Zunächst einmal hat sich international durchgesetzt, dass man bei Vorträgen seine finanziellen
Interessenkonflikte offenlegt, was ja was sagt.
Ich habe leider keine, die wollen mir irgendwie kein Geld geben, aber es zeigt immerhin,
wie es geht.
Überversorgung, der Gedanke, dass es sowas gibt, ist nicht neu.
Der hat ja auch was mit Misstrauen gegenüber Ärzten zu tun.
Das ist hier so die finster Variante dieses Verdachts und das ist aus dem Faust von Goethe,
aus dem ersten Teil hier, war die Arzenei, die Patienten starben und niemand fragte, wer
genas.
So haben wir mit höllischen Latvergen in diesen Tälern, diesen Bergen weit schlimmer
als die Pest getobt.
Ich habe selbst das Gift an Tausende gegeben, sie wägten hin, ich muss erleben, dass man
die frechen Mörder lobt.
Falls Sie nicht wissen, was Latverge sind, das ist etwas unmodern, das ist Medizin in
Breiform, aber das lässt sich nicht gut in so Packungen packen und wahrscheinlich hat
man es deswegen verlassen.
In dem Fall ist es eine Paste oder ich nehme irgendetwas vor, wie so eine Marmelade oder
so.
Das ist der Trost.
Wir machen sehr viel und das ist aus Krieg und Frieden von Tolstoy, obwohl ihn Ärzte
den Patienten, obwohl ihn Ärzte behandelten, ihn zu Adar ließen und ihm Medizin zu schlucken
gaben, wurde er doch wieder gesund.
Das ist etwas, was oft nicht bedacht wird, dass man nicht nur wegen, sondern trotz Medizin
gesund werden kann und das will ich Ihnen allen wünschen in den Fällen, wo die Medizin
zu viel ist.
Nur um Missverständnissen vorzubeugen, ich bin kein Medizinfeind, ich bin Medizinprofessor.
Das wäre irgendwie widersinnig, wenn ich hier gegen die Medizin wüten würde oder
auch nicht anerkennen würde, was Großartiges geleistet wird und das wird es.
Das ist wirklich so, dass auch ich als Hausarzt immer wieder staune, wie in den oft sehr spezialisierten
Disziplinen doch immer wieder Dinge möglich werden und zur Routine werden und mit großer
Sicherheit passieren.
Es gibt viele kleine Wunderoperationen, ob es die künstlichen Hüften nach Schenkelhalsfrakturen
sind, die früher ein Todesurteil waren, wo man heute am nächsten Tag wieder auf den
Füßen steht oder der graue Star, der im fortgeschrittenen Stadium ein weites Gehen
blind macht und plötzlich sieht man wieder klar, oder, oder, oder.
Da gibt es eine ganze Menge.
Es gibt auch Unterversorgung, es gibt auch einen Zusammenhang zwischen Über- und Unterversorgung.
Ich habe das, wer das nachlesen will, im deutschen Erzblatt vor zwei Jahren mal geschrieben
in dem Artikel, die Folgen der Moderne, dass in unserem Streben nach immer höher, schneller,
weiter und immer größeren Fortschritten wir manchmal vergessen, das zu tun, was wir längst
wissen.
Das ist auch ein sehr menschliches Problem.
Noch größer ist natürlich die Unterversorgung, wenn man sich das global ansieht.
Also wie die medizinischen Zustände, die Versorgung in anderen Ländern aussieht, außerhalb Europas
vor allem, dann wird es einem schon manchmal, gerade als Arzt, auch weh ums Herz.
Ja, und ganz klar, es gibt viele gute Ärzte, die sich bemühen, alles richtig zu machen.
Und trotzdem können auch denen manchmal Dinge unterlaufen, die sie gar nicht selber so merken,
weil ganz viele, auch subtile Einflüsse auf unser Handeln bestehen.
Und ich will ihnen das zeigen.
Das ist so der Mythos, wie wir, wie Sie als Patienten Ärzte gerne hätten, wie wir als
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:03:28 Min
Aufnahmedatum
2019-05-13
Hochgeladen am
2019-05-20 09:13:31
Sprache
de-DE
Medizin ist etwas Gutes. Aber auch in der Medizin gibt es „des Guten zu viel“. Woran liegt es, dass immer mehr Patienten, aber auch Ärzte sich in unserem Gesundheitssystem nicht mehr wohl fühlen? Sind die Ärzte zu profitorientiert? Sind die Patienten zu anspruchsvoll? Ist vielleicht die Politik schuld? Oder sind wir es am Ende alle gemeinsam? Wer aber profitiert davon und wer leidet darunter, dass die Medizin so geworden ist, wie sie ist? Wie kann man zwischen sinnvoller, unnützer oder gar schädlicher Medizin unterscheiden? Thomas Kühlein ist Direktor des Allgemeinmedizinischen Instituts und greift diese und viele weitere Fragen in seinem Vortrag auf.