6 - Am Rande der Küste: Insel und Schiffbruch [ID:535]
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Am Rande der Küste Insel und Schiffbruch. Im Rahmen dieser Vorlesungsreihe zum Thema

Wasser kommt es meinem Vortrag zu, die Bedeutung dieses Elements aus einer

geisteswissenschaftlichen Perspektive zu untersuchen. Während die anderen

Vortragenden naturwissenschaftliche und technologische Fakten präsentierten,

will ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, einen Eindruck davon

vermitteln, wie die natürliche Welt Eingang in literarische Texte findet und

welche Aufgaben sich der literaturwissenschaftlichen Arbeit stellen,

um die reale Welt beim Lesen nicht zu vergessen. Anders ausgedrückt möchte

ich Ihnen, ehe ich im zweiten Teil meines Vortrags einige literarische Texte

bespreche, eine relativ neue Richtung innerhalb der Literaturwissenschaft anhand

der Thematik Wasser kurz vorstellen, nämlich den Ansatz der Ökokritik im

englischen Sprachraum unter dem Begriff Ecocriticism bekannt.

Ökokritik stellt sich stark vereinfacht die Aufgabe, die Bedeutung der Natur, der

Landschaft, kurz das Ökosystems Erde, bei der Lektüre literarischer Texte nicht

aus den Augen zu verlieren. Diese literaturwissenschaftliche

Bewegung begann ab etwa 1990 in den Vereinigten Staaten, wo sie sich vor

allem literarischen Werken widmete, die sich direkt mit der beeindruckenden

Naturlandschaft des amerikanischen Kontinents auseinandersetzten.

Neuinterpretiert wurde von den Ökokritikern am Anfang die Literatur

von Autoren des 19. Jahrhunderts, wie Henry David Thoreau, Waldo Emerson oder

John Muir, die den amerikanischen Naturraum auch politisch zu definieren

suchten. Heute interessieren natürlich auch die Texte neuerer und zeitgenössischer

Autoren, beispielsweise Edward Abbeys Desert Solitaire oder Annie Dillard's

Pilgrim at Tinker Creek. Den Kritikern ging es darum zu untersuchen, wie das

Verhältnis von Mensch und Natur idealerweise auszusehen habe. Sie

stellten sich also in Zeiten des aufkommenden und später noch wachsenden

Umweltbewusstseins die Frage, ob nicht auch die Literatur einen konstruktiven

Beitrag dazu leisten könnte, die Einstellung der Menschen oder wohl eher

der Leser ihrem Umfeld gegenüber positiv zu beeinflussen.

Die traditionell eher anthropozentrische Ausrichtung

menschlicher Kunstproduktion sollte zunehmend dahingehend verändert werden,

dass die Natur im Zentrum des ästhetischen Wirkens und darin

anschließend des ethischen Empfindens stehe. Die Inspiration zu dieser

Neubewertung holte man sich aus der Umweltethik, also einem Teilbereich der

Philosophie. Dort unterscheidet man zwei Arten, wie man der Umwelt moralisch

begegnet. Die Vertreter einer Bewegung, die man mit shallow ecology bezeichnet,

gehen davon aus, dass Natur nur dann unter ethischen Gesichtspunkten zu

betrachten sei, wenn sie direkt für das menschliche Leben Notwendigkeit habe,

also beispielsweise eine Pflanze aufgrund ihrer medizinischen Heilwirkung den

Menschen Nutzen bringt. Der Mensch bzw. der Nutzen für die Menschheit steht

stets im Zentrum dieser Gedankenführung.

Wohl auch als Reaktion auf die zunehmende Zerstörung der Umwelt entstand

allmählich eine Gegenbewegung, die einen Ansatz vertritt, der sich deep ecology

nennt. Vertreter dieser Auffassung sprechen Natur einen intrinsischen Wert zu,

argumentieren also, dass es keinen Unterschied zwischen den Bedürfnissen der

Menschen und dem Rest der natürlichen Welt geben dürfe. Im Zentrum steht hier

die Natur, das Leben als solches, ohne dass den Menschen eine privilegierte

Position zugesprochen wird. Wie man sich unschwer ausrechnen kann, hat diese

Denkweise weitreichende Konsequenzen für umweltproblematische Verhaltensweisen

wie Autofahren, Fliegen, das Importieren exotischer Früchte,

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Gerd Bayer Prof. Dr. Gerd Bayer

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:28:33 Min

Aufnahmedatum

2007-07-12

Hochgeladen am

2017-07-20 14:46:35

Sprache

de-DE

Dieser Vortrag führt in den literaturwissenschaftlichen Bereich des ecocriticism ein, die Behandlung der Umwelt in literarischen Texten. Anhand von Schiffbruch und Insel wird die Küste als ein Ort der Grenzerfahrung dargestellt, der metaphorisch auch das menschliche Dasein beschreibt. Ausgehend von Klassikern der englischen Literatur, William Shakespeaeres The Tempest und Daniel Defoes Robinson Crusoe, widmet sich der Hauptteil dieses Vortrags den Werken von John Fowles, dessen Romane und Essays sich dezidiert mit der Naturerfahrung des Menschen auseinandersetzen. In Kollaboration mit Photographen hat Fowles Bücher zu den Themen Insel und Schiffbruch veröffentlicht, die hier kritisch vorgestellt werden sollen. Ganz im Sinne des ecocriticism sollen Leser nicht nur für die Bedeutung der natürlichen Umwelt innerhalb literarischer Werke sensibilisiert, sondern auch zu einem veränderten Verhalten der Natur gegenüber angeregt werden.

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Wasser Schiffbruch Insel Küste
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