*Musik*
So, schönen guten Abend. Ich bin ganz verblüfft, dass so viele gekommen sind, weil ich dachte,
irgendwie vielleicht ist das Thema doch sehr speziell
und außerdem ist das Wetter ja höchstens so mittelgut da draußen. Es hat ziemlich geregnet jetzt,
umso mehr freut es mich, dass so viele sich da nicht haben davon abhalten lassen. Lauter, muss ich lauter sprechen? Ja, okay, gerne.
Ja, das Thema Persönlichkeitsstörungen, also Sie wissen wahrscheinlich die meisten, ich bin Allgemeinmediziner,
wir haben eine eigene Praxis in Eckenthal, ein medizinisches Versorgungszentrum,
also eine größere Gruppenpraxis und da begegnen einem natürlich Patientinnen und Patienten,
die diese Diagnose Persönlichkeitsstörungen haben und ich hatte da eben vor einem Jahr,
etwa ein bisschen mehr als ein Jahr hatte ich einen Fall, der mich irgendwie besonders berührt hat auch.
Es sind ja oft sehr dramatische Begegnungen, dramatische Umstände, wir kommen gleich noch drauf, warum.
Und ich habe irgendwie gedacht, ich weiß viel zu wenig darüber
und lese jetzt schon seit einem Jahr etwa wie ein Besessener um dieses Thema herum und habe selber ganz, ganz viel gelernt.
Ich bin kein Spezialist zu diesem Thema, wie ich überhaupt kein Spezialist bin, sondern Generalist, das macht ja die Allgemeinmedizin aus.
Ich weiß von allem ein bisschen was, überall mehr als der Spezialist, aber natürlich nicht im Fachgebiet des Spezialisten,
da weiß der hoffentlich mehr als ich oder die.
Ja, aber es ist eben, was ich Ihnen mitgebracht habe, so ein bisschen die Frucht von all diesem Lesen und persönlichen Erfahrungen
mit diesen Patientinnen und Patienten.
Gut, jetzt müssen wir hier nur den richtigen Knopf erwischen.
Interessenskonflikte habe ich keine, Interesse ist groß eben, warum habe ich Ihnen gerade kurz schon erklärt
und ich möchte eigentlich zunächst mal kurz zurückspringen, das war meine Doktorarbeit 1995, neulich 1995.
Und die habe ich damals gemacht, da ging es um in der München, in der Nussbaumstraße, die große Psychiatrie,
in der Ludwig-Maximilians-Universität, retrospektive Studie zu 372 hebephrenen Patienten.
Und ich war, die haben mir die Doktorarbeit vorgeschlagen, ich wusste auch gar nicht, was ist hebephren, verdammt.
Und genau darum ging es, was ist das eigentlich?
Es ist halt einfach mal zunächst ein Wort und das leitet sich ab, das heißt einfach übersetzt aus dem Griechischen vermutlich heißt es jugendliches Irresein,
Der ist jung und spinnt. Also eine ziemlich rohe Bezeichnung erst mal.
Und dann kam irgendwann Eugen Bleuler 1910, glaube ich,
hat er das publiziert und hat gesagt, naja, es kommt nicht darauf an, dass der Junge ist und spinnt,
sondern das ist eine bestimmte Form des Irreseins und hat das Schizophrenie genannt
und dann hat er das wieder anders eingeteilt und dann kam später Leonhard und hat das wieder anders eingeteilt
und wir wollten eigentlich wissen, was für Menschen stecken, wenn man die Schublade aufmacht, wo außen Hebephrenie steht
in den Akten der Universitätsklinik in München, der psychiatrischen,
was für Patienten, was für Menschen stecken da dahinter?
Wie sind die alle ähnlich oder alle, die diesen Stempel bekommen haben, die diese Diagnose bekommen haben
und wir kommen gleich nochmal drauf, warum ich das hier wieder rausgezogen habe,
weil da gerade zum Thema Persönlichkeitsstörungen erhebliche Umbrüche passieren.
Ich habe damals gelesen, weil es gar nicht so viel Literatur gab,
weil es ja auch ein alter Begriff war, habe ich auch die alten Sachen gelesen und das war hier, da ist jetzt so ein bisschen oben abgeschnitten,
kann man es hier lesen, 1880 irgendwas, ist oben rechts abgeschnitten,
das war der Herr Ewald Häcker in Görlitz, der über die Hebephrenie schreibt
und die haben so ganz anders geschrieben, die haben fast poetisch geschrieben, es ist dies die von ihm aufgestellte Hebephrenie, eine Form der Geistesstörung,
die ebenfalls wechselnde Zustandsformen zeigt so im Anschluss an die Jahre der Pubertät auftritt,
und in dieser Zeit vor sich gehenden großen Umschwung der körperlichen und geistigen Entwicklung im engen Zusammenhang steht.
Mit der beginnenden Pubertät erwachen in der Seele des Jünglings oder der Jungfrau,
Jungfrau, ein bisschen unmoderner Begriff, auch der Jüngling, angeregt
durch bisher unbekannte Empfindungen eine Reihe dunkler Vorstellungsmassen, die mit den Vorhandenen in Widerstreit tretend,
eine seltsame Verwirrung hervorrufen, das neue Ich will sich schaffend hineindrängen in das Alte,
aber es findet gewissermaßen nicht Raum in den vorhandenen Formen,
es dehnt sich und streckt sich Körper und Geist in ungeschickten Wendungen hin und her,
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:57:07 Min
Aufnahmedatum
2024-01-22
Hochgeladen am
2024-01-23 16:56:04
Sprache
de-DE