Wir möchten in dieser ersten Prodiumsdiskussion gerne anknüpfen an einige erste Eindrücke des
heutigen Tages in diesem breiten, vielseitigen und vor allem auch nicht ganz unkomplexen Bereich,
den wir schon durch die Impulsvorträge kennenlernen durften. Wir möchten jetzt,
wir möchten jetzt weiter und tieferblickend reingehen in die strukturellen Rahmenbedingungen,
in die rechtlichen Rahmenbedingungen des Feldes in die Gesundheitsversorgung von geflüchteten
Menschen in Deutschland und Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus. Ich bin sehr froh,
dass ich das nicht allein tun muss, sondern dankenswerterweise die Expertise anzapfen kann
von meinen drei Panelistinnen und zwar Frau Yukako Karato, die Referentin für Versorgungsanalyse
bei der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Geflüchtete und
Folteropfer kurz BAF. Ich habe es lieber jetzt noch mal abgelesen. Sie ist dort zuständig für
die Erhebung und Analyse von Daten zur Versorgungssituation von geflüchteten Menschen
und sie ist dort auch zuständig für die Kooperation mit wissenschaftlichen Einrichtungen.
Daneben ist die Mitautorin des psychosozialen Versorgungsberichts der BAF, der jährlich
veröffentlicht wird. Vielleicht auch noch mal ein Publikationshinweis. Zusammen mit Frau Karato
sitzt Herr Markus Wächter-Racquet ganz am äußeren Ende des Panels und Herr Wächter-Racquet ist sowohl
praktisch als auch wissenschaftlich, als auch was Policyarbeit angeht, glaube ich, ganz gut
aufgestellt. Er ist examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger und Diplompflegewirt,
seit 2008 Fachreferent der Kooperationsprojekte der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie
für Sozialmedizin Niedersachsen und der Landesvereinigung für Gesundheit Bremen.
Dort haben sie den Arbeitsbereich Migration und Gesundheit mit aufgebaut. Sie sind auch
Mitglied in einigen Arbeitsgruppen und Netzwerken, unter anderem der bundesweiten Koordinierungsgruppe
des Forums für eine kultursensible Altenhilfe und des bundesweiten Arbeitskreises Migration
und öffentliche Gesundheit angesiedelt bei der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung.
Und last but not least, Corinna Stöxsen, hier direkt zu meiner Rechten. Corinna Stöxsen ist
Diplomverwaltungswirtin und war jahrelang im städtischen Sozialamt tätig, das heißt hier
dann auch mit dem von uns diskutierten Themenfeld in Berührung berufsbegleitend, studierte sie
Rechtswissenschaft an der Universität Bielefeld. Von 2018 bis 2021 war sie Teil des interdisziplinär
angelegten Forschungskollegs Flüge, Flucht, Flüchtlingsmigration und Gesundheitsversorgung.
Seit 2020 ist Corinna auch Mitglied im Kreistag Minden-Lübecke und im Landschaftsverband
Westfalen-Lippe und setzt sich dort für die Themen Soziales und Gesundheit ein, das heißt
hier haben wir auch quasi einen Doppelhut. Corinna Stöxsen arbeitet außerdem an einer
Dissertation zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden mit
dem Ziel diese zu erfassen und zu systematisieren. Ich glaube, ich würde tatsächlich, nachdem ich mir
kurz Wasser eingeschränkt habe, direkt hieran anknüpfen wollen und dich liebe Corinna bitten,
uns ein bisschen in dieses Feld weiter einzuführen, das heißt uns konkreter zu schildern, was sind
eigentlich hier die rechtlichen Eckpunkte, was sind aber vielleicht auch direkt schon die rechtlichen
Problemlagen, die sich daraus ergeben. Das ist schließlich dein Arbeitsschwerpunkt, deswegen habe
ich die große Hoffnung, dass du uns hier in aller Kürze einen wunderbaren Überblick geben kannst.
Ja, also der Personenkreis, auf den sich diese Gesundheitsleistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes beziehen, das sind nicht diejenigen, die eine positive Entscheidung bekommen haben, also eine Anerkennung als KK-Flüchtigen oder als Subsidiatschützer, sondern diejenigen, in den ersten 18 Monaten ihres Aufenthalts, die noch ohne Entscheidung sind oder die eine negative Entscheidung bekommen haben.
Mit großem Ganzen gibt es nur zwei Paragrafen in diesem Gesetz, die diese ganzen Gesundheitsleistungen regeln, Paragraf 4 und Paragraf 6.
Da ist schon mal ein Riesenunterschied zu unserem Riesenregelwerk, der regelt, was wir an Leistung bekommen.
Nach Paragraf 4 werden in erster Linie, oder da gibt es wirklich einen originellen Leistungsansprung, Ansprüche darauf, dass medizinische Leistung erbracht werden, wenn man Schmerzen hat oder wenn man akut erkrankt ist, das ist auch schon ein, zwei Mal gefallen im Vorfeld.
Aber auch bei Geburt, Wochenbett, im Vorfeld schon in der Schwangerschaft, gibt es einen Leistungsanspruch und dieser Anspruch besteht sogar im Umfang auf dem Niveau unserer Krankenversicherung.
Bezogen auf diese Leistung nach dem Paragraf 4 gibt es einen Sicherstellungsauftrag.
Die Kommunen, die nachdem die Menschen weiter verteilt wurden aus den Landeserstaufnahmeeinrichtungen, sind dafür zuständig und müssen sicherstellen, dass diese Leistung tatsächlich erbracht werden können und auch erbracht werden.
Es gibt drei verschiedene Optionen, wie das geschehen kann. Es gibt einmal die Option, dass die Behörden das durch die Gesundheitsämter direkt ausführen lassen oder Ärzte unter Vertrag nehmen, die denn speziell für diese Personen zuständig ist.
Das wird relativ selten gemacht, passiert aber unter anderem in den Ankerzentren und auch in Abschiebehaftanstalten.
Dann gibt es die zweite Option, vor der häufiger Gebrauch gemacht wird, indem die Kommunen Behandlungsscheine ausgeben.
Da steht im Grunde auf dem Behandlungsschein eine kurze Formulierung, welche Leistungen übernommen werden und welche nicht.
Diese Behandlungsscheine müssen von den Betroffenen erst abgeholt werden oder angefragt werden und mit den Bescheidenen hat man dann aber zumindest die freie Arztwahl und kann gucken, zu welchem Arzt man damit geht.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:45:38 Min
Aufnahmedatum
2023-03-14
Hochgeladen am
2023-04-05 11:56:03
Sprache
de-DE
Yukako Karato,
Referentin fur Versorgungsanalyse, Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren fur Fluchtlinge und Folteropfer BAfF e.V.
Corinna Stoxen,
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Lehrstuhl fur offentliches Recht, deutsches und internationales Sozialrecht, Rechtsvergleichung, Institut Rechtswissenschaft/Offentliches Recht Universitat Bielefeld
Marcus Wachter-Raquet,
Fachreferent, Kooperationsprojekte der Landesvereinigung fur Gesundheit und Akademie fur Sozialmedizin Niedersachsen e.V. und der Landesvereinigung fur Gesundheit Bremen e.V.