Warum finden Verschwörungstheorien aktuell so viel Zuspruch?
Da gibt es sehr unterschiedliche Thesen, aber eine These, die immer wieder im Raum steht
und noch eine gewisse Plausibilität hat, ist die, dass Online-Kommunikation und Social
Media einen großen Unterschied machen.
Allein schon quantitativ.
Es wird mehr und schnelleres Wissen kommuniziert an mehr Leute und das bekommt dann wieder
eine dritte mit, die möglicherweise sozusagen viral angesteckt werden.
Aber gab es Verschwörungstheorien nicht schon immer?
Es gab natürlich immer Gedanken oder Ideen darüber, dass es böse Verschwörungen gibt,
die man entlarven muss.
Zum Beispiel hat 41 vor Christus der römische Historiker Salust geschrieben über die Verschwörung
des Catalina gegen die römische Republik.
Die gab es tatsächlich.
Und wenn man sich diesen Text ansieht, dann hat der auch so einen Touch von moderneren
Verschwörungstheorien.
Da wird sehr viel moralisiert, sehr viel unterstellt, vermutlich auch mehr als tatsächlich der
Fall war. Dennoch würde ich sagen, dass Verschwörungstheorien eigentlich erst in modernen
Öffentlichkeiten florieren und floriert haben, also so ungefähr ab der Aufklärung.
Denn wie schon angedeutet, glaube ich, es gibt hier eine mediale Komponente, also öffentlicher
Austausch, Massenmedien auch der Art, wie sie im späten 18.
und vor allem im 19.
Jahrhundert üblich waren Zeitungen, Pamphlete sind nötig, um entsprechendes Wissen tatsächlich
unter das Volk zu bringen.
Warum werden Verschwörungstheorien gefährlicher?
Da steckt ja eine These dahinter. Werden Verschwörungstheorien gefährlicher?
Und man könnte zurückfragen, aus welcher Perspektive, für wen eigentlich?
Sie meinen vielleicht für die Demokratie, für unsere moderne liberale Demokratie.
Und auch hier könnte man sagen, da waren Verschwörungstheorien klassischer Art immer
schon ein Problem.
Was wir aber im Moment beobachten mit diesen Verschwörungsgerüchten, die inkohärent
sind, die überall an jeder Ecke, auf jeder Social Media Seite florieren und die auch von,
ich würde mal sagen, Verschwörungstheorieunternehmern sich zu Nutze gemacht werden, hat
nochmal eine andere Qualität.
Die Auswirkungen sind hier, glaube ich, weniger gefährlich im Sinne von Ideologisierung,
die Verbreitung von kohärenten, radikalen Weltanschauungen.
Aber dieser Effekt der Unterminierung des Vertrauens in Institutionen, in Akteure ist
noch ausgeprägter. Also eigentlich kann man reden mit einem Ausdruck von Konstanzer
Forscherin von einer Misstrauensgemeinschaft, die hier gebildet wird.
Und auf so einer Basis von kursierenden Misstrauen lässt sich eigentlich ganz schwer
demokratisches Miteinander errichten, wenn Misstrauen so weit gesät ist.
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:03:06 Min
Aufnahmedatum
2025-07-15
Hochgeladen am
2025-07-15 15:46:03
Sprache
de-DE
Wie verstärkte die Digitalisierung die Verbreitung von Verschwörungstheorien - und tut es bis heute? Professorin Dr. Eva Marlene Hausteiner (Lehrstuhl für Politische Theorie und Ideengeschichte) erklärt, dass es Verschwörungsgerüchte schon immer gab, diese heute aber lauter und fragmentierter sind und daher eine große Gefahr für die Demokratie darstellen.
Quellen:
Imhoff, Roland (2023). Psychologische Bedürfnisse hinter Verschwörungsglauben. Schwerpunkt. Abgerufen von https://www.bzkj.de/bzkj/service/publikationen/bzkj-aktuell/psychologische-beduerfnisse-hinter-verschwoerungsglauben-175466