9 - Einheit 9 (mittelbare Täterschaft) [ID:52468]
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Herzlich willkommen zur Aufzeichnung zur PÜ Strafrecht 2, Einheit 9. Das heutige Thema

ist mittelbare Täterschaft. Ich zeichne dieses Video im Sommersemester 2024 auf, genauer gesagt

am 17. April, damit wenn ihr das in zukünftigen Semestern seht, ihr jetzt auch wisst, was

der aktuelle Stand ist. Wie üblich beginnen wir mit einer Kurzwiederholung mit einem kleinen

Theorievorklapp, diesmal zum Thema mittelbare Täterschaft. Der Ausgangspunkt bei der mittelbaren

Täterschaft ist, dass der Täter nicht unmittelbar gegen den Opfer, gegen das Opfer agiert, sondern

sich eines Werkzeugs bedient. Das kommt auch im Gesetzeswort laut zu tragen, da steht nämlich

in § 25 Absatz 1 Variante 2 die Tat durch einen anderen begeht. Regelmäßig braucht es,

damit die Tat durch einen anderen begangen wird, ein Strafbarkeitsdefizit des Werkzeugs. Das

Werkzeug muss also strafrechtlich nicht vollverantwortlich handeln, andernfalls

gibt es nämlich Probleme mit dem Verantwortungsprinzip. Es gibt allerdings Ausnahmen,

die wir uns dann auch noch mal einzeln anschauen werden. Vorher aber fangen wir natürlich mit dem

Regelfall an, bevor wir zu den Ausnahmen kommen und der Regelfall ist, dass das Werkzeug ein

Strafbarkeitsdefizit aufweist. Das kann darin liegen, dass das Werkzeug objektiv tatbestandslos

handelt, insbesondere bei einer Selbstverletzung oder Selbsttötung. Da ist ja nur erfasst,

zumindest grundsätzlich nur erfasst, einen anderen zu verletzen oder einen anderen zu töten.

Die Selbsttötung, Selbstverletzung ist nicht tatbestandlich oder es kann auch sein, dass das

Werkzeug nicht die notwendige Täterqualität aufweist, insbesondere bei Amtsdelikten ist das

relevant. Ein typisches Beispiel ist, dass das Werkzeug vorsatzlos handelt, also zum Beispiel

glaubt es schießt auf eine Vogelscheuche, in Wirklichkeit schießt es aber auch einen Menschen.

Umstritten ist die Konstellation, in denen das Werkzeug zwar vorsätzlich handelt, aber ohne die

gegebenenfalls erforderliche spezifische Absicht. Das ist der Fall des sogenannten

absichtslos-dolosen Werkzeuges. Dolos bedeutet vorsätzlich, absichtslos ohne die entsprechende

Absicht. Zum Beispiel wenn man weiß, dass man eine fremde bewegliche Sache wegnimmt,

aber glaubt, dass man einen Anspruch, und zwar einen fehligen durchsetzbaren Anspruch auf

Übereignung und Übergabe dieser Sache hat, dann ist keine Absicht hinsichtlich einer rechtswidrigen

Bereicherung gegeben, das wäre dann ein vorsatzlos-doloses Werkzeug. Das Werkzeug kann auch

gerechtfertigt handeln, das kann zum einen dadurch natürlich entstehen, dass der Hintermann eine

Notwehrsituation konstruiert. Es kann aber auch zum Beispiel eine Konstellation sein, in dem man die

Justiz als Werkzeug einsetzt und damit eine Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft begeht.

Ebenfalls kann das Defizit dann auf Schuldebene sein, ihr seht wir haben jetzt hier Tatbestandsmerkmale

durch, wir haben Rechtswidrigkeit durch und auch auf Schuldebene kann das sein, das ist insbesondere

relevant bei Kindern, bei Geisteskranken oder auch in Konstellationen von Entschuldigungsgründen.

Allerdings muss man auf Schuldebene genau aufpassen, denn hier könnte auch eine Anstiftung

in Betracht kommen oder auch eine Beihilfe aufgrund der limitierten Accessorität, denn ihr wisst es

vielleicht schon, ansonsten lernt ihr es im Laufe des Semesters und ihr könnt es auch im Gesetz lesen.

Bei § 26 und § 27 StGB brauchen wir nur eine vorsätzlich rechtswidrige, nicht zwingend schuldhaft

begangene Rauchtat, was uns auch § 29 StGB zeigt, mit dem drin steht, dass es bei der Schuld auf den

einzelnen Beteiligten isoliert ankommt. Das heißt hier muss genau abgegrenzt werden, haben wir hier

eine Täterschaft, eine mittelbare Täterschaft oder haben wir eine Teilnahme.

Dann gibt es noch die Ausnahmen vom Strafbarkeitsdefizit, das sind die Fälle des Täters hinter dem Täter,

die sind im Grunde alle umstritten. Ein Beispiel dafür ist die reale Beherrschung durch den

Hintermann Kraftorganisationsüberlegenheit, die sogenannte Organisationsherrschaft, insbesondere

in Konstellationen mit mafiösen Strukturen oder auch in Unrechtsstaaten wie der DDR oder das

Dritte Reich, ursprünglich auch konzipiert für die Fälle des Dritten Reichs, das sind letztendlich

die Schreibtisch-Täter-Fälle, so etwas wie der Fall Eichmann würde darunter fallen, der allerdings

nicht nach deutschem Strafrecht abgerüttelt wurde, sondern nach israelischen Strafrecht.

Mittlerweile sagt die herrschende Meinung auch, das muss nicht zwingend auf Unrechtsapparate

gestützt werden oder beschränkt werden, sondern auch zum Beispiel im Wirtschaftsleben kann das sein,

wenn der Vorgesetzte sicher davon ausgehen kann, dass die Untergebenen eine Straftat begehen,

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:41:44 Min

Aufnahmedatum

2024-04-17

Hochgeladen am

2024-04-17 12:36:04

Sprache

de-DE

Tags

mittelbare Täterschaft Strafbarkeitsdefizit Täter hinter dem Täter Tatherrschaft Giftspritzenfälle Organisationsherrschaft Irrtumsherrschaft
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