7 - Politische Ökonomie bei Karl Marx [ID:9446]
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Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.

Ja meine Damen und Herren, in den letzten Jahren ist weltweit die Einstellung zu unserem kapitalistischen

Wirtschaftssystem kritischer geworden. Auch wenn daraus noch keine große politische Bewegung

erwachsen ist, hat sich zumindest ein Unbehagen weltweit verbreitet. Die Menschen haben das Gefühl,

dass trotz Wirtschaftswachstum die Kluft zwischen den Einkommensschichten breiter wird, dass reichere

Länder ihren Einfluss auf ärmere Länder immer brutaler nutzen, dass sich große Unternehmen ganz

offen über Recht und Gesetz stellen oder versuchen Recht und Gesetz nach ihren Vorstellungen zu

prägen und dass die Politik sie dabei kräftig unterstützt. Diese auf vielerlei Erfahrung

gestützte Einstellung, dieses Gefühl hat das Interesse an Karl Marx, hat das Interesse an Karl

Marx, dem großen Kritiker des Kapitalismus kräftig befördert. Nach weit verbreiteter Meinung soll er

ja nicht nur eine kritische Analyse des kapitalistischen Wirtschaftssystems vollzogen,

sondern auch Hinweise, auf dessen letztlich verhängnisvolle Entwicklung gegeben haben.

Dieser Meinung wird gerade im Jubiläumsjahr in zahlreichen Publikationen unter dem griffigen

Titel, hatte Marx doch Recht, nachgegangen. Die Gegenfrage muss natürlich lauten, mit was genau

soll Marx Recht gehabt haben? Etwa mit einer Beschreibung unserer gegenwärtigen wirtschaftlichen

Verhältnisse? Und nicht, denn man darf ja nicht ernsthaft erwarten, dass in seinem Werk eine

Prognose steckt, die zeigt, wie sich die heutige Situation als Folge der wirtschaftlichen Lage in

der Mitte des 19. Jahrhunderts zwangsläufig ergibt. Die Wirtschaftswissenschaften, egal welcher

Couleur, sind ja schon heillos überfordert, wenn sie Prognosen erstellen wollen, die mehr als

ein paar Monate überstreichen. Marx wusste das auch schon und er hat sich explizit geweigert,

Prognosen im eigentlichen und engeren Sinn zu stellen. Marx könnte allerdings auch mit seinem

normativen Anspruch Recht gehabt haben, wonach Ökonomie nicht zur Apologie des gerade herrschenden

Wirtschaftssystemen verkommen darf, sondern eine Analyse liefern muss, welche geeignet ist für eine

wissenschaftsgestützte politische Auseinandersetzung mit der herrschenden Wirtschaftsverfassung. Wer

danach sucht, ist zumindest auf einer heißen Spur, denn genau das wollte Marx mit seinem ökonomischen

Hauptwerk, das Kapital, erreichen. Es trägt den Untertitel Kritik der politischen Ökonomie und

beansprucht mit der theoretischen Kritik der damals herrschenden Ökonomie zugleich das Fundament für

eine praktische, das heißt politische Kritik der herrschenden Wirtschaftsordnung gelegt zu haben.

Das Kapital ist ein Torso, bestehend aus drei Bänden, von denen Marx nur den ersten bis zur

Veröffentlichungsreife gebracht hat. Die beiden anderen hat Friedrich Engels aus den Unterlagen

von Marx zusammengestellt und redigiert. Also der erste Band der Produktionsdes Kapitals, das ist

1867 das erste Mal erschienen, der ersten Auflage. Dann ein paar Jahre später gab es eine französische

Übersetzung, die hat Marx noch selbst besorgt. In diese Übersetzung ging eine Reihe von Änderungen,

Verbesserungen ein und diese französische Ausgabe war wiederum die Grundlage für die weiteren

Ausgaben, die Engels dann besorgt hatte. Dann haben wir den zweiten Band, der Zirkulationsprozess des

Kapitals, der erschien 1885, da war Marx also schon tot und er wurde von Engels aus den Manuskripten,

die Marx hinterlassen hat, zusammengestellt. Und schließlich der dritte Band, der ist in zwei

Teilen erschienen, 1894, auch der wurde von Engels aus Unterlagen, Manuskripten, vielfältigen

Vorarbeiten von Marx zusammengestellt. Dieses Werk ist belastet durch einen geradezu übermenschlichen

Anspruch. Marx wollte die Kritik der herrschenden Ökonomie positiv wenden, das heißt aus der

Kritik sollte ein neuer Typus von politischer Ökonomie hervorwachsen, der die kritische

Beurteilung des herrschenden Wirtschaftssystems als logische Implikation der wissenschaftlichen

Analyse enthält. Dazu musste er aber auch eine passende Methodologie schaffen, also auch die

Wissenschaftstheorie der politischen Ökonomie neu schreiben. Dieses Programm war für einen Denker,

der eher der Meister des belesenen, geistreichen, manchmal polemischen Essays war, eine gewaltige

Herausforderung, an der er letztlich gescheitert ist. So blieb das Kapital letztlich unvollendet

und lässt Leser, die hoffen hier klar und fertig ausformulierte Theoriestücke zu finden,

ratlos und oft auch enttäuscht zurück. Aber daran kann natürlich auch eine überzogene Erwartung

schuld sein. Ich werde jetzt hier nicht versuchen, Ihnen eine Zusammenfassung der drei Bände in 45

Minuten zu geben, sondern an zwei wichtigen Stellen, nämlich an seiner Arbeitswertlehre und

Teil einer Videoserie :

Presenters

Dr. Rudolf Kötter Dr. Rudolf Kötter

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:55:08 Min

Aufnahmedatum

2018-07-05

Hochgeladen am

2018-07-13 10:23:19

Sprache

de-DE

Karl Marx hat in seinem dreibändigen Werk "Das Kapital" den Versuch unternommen, das kapitalistische Wirtschaftssystem umfassend und gründlich zu analysieren und darauf aufbauend zu kritisieren. Bis heute hat "Das Kapital" seinen Status als theoretischer Einstieg zur Systemkritik bewahren können.

Im Vortrag wird an zwei wesentlichen Theoriestücken gezeigt, wie Marx vorging und wie dieses Vorgehen in methodologischer Hinsicht zu bewerten ist.

Tags

Analyse Wirtschaft Politik Kritik Marx Engels Kapital Kapitalismus Ökonomie System Systemkritik
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