Herzlich willkommen zu unserem nächsten Podcast. Es geht heute um den Rücktritt vom Versuch.
Und bevor Sie sich Gedanken machen wegen der Farbe hier meines T-Shirts, dieses Video wird nicht mit freundlicher Unterstützung der Müllabfuhr Erlangen präsentiert, sondern ich wollte nachher vielleicht noch ein bisschen laufen gehen, aber vorher noch ein oder zwei Podcasts für Sie aufnehmen.
In diesem ersten Podcast wird es um die Grundlagen gehen und wir werfen einen kurzen Blick auf das Prüfungsschema des Rücktritts.
Im zweiten Podcast dann wird es um die einzelnen Punkte des Prüfungsschemas gehen und im dritten Podcast dann um Sonderfragen des Rücktritts.
Also Rücktritt vom Versuch, wo befinden wir uns da?
Rufen wir jetzt noch mal das Versuchsprüfungsschema in Erinnerung. Wir haben da also die Vorprüfung, die meistens sehr schnell geht. Dann haben wir den Tatbestand mit Tatentschluss und unmittelbarem Ansetzen, wo sich eben all die Probleme stellen können, die in den letzten Podcast behandelt worden sind.
Dann Rechtsfähigkeit und Schuld, typischerweise ohne Probleme. Und dann gibt es eben diesen Sonderpunkt, den § 24 StGB, den Rücktritt vom Versuch, den wir vom vollendeten Delikt her nicht kennen,
wo es also beim vollendeten Delikt im Grunde genommen typischerweise keine Entsprechung gibt, sondern die ein Spezifikum der Versuchsstrafbarkeit darstellt.
Wollen wir uns kurz ein paar Grundlagen anschauen? Also geregelt ist das Ganze in § 24 StGB, den wir uns vom Wortlaut her auch gleich noch genauer ansehen werden.
Und der Rücktritt vom Versuch ist nach herrschender Meinung, das hatte ich schon mal einleitend gesagt in einem Podcast, ein persönlicher Strafaufhebungsgrund, also kein Entschuldigungsgrund, der die Schuld ausschließt, sondern trotz rechtswilliger und schuldhafter Verwirklichung des Versuchstatbestandes kann der Täter nachträglich Straffreiheit erlangen.
Aufbau-mäßig spielt das letztlich keine große Rolle, ob man das als speziellen Entschuldigungsgrund prüfen würde am Ende der Schuld oder ob wir es unter einer neuen Überschrift prüfen, aber gängig wird eben der Versuch nicht als Entschuldigungsgrund angesehen, sondern als persönlicher Strafaufhebungsgrund.
Und auch wenn es so eine gewisse Plausibilität, prima Fazit vielleicht hat und wir einfach auch sagen können, gut, wenn es diese gesetzliche Regelung gibt, dann wenden wir eben auch den § 24 an, ist es natürlich trotzdem ganz interessant, sich zu überlegen, warum gibt es das überhaupt?
Warum gibt es beim Versuch die Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts? Was ist also der Grund für die Straflosigkeit und da werden in der Theorie verschiedene Ansätze vertreten.
Teilweise wird mit den Strafzwecken argumentiert und es wird gesagt, der Rücktritt lässt sowohl die Spezial- als auch die generalpräventiven Gründe für eine Strafe entfallen. Spezialpräventive Gründe, also der Täter wurde von selbst wieder rechtstreu, er muss nicht irgendwie wieder resozialisiert, gebessert werden und generalpräventiv, das Vertrauen in die Rechtsordnung wird schon durch den Rücktritt gestärkt.
Wir müssen also keine kontrafaktische Normstabilisierung durchführen, weil es eben den Rechtsbruch gegeben hat, sondern diese Normstabilisierung, diese Rückkehr sozusagen zum Recht, erfolgt schon durch den Täter selbst, also Orientierung an den Strafzwecken.
Andere argumentieren eher aus der Täterperspektive und sagen, letztlich ist der Rücktritt zu einer Art Belohnung für den Täter, wir sprechen ja auch von der Verdienstlichkeitstheorie, natürlich schließen sich diese beiden Ansätze nicht notwendig aus,
sondern man könnte auch sagen, diese Rückkehr des Täters sozusagen zum Recht im Sinne der Strafzwecktheorie ist etwas, was wir auch honorieren müssen im Sinne der Verdienstlichkeitstheorie.
Und wiederum eine andere Auffassung sagt, der Täter hat letztlich seine Pflicht zu Wiedergutmachung selbst erfüllt und deswegen dann eigentlich so das, wozu er aufgrund seiner Schuld verpflichtet wäre, wiederhergestellt, sogenannte Schulderfüllungstheorie.
All diese Theorien haben sicherlich richtige Ansätze und wie ich eben schon angedeutet habe, schließen sich auch nicht notwendig aus.
Herrschendes allerdings ein vierter Ansatz, nämlich eine kriminalpolitische Theorie, die sagt, wir können durch den Rücktritt vom Versuch, durch diese Regelung, dem Täter eine Brücke in die Rückkehr zur Legalität bauen, die letzten Endes auch dem Opfer Schutz dient.
Wenn wir einen Täter haben, der einen Versuch begangen hat und der nun sieht, der Versuch ist noch nicht zu Ende gebracht, die Tat ist noch nicht vollendet, das Opfer ist beispielsweise noch nicht tot und er wüsste jetzt, ich werde dafür bestraft, egal was ich tue, ja dann ist auch schon wurscht, dann kann ich das Opfer jetzt auch gleich noch umbringen.
Wenn der Täter dagegen weiß, das hat es nicht geglaubt, Hoppler, ich könnte ja zumindest von dem Tötungsversuch wieder straffrei werden, wenn ich das Opfer jetzt rette, es bleibt dann zwar die Strafe wegen Körperverletzung gegebenenfalls, aber die wiegt ja nicht so schwer, aber jedenfalls von diesem schwerwiegenden Tötungsvorwurf kann ich wegkommen, wenn ich das Opfer rette, dann ist das etwas, was im Interesse des Opfers eigentlich liegt, dass wir dem Täter hier die Straffreiheit sozusagen als Motivation, als Brücke zurück in den Bereich des Täters bringen.
In den Bereich des Rechts, als Goldene Brücke letzten Endes dann zur Verfügung stellen, also kriminalpolitische Theorie.
Sehr häufig werden diese verschiedenen Ansätze letzten Endes bei irgendwelchen Auslegungsproblemen, ob in einer bestimmten Konstellation der Versuch möglich sein soll oder nicht möglich sein soll, in eine ganz ähnliche Richtung führen.
Und an der Stelle, wo wir gewisse Zielkonflikte haben, wir werden ein, zwei solche Fälle kennenlernen im Rahmen der nächsten Podcast, spricht Meiser Achtens viel dafür diesen Opferschutzgedanken besonders zu betonen, das hat letztendlich damit zu tun, dass das ganze Strafrecht dem Rechtsgüterschutz dient und wenn wir jetzt hier die Situation haben, dass eine Zurücknahme des Strafrechts möglicherweise für den Opfer und damit für den Rechtsgüterschutz günstiger ist, dann sollte man das im Grunde genommen auch heranziehen.
Sie müssen da außer bei irgendwelchen Auslegungsschwierigkeiten, wo Sie vielleicht mal mit dem Zweck des Rücktritts argumentieren können, nicht auf diesen Grund für die Straflosigkeit in der Klausur eingehen.
Es gibt in § 24 und da wenden Sie ihn eben an und müssen sich darüber, warum es ihn gibt, keine großen Gedanken machen, aber wie gesagt bei Auslegungsproblemen an den Rennen, dann kann das vielleicht mal ganz interessant sein.
Gut, das zu den absoluten Grundlagen sozusagen. Jetzt werfen wir mal einen Blick auf die gesetzliche Regelung im Detail. Schlagen Sie sich mal den § 24 auf.
§ 24 Absatz 1 lautet, wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder dessen Vollendung verhindert, wird die Tat ohne Zutun des Zurücktreten nicht vollendet, so wird er straffrei, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
Also wir haben im Prinzip drei verschiedene Varianten, das freiwillige Aufgeben der Tat, das freiwillige Verhindern des Erfolges oder auch ein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen um die Verhinderung, wenn unabhängig vom Handeln des Täters der Erfolg nicht eintritt.
Das ist die Regelung im § 24 Absatz 1 für den Alleintäter.
§ 24 Absatz 2 lautet, sind an der Tat mehrere beteiligt, also Regelung für mehrere Beteiligte, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert, jedoch genügt seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.
Das klingt jetzt erstmal noch etwas kompliziert, müssen wir jetzt auch noch nicht vertiefen, aber jedenfalls haben wir auch hier die Möglichkeit des freiwilligen Verhinderns des Erfolges oder des freiwilligen und ernsthaften Bemühens um die Verhinderung.
Wichtig ist, dass Sie den Absatz 1 und den Absatz 2 auseinanderhalten von seinem Anwendungsbereich her.
Absatz 1 ist für den Rücktritt des Alleinteters da, Absatz 2 für den Rücktritt bei mehreren Beteiligten.
Da gibt es auch im Detail dann noch Abgrenzungsprobleme, was mache ich etwa mit dem Täter, der alleine am Tatort ist und es gibt nur im Hintergrund einen Anstift oder werden wir irgendwann auch noch mal ausführlicher drüber sprechen, aber jedenfalls die grundsätzliche Unterscheidung.
Absatz 1 Rücktritt des Alleinteters, Absatz 2 Rücktritt bei mehreren Beteiligten und Sie sehen schon, ich habe auch versucht das ein bisschen optisch klar zu machen in der Gegenüberstellung.
Bei Absatz 1 haben wir eine Rücktrittsalternative mehr oder eine Rücktrittsvariante mehr, nämlich in Satz 1 Alternative 1 das freiwillige Aufgeben der Tat, das bloße nicht weiterhandeln scheint unter bestimmten Voraussetzungen beim Alleintäter zu genügen, bei mehreren Beteiligten nicht, Klammer auf oder zumindest nicht unbedingt, Klammer zu.
Auf Details gehen wir ein, wenn wir uns mit dem Rücktritt bei mehreren Beteiligten beschäftigen, nur so viel vielleicht schon zum Verständnis, warum ist das so? Warum kann der Alleintäter leichter zurücktreten als mehrere?
Nun das liegt an der größeren Gefährlichkeit zu einer Situation mit einer gewissen Gruppendynamik, wenn mehrere mal mit der Tat begonnen haben, dann kann es natürlich auch sein, wenn einer sagt, ich mache jetzt nicht mehr mit, das wäre die Situation, freiwilliges Aufgeben der Tat, dass die anderen sagen, ist uns doch egal, auf der Grundlage dessen, was wir jetzt schon zu 2, 3, 4. geschaffen haben, bringen wir die Tat zu Ende sozusagen, also dieses, ich mache jetzt nicht mehr weiter und deswegen passiert, Klammer auf zumindest unter bestimmten Umständen,
Klammer zu, dann auch letztlich dem Opfer nichts mehr, das ist eben bei mehreren Beteiligten nicht ohne Weiteres möglich und deswegen haben wir hier strengere Rücktrittsanforderungen, wie gesagt, da schauen wir uns im Detail aber dann zu gegebener Zeit noch an.
Das ist also der nicht ganz unkomplexe Wortlaut des Paragrafen 24, selbst wenn wir nur auf den Paragrafen 24 Absatz einschauen, ist das schon nicht so ganz einfach und deswegen empfiehlt es sich meines Erachtens, statt der doch schwer überschaubaren und auch etwas verschachtelten Formulierung in Paragrafen 24, ein eigenes Prüfungsschema anzuwenden, das natürlich an den gesetzlichen Regelungen zwingt,
an den gesetzlichen Regelungen formuliert ist und an dem was die Rechtsprechung und Lehre an Rücktrittsdogmatik herausgearbeitet haben, was aber nicht genau jetzt hier der Reihenfolge der Sätze im Gesetz folgt, sondern so ein bisschen anderen Kategorien das letzten Endes prüft.
Dieses Schema, das wir uns gleich gemeinsam anschauen wollen, ist absolut herrschende Meinung. Ich habe Ihnen ja schon öfters gesagt, ich erzähle Ihnen keine exotischen Dinge, die nur ich richtig finde und alle anderen finden sie falsch oder wenn würde ich Sie darauf hinweisen. Also das ist absolut herrschende Meinung, wird von der Rechtsprechung dem Grunde nach herangezogen, wenn die mal wirklich einen Fall vollständig durchprüfen und entspricht auch der ganz herrschenden Meinung in der Ausbildungsliteratur.
Sie können mitunter gelegentlich in irgendwelchen Aufsätzen dann auch Beiträge von irgendwelchen, entschuldigen Sie den Begriff, Klugscheißern lesen, die sagen, ja, aber da steht so gar nicht explizit im Gesetz und da werden dann irgendwelche dogmatischen Sekundärkategorien gebildet, toller Begriff, dogmatische Sekundärkategorien, also im Sinn von Begriffe, die nicht im Gesetz so stehen, machen wir natürlich dauern letzten Endes.
Also da werden dann dogmatische Sekundärkategorien gebildet, unter die subsumiert wird statt unter den Gesetzeswörtern und das ist alles ganz ganz schrecklich.
Ich würde es nicht so sehen, ich würde denken, dass dieses Schema, das wir jetzt gleich besprechen werden, durchaus der gesetzlichen Regelung und Systematik entspricht und das eben nur sozusagen für die Prüfung ein bisschen besser aufbereitet.
Unabhängig davon aber, selbst wenn es so wäre, dass das Kategorien eben sind, die so nicht unmittelbar im Gesetz stehen, die aber von der Rechtsprechung und von der ganz herrschenden Lehre so anerkannt werden, dann bitteschön, auch wenn Sie alle noch jung sind und nicht so alt und verknöchert wie ich,
seien Sie auch mit Ihren 20, 21, 22 Jahren, die Sie sind oder noch jünger, seien Sie ausnahmsweise mal opportunistisch und prüfen Sie es so, wie es Ihnen beigebracht wird und wie es alle machen.
Das ist hier kein Glaubenskrieg, wo Sie sich irgendwie beweisen können, indem Sie sagen, aber ich mache das komplett anders als es die Herrschende Meier macht.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:27:17 Min
Aufnahmedatum
2021-05-18
Hochgeladen am
2021-05-18 08:37:00
Sprache
de-DE