Unser Thema heute ist im Grunde genommen erstmal eine Zusammenfassung der wirtschaftlichen Aspekte der Hanse,
die ich unter der Rubrik die röhrigische Hanse zusammengepackt habe und dann sozusagen im Ausblick
ein neuer Aspekt, über den ich gar nichts bislang gesagt habe, aber sozusagen die ganze Sache abrundet
und den Übergang zur Thematik der Hanse als Ersatzstaat, wenn man es so formulieren darf.
Also, wir haben wiederholt erwähnt, dass es in den 1920er Jahren einen Paradigmenwechsel in der Hanseforschung gegeben hat.
Und dafür hat es eine Ursache gegeben, nämlich dass das Alte Reich zusammengebrochen war.
Es gab kein Kaiser mehr, es gab kein Zweites Reich, 1918 war alles vorbei.
Also die alte Aufforderung, sozusagen die alte Existenzberechtigung der Hanse und der Hanseforschung
als eine Darlegung, wie die Hanse das deutsche Volk und das Reich im kaiserleusen Norden vertreten hat, war vollkommen weggefallen.
Das Thema war erledigt und damit waren die alten Fragestellungen, die Coppmann und alle anderen
sich bis 1918, 1920 gestellt hatten, vollkommen irrelevant.
Die Hanse als Großmacht, die nur im Rahmen des norddeutschen oder nordeuropäischen Staatensystems
unter der Fragestellung, welche Kriege hat es gegeben, welche Verhandlungen, welche Verträge, das war einfach weggeblasen
und das Geschäftliche an der Hanse konnte sozusagen emporwachsen, weil die großen Bäume Reich, Volk, Nation, Einheit, einfach gefällt worden waren.
Der Spiritus Rector dieser ganzen neuen Forschungsrichtung war Fritz Rörig, der, ich glaube mich recht zu entsinnen,
zu dieser Zeit noch Archivar der Stadt Lübeck war, in den alten Zeiten, wo Expertise auf dem Gebiet des Mittelalters
und Forschungstätigkeit noch wichtig war für einen Archivar. Er wurde später dann letzten Endes an die Universität Berlin berufen.
Er ist sozusagen, er und seine Schüler haben diese Forschungsrichtung vorangetrieben und deswegen ist es relativ, sagen wir mal,
das griffige Formel kann man sagen, wir haben die erste Hälfte des Semesters, die Rörig-Hanse betrachtet.
Man kann diesen Paradigmenwechsel allein an den Titeln der Aufsätze in den hansischen Geschichtsblättern sehen.
Linke Hand sieht man 1912, die sind exakt zehn Jahre auseinander, Niebad ist gestorben und so weiter und so fort, also wir sehen linke Hand
den starken Einschlag einer staatlichen, diplomatischen Fragestellung und rechte Hand sehen wir ganz stark den Einschlag einer,
wie macht es der Hansel Kaufmann, wie läuft der Handel, was macht der Kaufmann, Aufsätze wie Handelsbriefe,
Handelsgeschäfte wären 1912 überhaupt nicht in Frage gekommen. So weit, so gut. Jetzt fassen wir erstmal zusammen,
was wir in der ersten Hälfte des Semesters gesehen haben und diskutiert haben. Wir haben im Grunde genommen vier,
abgesehen von unseren Eingangsdefinitionen, vier Bereiche abgehandelt, nämlich eine Gesamtschau des hansischen Handels,
eine Betrachtung des hansischen Betriebs, eine Analyse der Infrastruktur des Hansels und eine Gesamtbeurteilung,
ob die Hanse wirklich am Ende des Mittelartes sklerotisch geworden war. Unter dem Hansel haben wir erstmal die Gesamtcharakteristik betrachtet.
Hansischer Handel ist in seinem Wesen nach ein Massenguthandel, anstelle von Seiden und Juwelen und so weiter,
handeln oder verschiffen die Hanse-Kaufleute Getreide, Fisch, Holz, lauter Massengüter. Und zweitens, Hanse-Kaufleute sind nicht sonderlich groß.
Niemand ist so umstattungsstark wie etwa die Medici, die Fugger oder sowas anderes. Sie sind eine Reihe von kleinen Ameisen
und ein jeder Ameise trägt halt sein Schärflein dazu bei und daraus kommt ein relativ beachtlicher Handelsvolumen.
Zweitens haben wir gesehen, dass die Handelsrouten der Hanse um 1400 eine gewaltigen Umwälzung unterworfen waren.
Bis dahin haben wir im Wesentlichen, soweit unsere Quellen das uns mitteilen, im Wesentlichen einen Ost-West-Handel.
Rohwaren aus dem Osten, Holz, Wachs, Pelze, Fisch, Gegenfertigwaren aus dem Westen, im Wesentlichen, Flämisches Tuch.
Um 1400 stirbt diese Handelsrichtung nicht vollständig aus, aber sie wird ein Schatten ihrer selbst.
Und dazu kommt ab 1420, das ist der erste Punkt, wo wir das wirklich identifizieren können, an den Quellen ein hansischer Nord-Süd-Handel
im Wesentlichen Köln über die Brabanter Messen nach London hin. Also die zweite Handelsbranche floriert ab dann und wird immer wichtiger.
Zu guter Letzt haben wir festgestellt, dass dieser hansische Handel, egal ob es in der Zeit vor 1400 oder nach 1400,
ganz stark in die Handelsstrukturen der Zeit eingebunden war.
Angefangen mit den großen Messen und bis hin zu den Wochenmärkten und den kleinen Hökeln auf dem Lande.
Und wir haben das 15. Jahrhundert, die Zeit, wo dieser Nord-Süd-Handel empor gekommen ist, als die Zeit, in der es eine Distributionsrevolution gegeben hat,
mit einer Hierarchisierung der Märkte und mit festen Verteilungsstrukturen vom internationalen Handel bis hinunter zu den Bauernmärkten
und mit einem durchstrukturierten Sammelfunktion von den Wochenmärkten bis hin zu den internationalen Märkten.
Also der hansische Handel ist nicht irgendwo abseits, sondern es ist wirklich ganz konkret eingebunden.
Unser zweites Thema war der hansische Betrieb und zunächst haben wir schlicht und ergreifend mit den Vertragsformen,
so wie sie aus den Quellen hauptsächlich in Lübeck hervorgehen.
Wir haben gesehen, dass hansische Firmen tendenziell klein sind.
Zwei Zeller sind das, zwei Kaufleute, die ihre Mittel zusammenschieben.
Diese Firmen sind darüber hinaus kurzlebig.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:24:15 Min
Aufnahmedatum
2009-12-04
Hochgeladen am
2017-07-20 15:47:01
Sprache
de-DE