Hallo und herzlich willkommen zu meinem Beitrag im Rahmen der AGCA Ringvorlesung Meet the Experts.
Ich bin Lara Mührenberg, ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für christliche
Archäologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ich habe evangelische Theologie
studiert, Ur- und Frühgeschichte und christliche Archäologie und aktuell schreibe ich meine
Dissertation. Darin geht es um die Frage, wie in der antike Geschlecht und Geschlechterrollen
in den Bildentwürfen des frühen Christentums konstruiert worden sind. Also liegt es nahe,
dass ich Ihnen hier etwas zu Geschlechterkonstruktionen erzähle. Es wird im Laufe meines Vortrags
ein kleines Quiz geben, des Rätsels Lösung können Sie mir per Mail schicken, meine Adresse
finden Sie ganz am Ende dieser Einheit. Unter allen richtigen Antworten, die mich bis zum
Ende des Semesters erreichen, verlose ich dreimal diese formschöne Tasche, die Sie jetzt
hier eingeblendet sehen, mit dem Logo unseres Erlanger YouTube-Kanals. Ich wünsche Ihnen
viel Spaß.
Was ist eigentlich eine Frau oder ein Mann? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir
uns als erstes ein paar philosophische Grundüberlegungen machen. Die meisten uns bekannten Gesellschaften,
aber längst nicht alle, teilen die Menschen in zwei Geschlechter ein. Männliche und weibliche
Menschen. Aber warum ist das so? Aus philosophischer Sicht oder genauer erkenntnistheoretischer
Sicht, also der Frage danach, wie der Mensch zur Erkenntnis und Wissen gelangen kann, gibt
es verschiedene Möglichkeiten, das zu erklären. Ein Standpunkt ist zu sagen, es gibt eine
externe Wahrheit und diese externe Wahrheit kann der Mensch erkennen. Für die Geschlechter
heißt das, es gibt eine Ursache, also zum Beispiel die Natur oder Gott, die verantwortlich
ist für die Ausprägung der Geschlechter, also zum Beispiel Mann und Frau. Ein anderer
philosophischer Standpunkt ist zu sagen, ja, so eine externe Wahrheit mag es vielleicht
geben, aber wir können als Menschen gar nicht auf sie zugreifen. Alles, was der Mensch für
wahr hält, ist reine Konstruktion, die er selbst erschaffen hat. Für die Geschlechterfrage
heißt das, die Kategorien Mann und Frauen existieren gar nicht unabhängig vom Menschen,
sondern werden nachträglich vom Betrachtenden aus seiner Wirklichkeit abgeleitet. Heißt,
der Mensch hat die Einteilung in Mann und Frau selber erzeugt, sich dran gewöhnt, aber
es hätte auch ganz anders laufen können. Ich persönlich vertrete Letzteres. Ich lege
das auch für diesen Vortrag zugrunde und weitere Thesen aus dem Bereich der Gender
Studies. Das heißt, erstens, ich benutze die Begriffe Sex und Gender. Sex bezeichnet
das körperlich-biologische Geschlecht, Gender bezeichnet das kulturell-soziale Geschlecht.
Zweitens, erstmal zum sozialen Geschlecht. Ich gehe davon aus, dass die Kategorien Masculin
und Feminin von den Betrachtenden nachträglich aus der Wirklichkeit abgeleitet werden. Das
bedeutet, dass sie abhängig sind vom Standpunkt des Betrachtenden bzw. einer ganzen Gesellschaft
und dass sie kontingent sind, d.h. aus zeitlicher Perspektive nicht immer da. Heißt, die Genderrolle
einer Person ist reine Konstruktion und Projektion der jeweiligen Gesellschaft. Wie Frauen und
Männer sich entsprechend ihres sozialen Geschlechts zu verhalten, wie sie sich zu kleiden, welche
Formen von Dominanz und Macht sie zu ergreifen haben, das alles ist reine Konstruktion.
Und drittens zum biologischen Geschlecht. Ich vertrete hier die Thesen von Judas Butler,
die davon ausgeht, dass auch das körperlich-biologische Geschlecht, der Sexus, eine willkürliche kulturelle
Zuschreibung ist. Warum? Jetzt sind wir wieder bei der Erkenntnistheorie. Der Mensch kann
nicht auf die externe Wahrheit zugreifen. Er formt sie selber und begründet sie dann,
indem er auf die Natur verweist oder Gott etc. Das heißt also nicht, dass Judas Butler negieren
würde, dass es Menschen gibt, die eine Wohlwahr haben und andere, die leider darauf verzichten
müssen. Aber sie sagt, dass die Schlussfolgerung, also die Einteilung in Menschen mit Wohlwahr
und Menschen mit Penis, nicht durch die Natur oder sowas vorgegeben ist. Man hätte auch
Menschengruppen anhand von Haarfarben oder sowas bilden können. Auch das biologische
Geschlecht konstruiert der Mensch also selbst, wenn er ein Baby einem Geschlecht zuweist.
Diese Ansichten müssen Sie nicht teilen. Ich freue mich immer, wenn jemand eine andere
Meinung hat, sonst kann man nämlich nicht diskutieren. Generell gilt aber, Sie sollten
Presenters
MA Lara Mührenberg
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:39:29 Min
Aufnahmedatum
2020-05-13
Hochgeladen am
2020-05-14 09:50:08
Sprache
de-DE
Wie haben die Menschen in der Antike Geschlecht und Geschlechterrollen konstruiert und begründet? Der Vortrag gibt Einblick in die paganen und christlichen Schriftquellen der Spätantike und verrät, ob es mehr gab als schöne Frauen und starke Männer und welchen Einfluss das aufkommende Christentum dabei spielte.