6 - Verdeckte und unmittelbare Diskriminierung bei UNISEX-Versicherungstarifen [ID:4007]
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Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.

Meine Damen und Herren, ich bin heute etwas stimmlich angeschlagen. Bitte um Verständnis dafür.

Wir beide wollten heute ein kleines Projekt vorstellen, was wir seit letztem Jahr angefangen haben,

wo es im Prinzip darum geht, die weiteren Konsequenzen aus der aktuellen EGH-Rechtsprechung zu den Unisexversicherungstariefen zu ziehen.

Ich mache das gemeinsam mit der Frau Lechner, die Sie da sehen.

Bei unserem Arbeitstag ist es ein bisschen so, dass ich den rechtlichen Frame auf Arbeite und ein gewisses Grundhandwerkszeug entwickle.

Mit Unterstützung von Frau Lechner und Frau Lechner wird mehr die praktischen Konsequenzen daraus ziehen.

Das Ganze im Rahmen meiner Doktorarbeit anhand von Daten, die wir hoffentlich von der Versicherungswirtschaft bekommen haben,

entsprechend anwenden, um zu zeigen, welche Verhaltensweisen in der Versicherungstarifierung nach diesem Urteil noch zulässig sind und welche nicht.

Um mir das ein bisschen zu verdeutlichen, würde ich Ihnen gerne erst einmal kurz die Problemstellung erläutern.

Sie haben vielleicht alle mitbekommen, dass seit der Europäischen Gerichtshof im Jahr 2012 entschieden hat,

dass Versicherungstarife nur noch geschlechtsunabhängig tarifiert werden dürfen.

Was das genau bedeutet, komme ich gleich nochmal darauf zurück.

Das ist sozusagen der Ausgangspunkt unserer Fragestellung.

Wir wollen nämlich an dem Stelle jetzt eigentlich weiter denken, die uns eine weitere Frage stellen.

Was der Europäische Gerichtshof gesagt hat, ist, dass man nicht unmittelbar den Faktor Geschlecht verwenden darf bei der Versicherungstarifierung.

Was wir uns jetzt fragen, ist, ob das tatsächlich nur die Verwendung des Faktors Geschlecht betrifft,

oder ob auch andere Faktoren betroffen sind, von denen ein Geschlecht stärker betroffen ist als das andere,

wenn wir also ein Geschlecht haben, das statistisch stärker betroffen ist.

Damit ist die Frage verbunden, wie sich dieses OGH-Urteil auf die sogenannten mittelbaren Diskriminierungen auswirkt.

Das soll euch hier in meinem Vortrag ein bisschen im Vordergrund stehen.

Das Projekt ist ein bisschen weiter, es bezieht auch eine weitere Diskriminierungsform mit allen die sogenannten verdeckten Diskriminierungen,

die ich allerdings jetzt hier aus Zeitgründen ein bisschen außen vor lassen möchte.

Das ist im Prinzip nochmal eine ganz andere Fragestellung, die zwar sachlich verwandt ist, aber doch eigentlich ganz anders ist.

Deswegen also hier mittelbare Diskriminierung, die hier im Mittelpunkt stehen soll.

Um das Problem ein bisschen zu verdeutlichen, einfach mal ein Beispiel.

In der privaten Krankenversicherung werden, wissen Sie ja, früher war das schlicht und ergreifend so,

man hat angekreuzt, ob er Mann oder Frau ist, hat man Frau angekreuzt, dann hat man irgendwie 30% mehr bezahlt,

als man das schlicht und ergreifend an dem statistisch messbaren Schadenserwartungswert, der in der privaten Krankenversicherung anfällt.

Das ist schlicht und ergreifend so, dass die Heilbehandlungskosten der Frauen um 20 bis 30% höher liegen als die von den Männern.

Und das wurde entsprechend in den privaten Versicherungstarifen abgebildet.

Das ist versicherungs- mathematisch absolut läge Artis, hatte niemals irgendeinen diskriminierenden Gedanken,

sondern es ging hier immer um risikogerechte Tarifierung.

Das ist jetzt verboten worden, das heißt, wir müssen sozusagen den Unterschied zwischen den Geschlechtern einheitlich über beide Geschlechtergruppen verteilen.

Jetzt stellt sich die Frage, wie sieht das denn aus, etwa bei Risikozuschlägen, die man bei Vorerkrankungen erhebt.

Auch hier geht es auch darum, dass wir risikogerecht tarifiert wird.

Das heißt, man sagt, wenn jemand eine bestimmte Krankheit hat, hat er eine bestimmte Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens dieser Krankheit,

dass es mit einem entsprechenden höheren Schadenserwartungswert verbunden ist, den wir dann wiederum in den, wiederum einkalkulieren.

Auch das versicherungs- mathematisch absolut läge Artis, nichts dagegen zu sagen.

Nur ist das Problem, dass es eine ganze Anzahl von Krankheiten gibt, die schlicht und ergreifend bei Männern sehr unterschiedlich auftreten als bei Frauen.

Ich habe jetzt wirklich mal einfach nur was Gegriffenes genommen.

Die neurotischen und Belastungsstörungen, wir haben uns mal ein Tabell angeschaut von Krankheiten, die unterschiedlich auftreten bei Männern und Frauen.

65 Prozent der Betroffenen der neurotischen und Belastungsstörungen sind weiblich, 35 Prozent männlich, sodass man hier relativ unproblematisch sagen kann,

hier sind Frauen stärker betroffen als Männer.

Wenn ich jetzt in einer solchen Vorerkrankung wie einer neurotischen und Belastungsstörung, was immer das ist, einen Zuschlag in der privaten Krankenversicherung orientiere,

dann stellt sich die Frage, ob das nicht zugleich eine mittelbare Frauendiskriminierung ist, weil 65 Prozent der Betroffenen eben weiblich sind.

Und das ist im Prinzip die Ausgangsfrage, und diese Ausgangsfrage ist eigentlich sehr naheliegend, wenn man sich mit der Konsequenz aus dem EuGH-Uteil ziehen möchte.

Sie hat eigentlich in meinem Kenntnisstand bisher noch überhaupt niemand gestellt.

Also es ist wirklich das erste mir bekannte Projekt, das sich überhaupt mit dieser Fragestellung beschäftigt.

Natürlich ist es alles noch nicht lange hin, diese EuGH-Rechtsprecher, aber es ist auch in der Literatur überhaupt kein Thema,

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:37:51 Min

Aufnahmedatum

2014-06-03

Hochgeladen am

2014-10-20 23:44:27

Sprache

de-DE

Tags

Diskriminierung Gender Unisex Versicherungstarife Forschungstag „Gender Diversity“
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