Diese Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie ganz herzlich zur EFI Lecture am
heutigen Tage unter dem Titel Eigennutz oder Gemeinwohl über Steuererlichkeit im Spannungsfeld
von Institutionen und Normen. Wie Sie wissen, ist diese Vorlesung ein Teil in einer Reihe von
sogenannten EFI Lectures und Sie wissen vermutlich auch, dass dieses EFI Programm eine Initiative der
Universitätsleitung und damit der gesamten FAU ist, eben sogenannte Emerging Fields zu fördern, also
die großen Fragen der Zukunft, zu denen hier vielfältig geforscht wird eben fokussiert in den
Blick zu nehmen und dazu wird eben heute berichtet, insbesondere eben zu einem Projekt, in dem eine
ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen sich mit mir Gedanken machen zum Thema Steuerehrlichkeit,
soziale Normen und Institutionen. Der Titel dieses EFI Programms, das Teilprojekt lautet
Taxation, Social Norms and Compliance und da sehen Sie die Kernprogramme unseres Forschungsprogramms
bereits im Titel versammelt. Mein Name ist Johannes Rinke, ich habe einen Lehrstuhl für
Volkswirtschaftslehre, genauer gesagt Wirtschaftspolitik am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und ich
werde den ersten Teil dieses Vortrages heute gestalten und den zweiten Teil des Abends wird
dann meine Kollegin Veronika Grimm bestreiten. Worum geht es? Wenn man sich über Steuerehrlichkeit,
Steuermoral oder auch Steuerhinterziehung Gedanken macht, dann liegt es nahe, dass man beginnt zunächst
mal mit der Frage, ja was ist das Problem, womit befassen wir uns hier im Kern und da verwende ich
den Begriff des sogenannten Steuerstaates. Dieser Begriff soll verdeutlichen, dass der moderne Staat,
so wie wir ihn kennen, ein Staat ist, der existenziell davon abhängt, dass er durchgreifend
auf individuelle Einkommen zugreift mit seinen Steuern. Der Wohlfahrtsstaat, der Staat, der
diese Universität zur Verfügung stellt, der Staat, der dafür gesorgt hat, dass wir alle sicher hier
heute Abend hierher kommen konnten, der Staat, der Schulen, Kindergärten und so weiter und so weiter
finanziert. Dies ist ein Steuerstaat, weil er seine Aufgaben nicht finanzieren kann, wenn er eben nicht
auf diese letztlich einzige Grundlage finanzieller Art zurückgreift, die Staaten eben haben, nämlich
Steuern zu erheben. Nun, wenn wir den Blick so ein bisschen schweifen lassen in unser eigenes Land,
aber vor allen Dingen andere Länder, dann stellen wir fest, das ist nicht so selbstverständlich,
dass das mit dem Steuerstaat immer so funktioniert, wie wir das hier in Deutschland
gewöhnt sind. Wir sehen, der Fall Griechenland liegt jetzt nahe, um ein Beispiel zu nennen,
dass das sehr schnell gehen kann, dass die grundsätzliche Funktionalität von Staaten
als Steuerstaaten in Frage gestellt wird. Die Gründe dafür sind vielfältig, ein Teil davon
werden wir heute diskutieren, aber wenn dies geschieht, dann wird die Funktionalität von Staaten
insgesamt sehr fundamental in Frage gestellt und wir beobachten dann etwas, das man durchaus als
Erosion von Staatlichkeit an sich eigentlich beschreiben und auffassen kann. Über Griechenland
muss ich jetzt anführend keine nicht viele Worte verlieren, die Probleme liegen tatsächlich auf
der Hand und sie stehen wirklich tagtäglich in den Medien, die sie sicher alle konsumieren. Wir
haben ein fundamentales Problem, dass der Staat seine Aufgaben, seine Aufgaben eigentlich nicht mehr
ordnungsgemäß erfüllen kann, empfehlen letztlich die finanziellen Mittel dazu und sie kennen auch
das Problem, dass natürlich die Bereitstellung von Steuermitteln durch die Steuerpflichtigen
eben auch nicht so funktioniert, wie wir das in Deutschland gewöhnen, sondern wie man sich
das wünschen würde. Also das Problem der Steuerhinterziehung ist ein offensichtlicher
Tatbestand in diesem Land. Damit ist Griechenland natürlich nicht alleine und das macht auch nicht
viel Sinn, die Griechen jetzt immer dafür an den Pranger zu stellen. Ich benutze das eigentlich nur
als ein Beispiel, dass dies eben ein Problem ist, dass in Gesellschaften, die da unseren eigentlich
sehr nahe und sehr ähnlich sind, dass dies eben sehr schnell geschieht mit dieser Erosion von
Staatlichkeit. Und vielleicht tut es gut, dann auch ein anderes Beispiel daneben zu rücken und da
würde ich mich für die Vereinigten Staaten von Amerika im Augenblick entscheiden. Hier sehen wir
zwar kein Problem mit der Durchsetzung von Steuern, ist also anders gelagert als in Griechenland das
Problem, aber wir haben sehr wohl das Problem, dass die US-amerikanische Gesellschaft ganz
offensichtlich im Augenblick nicht in der Lage ist, einen sozialen Konsens darüber herzustellen,
wozu Steuern eigentlich da sind, in welchem Umfang sie erhoben werden sollen und wozu sie
Presenters
Prof. Dr. Veronika Grimm
Prof. Dr. Johannes Rincke
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:14:50 Min
Aufnahmedatum
2013-02-04
Hochgeladen am
2013-02-06 09:01:04
Sprache
de-DE
Das Beispiel Griechenland macht klar: Es ist keineswegs selbstverständlich, dass der moderne Steuerstaat reibungslos funktioniert. In dem Vortrag wird verdeutlicht, wie eine effiziente Steuerverwaltung, individuelle Anreize zur Steuervermeidung und soziale Normen die Steuerehrlichkeit beeinflussen können. Die Grundprinzipien, nach denen ein Staat mit steuerehrlichen Bürgern und einer dem Gemeinwohl verpflichteten öffentlichen Verwaltung funktionieren kann, werden anhand von Beispielen aus der verhaltensökonomischen und psychologischen Forschung anschaulich erläutert. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage, wie sich Steuerehrlichkeit und die Effektivität der öffentlichen Verwaltung gegenseitig beeinflussen und wie normative Vorstellungen über Gerechtigkeit oder Solidarität die Bereitschaft zur Steuerehrlichkeit verändern können.