1 - Spiel und ästhetische Bildung [ID:1499]
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Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.

Meine Damen und Herren, einen schönen guten Abend. Ich freue mich hier zu sprechen.

Thema ist Spiel und ästhetische Bildung und ich habe das konkretisiert am Beispiel des Schultheaters.

Der Vortrag wird vier Teile haben und der erste Teil beschäftigt sich mit den Nebenwirkungen.

Vor zehn Jahren, im Sommer 1997, fand in New York eine intensive Debatte über die Schulentwicklung und die Schulreform statt.

Interessanterweise spielten dabei die Künste eine bedeutende Rolle.

Als Ziel wurde definiert, allen Schülern und Schülerinnen einen erweiterten aktiven Zugang zu den Künsten zu eröffnen.

In dieser Debatte wurden die Künste nicht mehr als Luxus, sondern als zentrales Element des schulischen Lehrplans angesehen.

Dabei waren es nicht philanthropische Motive, die dafür den Ausschlag gaben, sondern gesellschaftlich Funktionale.

Man erwartete von einer Stärkung der Künste, eine Verbesserung der Qualifikationsleistungen der Schule,

gerade auch hinsichtlich der Schlüsselqualifikationen und zugleich einen wesentlichen Beitrag zur Sozialintegration.

Man hoffte also auf die Nebenwirkungen, auf Prävention gegen Drogen, Gewalt usw.,

auf bessere Gesundheit, bessere Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten, bessere Aufmerksamkeit, bessere allgemeine Lernfähigkeit.

Diese Hoffnungen sind keineswegs aus der Luft gegriffen.

So gibt es z.B. manche empirische Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen früher musikalischer Praxis und Intelligenzentwicklung.

Ähnliches dürfte sich auch für das Zeichnen oder auch das Tanzen nachweisen lassen.

Und die Bedeutung z.B. des kindlichen Rollenspiels für das soziale Lernen ist ohnehin evident.

Ichkompetenz, Sachkompetenz, Sozialkompetenz mit dieser Trias kann man in diesem Zusammenhang also immer argumentieren.

Politisch ist das sogar eine ziemlich starke Argumentation.

Es gibt sie auch im Bereich des Schultheaters.

So finden sich z.B. im Theaterkapitel der bereits 1990 vorgelegten Landeskunstkonzeption des Landes Baden-Württemberg

folgende Ausführungen zur Begründung der Förderung des Schultheaters.

Zitat.

Theaterspiel kann wie keine andere Kunstform viele Bereiche vereinigen.

Es dient der ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung des Schülers,

indem es gleichermaßen seine rationalen wie emotionalen, intellektuellen wie kreativen, physischen wie musischen, individuellen wie sozialen Fähigkeiten fördert.

Schultheater hat auch eine enge Beziehung zur Literatur, trägt zur kulturellen Entwicklung des Schülers bei

und bereichert zugleich das kulturelle Angebot der Schule.

In einer von raschen technologischen Wandel und elektronischen Medien geprägten Welt gewinnt das Schultheater zunehmend Bedeutung.

Es kann junge Menschen erlebnisfähiger machen, was sich positiv auf die gesamte Schulleistung und das Freizeitverhalten auswirkt.

Der Schüler lernt, mit anderen auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten und selbstbewusst vor die Öffentlichkeit zu treten.

In der Forderung nach einer Ausweitung des Schultheaters mischen sich also Qualifikationsmotive und Integrationsmotive.

Die kulturpädagogisch-kulturpolitische Argumentation führt bildungspolitisch zu einem gleichzeitig funktionalistischen wie reformpädagogischen Ansatz,

die um Schultheater oder allgemeiner, um ästhetische Erziehung ergänzte reformpädagogische Schule erscheint zugleich als die modernere Schule.

Das ist die Verbindung, die da aufgemacht wird.

Das ist eine politisch-strategisch durchaus erfolgversprechende Argumentation, die gerade in PISA-Zeiten auch gern benutzt wird.

Sie zeigt, dass die PISA-Defizite keineswegs durch eine direkt auf Defizit ausgleichziehende pädagogische Praxis behoben werden können,

also mehr Mathematik für mehr Mathematik, mehr Lesen für mehr Lesen und so weiter, da die Zusammenhänge in Wirklichkeit weit komplizierter sind.

Die Schule schafft damit zugleich Legitimation für Kompetenzbereiche und Praktiken, die sonst im Schatten von PISA leicht untergehen könnten.

Theater, Musik, Kunst, Literatur, Sport sind auch funktionalistisch legitimierbar.

Hier werden die Soft Skills, die Schlüsselqualifikationen und Schlüsselkompetenzen erworben, die überall gefordert werden.

Man kann das durch die die Debatte beherrschenden Begriffe durchspielen. Kommunikative Kompetenz, Kooperationskompetenz, Teamkompetenz, Empathie, Kreativität und so weiter und so weiter.

Immer wird man darauf kommen, dass die Vermittlung und Aneignung wissenschaftsorientierten Wissens in den einschlägigen Schulfächern zur Ausbildung und Entwicklung dieser Kompetenzen nicht genügt.

Man muss auch über Bande spielen, könnte man mit einem Ausdruck aus dem Eisfockey sagen.

Zweiter Abschnitt, Leiblichkeit. Dennoch bleibt eine solche Argumentation pädagogisch unbefriedigend.

Die Gründerväter der modernen Pädagogik, Rousseau und Pestalozzi, Humboldt und Fröbel, die Reformpädagogen verschiedenster Provenz,

Jens, Hermann Lietz, Paul Gehebe, Georg Kerschensteiner, Maria Montessori, Kurt Hahn, Berthold Otto, Peter Petersen und viele andere.

Sie alle haben anders argumentiert. Pestalozzi hat als Stichwort gegeben.

Kopf, Herz und Hand müssen gemeinsam gebildet werden, wenn der Bildungsprozess gelingen soll.

Hartmut von Händig hat das in moderner Sprache auf die Formel, die Menschen stärken, die Sachen klären gebracht.

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Eckart Liebau Prof. Dr. Eckart Liebau

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:33:36 Min

Aufnahmedatum

2007-05-16

Hochgeladen am

2011-05-10 10:54:50

Sprache

de-DE

Der Vortrag hat vier Teile. Es wird erstens um Anlässe der aktuellen Debatten gehen, zweitens um das große Thema "Leiblichkeit", drittens um "theatrale Bildung" als Beispiel und schließlich viertens um pädagogische und bildungspolitische Perspektiven.
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