Herzlich willkommen zur Aufzeichnung zur PÜ Strafrecht 2, Einheit 9. Das heutige Thema
ist mittelbare Täterschaft. Ich zeichne dieses Video im Sommersemester 2024 auf, genauer gesagt
am 17. April, damit wenn ihr das in zukünftigen Semestern seht, ihr jetzt auch wisst, was
der aktuelle Stand ist. Wie üblich beginnen wir mit einer Kurzwiederholung mit einem kleinen
Theorievorklapp, diesmal zum Thema mittelbare Täterschaft. Der Ausgangspunkt bei der mittelbaren
Täterschaft ist, dass der Täter nicht unmittelbar gegen den Opfer, gegen das Opfer agiert, sondern
sich eines Werkzeugs bedient. Das kommt auch im Gesetzeswort laut zu tragen, da steht nämlich
in § 25 Absatz 1 Variante 2 die Tat durch einen anderen begeht. Regelmäßig braucht es,
damit die Tat durch einen anderen begangen wird, ein Strafbarkeitsdefizit des Werkzeugs. Das
Werkzeug muss also strafrechtlich nicht vollverantwortlich handeln, andernfalls
gibt es nämlich Probleme mit dem Verantwortungsprinzip. Es gibt allerdings Ausnahmen,
die wir uns dann auch noch mal einzeln anschauen werden. Vorher aber fangen wir natürlich mit dem
Regelfall an, bevor wir zu den Ausnahmen kommen und der Regelfall ist, dass das Werkzeug ein
Strafbarkeitsdefizit aufweist. Das kann darin liegen, dass das Werkzeug objektiv tatbestandslos
handelt, insbesondere bei einer Selbstverletzung oder Selbsttötung. Da ist ja nur erfasst,
zumindest grundsätzlich nur erfasst, einen anderen zu verletzen oder einen anderen zu töten.
Die Selbsttötung, Selbstverletzung ist nicht tatbestandlich oder es kann auch sein, dass das
Werkzeug nicht die notwendige Täterqualität aufweist, insbesondere bei Amtsdelikten ist das
relevant. Ein typisches Beispiel ist, dass das Werkzeug vorsatzlos handelt, also zum Beispiel
glaubt es schießt auf eine Vogelscheuche, in Wirklichkeit schießt es aber auch einen Menschen.
Umstritten ist die Konstellation, in denen das Werkzeug zwar vorsätzlich handelt, aber ohne die
gegebenenfalls erforderliche spezifische Absicht. Das ist der Fall des sogenannten
absichtslos-dolosen Werkzeuges. Dolos bedeutet vorsätzlich, absichtslos ohne die entsprechende
Absicht. Zum Beispiel wenn man weiß, dass man eine fremde bewegliche Sache wegnimmt,
aber glaubt, dass man einen Anspruch, und zwar einen fehligen durchsetzbaren Anspruch auf
Übereignung und Übergabe dieser Sache hat, dann ist keine Absicht hinsichtlich einer rechtswidrigen
Bereicherung gegeben, das wäre dann ein vorsatzlos-doloses Werkzeug. Das Werkzeug kann auch
gerechtfertigt handeln, das kann zum einen dadurch natürlich entstehen, dass der Hintermann eine
Notwehrsituation konstruiert. Es kann aber auch zum Beispiel eine Konstellation sein, in dem man die
Justiz als Werkzeug einsetzt und damit eine Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft begeht.
Ebenfalls kann das Defizit dann auf Schuldebene sein, ihr seht wir haben jetzt hier Tatbestandsmerkmale
durch, wir haben Rechtswidrigkeit durch und auch auf Schuldebene kann das sein, das ist insbesondere
relevant bei Kindern, bei Geisteskranken oder auch in Konstellationen von Entschuldigungsgründen.
Allerdings muss man auf Schuldebene genau aufpassen, denn hier könnte auch eine Anstiftung
in Betracht kommen oder auch eine Beihilfe aufgrund der limitierten Accessorität, denn ihr wisst es
vielleicht schon, ansonsten lernt ihr es im Laufe des Semesters und ihr könnt es auch im Gesetz lesen.
Bei § 26 und § 27 StGB brauchen wir nur eine vorsätzlich rechtswidrige, nicht zwingend schuldhaft
begangene Rauchtat, was uns auch § 29 StGB zeigt, mit dem drin steht, dass es bei der Schuld auf den
einzelnen Beteiligten isoliert ankommt. Das heißt hier muss genau abgegrenzt werden, haben wir hier
eine Täterschaft, eine mittelbare Täterschaft oder haben wir eine Teilnahme.
Dann gibt es noch die Ausnahmen vom Strafbarkeitsdefizit, das sind die Fälle des Täters hinter dem Täter,
die sind im Grunde alle umstritten. Ein Beispiel dafür ist die reale Beherrschung durch den
Hintermann Kraftorganisationsüberlegenheit, die sogenannte Organisationsherrschaft, insbesondere
in Konstellationen mit mafiösen Strukturen oder auch in Unrechtsstaaten wie der DDR oder das
Dritte Reich, ursprünglich auch konzipiert für die Fälle des Dritten Reichs, das sind letztendlich
die Schreibtisch-Täter-Fälle, so etwas wie der Fall Eichmann würde darunter fallen, der allerdings
nicht nach deutschem Strafrecht abgerüttelt wurde, sondern nach israelischen Strafrecht.
Mittlerweile sagt die herrschende Meinung auch, das muss nicht zwingend auf Unrechtsapparate
gestützt werden oder beschränkt werden, sondern auch zum Beispiel im Wirtschaftsleben kann das sein,
wenn der Vorgesetzte sicher davon ausgehen kann, dass die Untergebenen eine Straftat begehen,
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:41:44 Min
Aufnahmedatum
2024-04-17
Hochgeladen am
2024-04-17 12:36:04
Sprache
de-DE