7 - Johannes von Gorze - Mönchsleben und monastische Bildung im 10. Jahrhundert [ID:1710]
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie heute also, wie schon gesagt wurde,

in eine ferne Zeit entführen, in das Jahrhundert, das erste Jahrtausend nach der Geburt Christi

Abschluss und besonders in seiner ersten Hälfte zwischen der reichen karolingischen Zeit und der

überaus produktiven Epoche des späteren 11. und 12. Jahrhunderts durch die Armut der schriftlichen

Hinterlassenschaft gekennzeichnet ist. Die Quellensituation wird gewöhnlich in Zusammenhang mit

dem allgemeinen politischen Niedergang und dem Umbruch der Verhältnisse in der ausgehenden

Karolingerzeit gesehen, mit der Auflösung der alten Strukturen des fränkischen Reichs durch

beständige Teilungen, durch Kämpfe der Nachkommen kreist des großen Umteilgebiete und Erbschaften,

durch den Aufstieg regionaler Adelsfamilien in Schutz- und Herrschaftsfunktionen des schwachen

Königtums, dessen Erneuerung wiederum in steter Wechselwirkung durch eben diesen Adel auch

verhindert wurde. Dazu kamen bekanntlich die Bedrängnisse von außen her, die verheerenden

Einfälle der Normannen, dazu die Ungarn im Mittelmeerraum, auch die Sarazenen. Unser Blick

richtet sich auf den Mittelteil des Karolingerreiches, der 843 im Vertrag von Verdun Lothar, dem ersten,

dem ältesten Sohn Ludwig des Frommens zuviel, erreichte von der niederländischen Nordseeküste

bis nach Mittelitalien bis zum Herzogtum Benevent und vereinigte entsprechend der Kaiserwürde

Lothars die imperialen Orte Aachen und Rom und schloss die Kernstücke, die Kerngebiete der

karolingischen Familie ein mit Metz als der Stadt, in der Arnulf, der Stammvater der Familie, in seinen

späten Jahren Bischof gewesen war und begraben lag. Als nach Lothars des ersten Tod 855 dieses

Mittelreich auf seine drei Söhne verteilt wurde, erhielt Lothar der Zweite das Gebiet von den

Niederlanden bis nach Burgund, das seitdem Lotharingia genannt wurde. Lothar der Zweite starb 869,

zur Freude seiner Verwandten, zur rechten und zur linken kinderlos, so stritten sich nun westfränkische

und ostfränkische Karolinger um das Erbe. Karl der Kale besetzte Metz umgehend und ließ sich dort

zum König krönen, wurde aber von den Ostfranken wieder vertrieben, Streitkämpfe, Teilungen und

erneute Vereinigungen folgten, Teilungsverträge in Mersen an der Mars 870 und in Ribément 880

hatten nur kurzfristig Bestand. 895 bis 99 wurde Lotharingen als ostfränkisches Unterkönigreich,

von dem Karolinger Zwentybold regiert, fiel aber nach dem Aussterben der ostfränkischen Königsfamilie

mit Ludwig dem Kind 911 wieder an den Westen an den Karolinger Karl den Dritten, Le Semple oder

der Einfältige, der nun stolz die Datierung seiner Urkunden um den Hinweis auf das reichere ihm nun

zugefallene Erbe ergänzte, Largiore Hereditate Indepta. Doch schon bald führte ein Aufstand

der westfränkischen Großen des Adels zu seinem Sturz und zu seiner Gefangenschaft bis zu seinem

Tode 929. Die Lothringer schlossen sich mehrfach schwankend wieder dem Osten unter dem neuen

sächsischen König Heinrich I. an, der 925 durch seinen zweiten Feldzug nach Lothringen das Land

dauerhaft mit dem ostfränkisch-sächsischen, dem entstehenden deutschen Reich vereinigte,

wenn auch 939 und 953, 954 noch einmal Aufstände in diesem Zentrum ausbrachen gegen ihn,

Aufstände allerdings die von Verwandten gegen ihn angezettelt worden waren. In der Mitte dieses so

viel geschüttelten und zum Zankapfel gewordenen Reiches in dem Gebiet der drei Bischofsstädte

Metz, Thule und Verdun entstand nun in den letzten Jahren Heinrichs I. eine religiöse Bewegung,

eine Erweckungsbewegung, wie Cassius Hallinger sagte, die auf der Suche nach einer ihrgemäßen

Lebensform in einem strengen benediktinischen Mönchtum ihre Bestimmung fand und mit der

Unterstützung der Bischöfe eine Reform der Klöster ins Werk setzte und darüber hinaus schreitend zum

Ausgangspunkt einer monastischen Reformbewegung in Lothringen und im übrigen Reich und besonders

auch in Bayern wurde, wo die Klöster durch die Ungarn-Einfälle und den bayerischen Herzog

Arnulf, den Bösen, den Konfiskator kirchlichen Besitzes arg gelitten hatten. Am Anfang dieser

Bewegung aber stammt eine Gruppe von Geistlichen und Weltlichen, die sich in dem alten und wie es

heißt, ziemlich verwahrlosten Kloster Gors, etwa 16 Kilometer südwestlich vom Zentrum von Metz

etablierte, eine Abtei, die schon 757 von dem Bischof Chrodegang von Metz gegründet wurde und die

Apostel Petrus und Paulus, den Protomatyr Stephanus und vor allem den römischen Märtyrer Gorgonius

als ihre Patrone verehrte. Auf Gortze, das 933 reformiert wurde nach herkömmlicher Datierung,

folgte schon 934 die Reform von Sankt Maximin bei Trier und von weiteren Abteien, so bezeichnet man

die ganze Bewegung als die Gortze-Trierer monastische Reform, deren Wirkungen bis in das

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Christian Jacobsen Prof. Dr. Christian Jacobsen

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:27:53 Min

Aufnahmedatum

2001-01-11

Hochgeladen am

2018-06-21 10:18:44

Sprache

de-DE

Tags

Collegium Alexandrinum Mönchsleben monastische 10.Jahrhundert Jacobsen Mönch Bildung Gorze
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