Der unmittelbare Zugang zu bzw. die unmittelbare Erfahrung von geschichtlicher Wahrheit oder
generell der Vergangenheit ist per se unmöglich. Wenn man Schülerinnen und Schüler an historischen
Erkenntnisprozessen teilhaben lassen will und nur dann wird Geschichte zum Denkfach,
dann sind Medienbildung und der Aufbau von Medienkompetenz dem Geschichtsunterricht
inhärent. Medien sind Träger von Informationen, sie dienen als Hilfsmittel zur Vermittlung von
Informationen. Medien sind im Geschichtsunterricht Erscheinungsformen, mit denen Schüler Geschichte
erarbeiten und erlernen sollen. Medienbildung und die Vermittlung von Medienkompetenz bedeutet in
der Geschichtstidaktik und für den Geschichtsunterricht zunächst einmal zu unterscheiden, ob Medien primäre
Aussagen, Medien können Medienbildung und die Vermittlung von Medienkompetenz bedeuten,
also im Geschichtsunterricht erst einmal zu unterscheiden zwischen Medien historischen Erinnens
und Medien historischen Lernens. Medien können demnach, sie sehen es hier, Quellen zur Rekonstruktion
von Vergangenheit sein, hierunter sind etwa schriftliche Quellen, Bildquellen, Plakate,
Tondokumente, Filmdokumente, Sachquellen und Zeitzeugenberichte zu fassen. Diese Medien sind
also Hinterlassenschaften, die Informationen über die Vergangenheit beinhalten. Medien historischen
Lernens hingegen sind Geschichtendarstellungen, in diesen Medien begegnet uns bereits Gedeutete
und interpretierte Vergangenheit, die zu Geschichte geworden ist. Diese Medien, sie sehen es hier,
sind Verfassertexte im Schulbuch, Statistikendiagramme, Zeitleisten, Karten, aber auch
historische Kontroversen, Modelle, Hörspiele, historische Kinder- und Jugendliteratur, Denkmäler
oder Museum und Ausstellungen. Dabei wird, nur um es zu klären, jede Darstellung später wiederum
zur Quelle über die eigene Entstehungszeit. Seit Ende der 1980er Jahre erweiterte sich das
Erkenntnisinteresse der Geschichtstidaktik. Mit dem Begriff Geschichtskultur, nach Jörn Rüsen die
praktisch wirksame Artikulation von Geschichtsbewusstsein in der Gesellschaft, wurde im
Zuge der sich abzeichnenden Mediengesellschaft der Denk- und Forschungsbereich in der
Geschichtstidaktik bezeichnet, der sich mit den vielfältigen Formen des Umgangs von Individuen
und Kollektiven mit Geschichte auch außerhalb der Universitätshistorie und auch außerhalb der
Schule befasst. Unter dieser geschichtskulturellen Perspektive wurden etwa die Lernorte, Museum und
Ausstellungen nun nicht mehr ausschließlich als Orte der originalen Begegnung verstanden,
sondern als geschichtskulturelle Institutionen mit ihren spezifischen Möglichkeiten der Inszenierung
und Darstellung von Geschichte. Die Geschichtskultur hat sich in den letzten 20 Jahren weiter
ausdifferenziert. Insbesondere lässt sich derzeit eine enorme Konjunktur populärer
Geschichtsdarstellungen in verschiedensten medialen Formen beobachten. Dieser Geschichts- und
Erinnerungsboom hat zur Folge, dass das Geschichtsbewusstsein der Schülerinnen und
Schüler vor allem auch durch derartige populäre Geschichtsdarstellungen geprägt wird, mit denen
sie außerhalb der schulischen Veranstaltung Geschichtsunterricht in Berührung kommen.
Hier mal einige Beispiele. Die Geschichtswissenschaft hat also bei der Interpretation und vor allem der
Darstellung von Geschichte also längst ihre Monopolstellung verloren. Sie teilt sich diese
Aufgabe vor allem auch mit den Medien. In meinem heutigen Vortrag möchte ich einige Beispiele
populärer geschichtskultureller Medien vorstellen und daran anschließend einige Aspekte zum Aufbau
und zur Förderung von Medienkompetenz im Geschichtsunterricht ableiten. Dabei wird der
Schwerpunkt auf visuellen Medien liegen, denn die gegenwärtig zu beobachtende Dominanz des
Visuellen zeigt sich nicht zufällig in den modernen Mediengesellschaften. Sie ist ihnen
inhärent, denn die Massenmedien sind wesentlich Bildmedien. Das trifft in besonderen Maße für
Film und Fernsehen zu, wird aber bald auch für den Bereich des Digitalen etwa für das Internet zum
Standard werden. Ein erstes Beispiel, ein wichtiger Baustein zur Konstruktion von Authentizität in
zeitgeschichtlichen historischen Dokumentationen ist die Verwendung von Filmdokumenten. Bis Mitte
der 1990er Jahre, also vor der digitalen Produktion von TV Dokumentationen, wurden einzelne
Bildelemente hauptsächlich mit Hilfe des Kommentars oder grafischer Elemente wie Kreise oder Pfeile
hervorgehoben. Für Ausschnittvergrößerungen war eine hochkomplizierte mechanische Bearbeitung des
Films nötig. Die digitale Produktion von Geschicht Dokumentationen ermöglicht es heute,
aus historischem Filmmaterial problemlos Ausschnitte heraus zu vergrößern. Nun berechnet der Computer
Presenters
Prof. Dr. Charlotte Bühl-Gramer
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:18:06 Min
Aufnahmedatum
2010-12-13
Hochgeladen am
2018-05-05 10:29:13
Sprache
de-DE