehen in die Implementierung
solcher Systeme. Oder man ist in der Lage, Systeme, Betriebssysteme selbst anzufertigen,
weil man feststellt, dass keins der bestehenden Systeme in der Lage ist, die speziellen Funktionalitäten,
die aus dem Anwendungsbereich kommen, idealerweise zu unterstützen. Es gibt ganz alte Systeme,
die heute noch präsent sind. Typische Vertreter kommen von IBM. Alte IBM Betriebssysteme wie
dieses VM370, was in den 1970er Jahren entstanden ist, läuft heute noch auf Rechner. Nicht die
Hardware von damals. Die Systeme sind längst portiert worden auf Hardware von heute. Sie
laufen bei IBM zumindest vorwiegend in virtuellen Maschinen ab, wo denn durchaus auch Hardware
von damals nachgebildet wird, sodass die Betriebssysteme heute noch ihre Aufgabe gut erfüllen können.
Der Bankenbereich, der Geschäftsbereich allgemein ist beherrscht, wenn man so will, von durchaus
IBM Systemen, wo denn tatsächlich auch diese Betriebssysteme von IBM auch heute noch präsent
sind. Ähnlich, nicht ganz so weit verbreitet wie eben gesagt mit IBM sind Betriebssysteme,
die die Firma DEC damals vor vielen Jahren hervorgebracht hat. Die Firma DEC gibt es
nicht mehr, aber es gibt immer noch vereinzelt Betriebssysteminstallationen, die in sehr speziellen
Bereichen eingesetzt werden, wo man besondere Leistungsanforderungen an das gesamte Rechensystem
stellt, wo etwa Fehlertoleranzmaßnahmen greifen müssen, die von den herkömmlichen
anderen Betriebssystemen nicht so in der Form unterstützt werden. Oder weil man schlichtweg
auch noch Altsoftware-Altanwendungen zu laufen hat, die auf diese Rechensysteme, etwa auf
ein VMS-System zurückgreifen müssen. Ansonsten kennt man natürlich die Familie von Windows-Systemen.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:13:05 Min
Aufnahmedatum
2020-05-01
Hochgeladen am
2020-05-01 17:36:18
Sprache
de-DE