Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Hallo liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Im heutigen Medcast dreht sich alles um Gestosen. Viel Spaß!
Gestosen sind schwangerschaftsassociierte Erkrankungen. Im Volksmund spricht man sogar
von Schwangerschaftsvergiftungen. Bei den Gestosen unterscheidet man nach dem Zeitpunkt
ihres Auftretens zwischen Früh- und Spätgestosen. Frühgestosen werden meist nur bis zum Ende
der ersten drei Schwangerschaftsmonate beobachtet. Spätgestosen können sich ab der zwanzigsten
Woche und sogar noch einige Tage postpartal manifestieren. Je früher Spätgestosen auftreten,
desto gravierender ist der Verlauf. Zu den Frühgestosen zählen zwei Erkrankungen,
die Hyperemesis Gravidarum und der Ptyalismus Gravidarum. Die Hyperemesis ist eine ausgeprägte
Übelkeit sowie ein übermäßiges und anhaltendes Erbrechen, auch bei leerem Magen. Die Schwere
der Symptome und der Leidensdruck gehen bei weitem über eine normale Schwangerschaftsübelkeit
hinaus. Die Behandlung erfolgt stationär. Nur so kann der unter Umständen lebensgefährliche
Flüssigkeits- und Elektrolytsverlust ausgeglichen werden. Abgesehen davon sollte die Behandlung
möglichst auf Medikamente verzichten. Oft helfen schon allein der stationäre Aufenthalt
und eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten. Falls das Erbrechen damit aber überhaupt nicht
zu beherrschen ist, kann unter anderem Dimenhydrinat oder Methylchloramid eingesetzt werden.
Der Ptyalismus ist ein vermehrt auftretender Speichelfluß. Die Speichelmenge kann bis zu
10 Litern betragen und wird vermutlich durch eine erhöhte Durchblutung der Mundschleimhaut
hervorgerufen. Diese Erkrankung steht zwar in fast allen Lehrbüchern, ist aber extrem
selten. Auch viele altgediente Geburtshelfer wurden nie damit konfrontiert. Viel häufiger
und dabei unter Umständen lebensgefährlich für Mutter und Kind sind die Spätgestosen.
Der Begriff fasst unterschiedliche Manifestationsformen einer potenziellen Multiorganerkrankung zusammen.
Die häufig genannten klassischen Symptome, Hypertonie, Proteinorie und Ödeme sind dabei
sozusagen nur die Spitze des Eisbergs. Auch ein Lungenödem, eine temporäre Erblindung
oder beispielsweise ein Nieren- oder Leberversagen können im Rahmen einer Spätgestose beobachtet
werden. Das hängt damit zusammen, dass zu den Ursachen der Erkrankung pathophysiologisch
eine ausgeprägte Mikroangiopathie mit Endothel-Defekt gehört. Diese Mikroangiopathie kann natürlich
überall im Körper an den verschiedensten Organen zu dramatischen Auswirkungen führen.
Im klinischen Alltag werden je nach Symptomatik der Schwangerschaftsinduzierte Hypertonus,
abgekürzt SIH, die Präklamcie, die Eklamcie und das HELP-Syndrom unterschieden. Ein SIH
liegt vor, wenn der Blutdruck nach der 20. Schwangerschaftswoche auf Werte von 140 zu
90 oder darüber ansteigt. Kommt zum SIH eine Proteinorie oder ein anderes Spätgestose-Symptom,
wie zum Beispiel eine Erhöhung der Leber- oder Harnretentionswerte, hat die Patientin
eine Präklamcie. Bestimmte Befunde machen aus einer leichten Präklamcie eine schwere.
Dazu gehören ein Blutdruckanstieg auf 170 zu 110 oder mehr, eine Proteinorie von 5 Gramm
pro 24 Stunden oder darüber hinaus schwere Kopfschmerzen, Sehstörungen und Symptome
des HELP-Syndroms. Nun fragt ihr euch sicher, was eigentlich HELP-Syndrome sind. H steht
für Hämolyse, IL für Elevated Liver Enzymes und LP für Low-Platelets. Die Hämolyse beim
HELP wird vor allem über eine Ernährung des Haptoglobins oder durch den Nachweis von
Fragmentozyten im Blutausstrich nachgewiesen. Für die Trombozyten gilt ein Grenzwert von
100.000, aber auch ein rascher dramatischer Abfall innerhalb des Normalbereiches ist pathogonomisch.
Vom HELP spricht man nur, wenn tatsächlich alle drei Symptome nachweisbar sind, sonst
heilt es sich um eine schwere Präklamcie. Weiter geht's mit der Eklamcie.
Eklamcie bezeichnet einen schwangerschaftsinduzierten tonisch-klonischen Anfall, der als Folge
einer Präklamcie aber auch ohne vorangehende Symptome auftreten kann. Die typischen Symptome
einer Präklamcie können also fehlen. Das gilt übrigens auch für das HELP-Syndrom,
bei dem klinisch zunächst oft nur Oberbauchschmerzen auftreten. Die oft relativ harmlose isolierte
Gestationshypertonie beobachtet man meist erst am Ende der Schwangerschaft. Ist sie
mit einer milden Proteinorie kombiniert, spricht man von einer leichten Präklamcie. Die früh
einsetzenden schweren Spätgestosen, die schon im letzten Drittel des zweiten Trimelons
Presenters
C J
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:08:17 Min
Aufnahmedatum
2015-03-16
Hochgeladen am
2015-03-16 12:41:11
Sprache
de-DE
Nach der Beschäftigung mit diesem Podacast könnt ihr erklären:
- was schwangerschaftsassoziierte Erkrankungen sind
- wie man die Früh- und Spätgestosen diagnostiziert und
- welche Behandlung sinnvoll ist.