1 - Licht und Leben: Licht und Orientierung - Vom Photo-Rezeptor zum Auge [ID:5878]
50 von 420 angezeigt

Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.

Andreas Feigenspan ist Professor am Lehrstuhl für Tierphysiologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

In seiner Forschung beschäftigt er sich mit neuronaler Signalverarbeitung in der Retina.

Sein Ziel ist, die Mechanismen des Sehens zu verstehen.

Das Sehen, so wie wir es tagtäglich erleben, erscheint uns selbstverständlich und absolut mühelos.

Und dabei vergisst man doch wirklich sehr, sehr leicht, dass diesen einzelnen Prozessen sehr komplexe Vorgänge zugrunde liegen,

die alle in Raum und Zeit, also räumlich und zeitlich, sehr genau orchestriert werden müssen.

Und wir wollen uns heute Abend mit der Frage beschäftigen, wie denn überhaupt ein solches hochkomplexes System,

wie das menschliche Auge, von selbst entstehen konnte.

Und dürfen dabei nicht vergessen, dass wir uns ja mit evolutiven Prozessen beschäftigen.

Und evolutive Prozesse finden immer in dem Raum statt, die die Naturgesetze eröffnen.

Das heißt, die Evolution kann nie die Naturgesetze überschreiten, sondern immer nur den Raum möglichst ausloten,

teilweise bis zu einem extremen Wert.

Das heißt, Evolution findet immer nur dann statt, wenn dem Organismus ein Vorteil entsteht.

Und die Frage, die wir uns hier stellen, zunächst einmal, wozu überhaupt die Detektion, also die Wahrnehmung von Licht,

warum ist das sinnvoll, geht es nicht auch ohne?

Und es gibt, wie Sie alle wissen, eine Reihe von Organismen, die kommen wunderbar ohne diese Sinneswahrnehmung sehen aus,

denken Sie an die Schwämme.

Das sind zwar sehr einfache Organismen, aber in ihrer Art perfekt angepasst an ihren Lebensraum,

und die brauchen keine Augen, die haben keine Augen.

Das heißt, sensorische Funktionen entwickeln sich nur, wenn sie für das Verhalten oder für die Physiologie eines Organismus

einen Selektionsvorteil mit sich bringen.

Ansonsten gibt es keinen Grund, wenn alles perfekt läuft, gibt es keinen Grund, dass sich solche Funktionen von selbst entwickeln.

Das heißt, wir wollen, oder ich will den Schwerpunkt des heutigen Vortrags weniger auf die Frage richten,

wie bestimmte evolutive Lösungen exakt funktionieren, also weniger auf die Mechanismen, mit denen verstimmte Augen Typen funktionieren,

sondern eher auf die Fragen, die hinter mir stehen, die Aufmerksamkeit richten, nämlich warum haben bestimmte Änderungen stattgefunden.

Also die Frage nach dem Wie soll mehr und mehr ersetzt werden durch die Frage nach dem Warum.

Diese Frage ist natürlich sehr viel anspruchsvoller als die Frage nach dem Wie, die ist schon anspruchsvoll genug.

Man muss die richtigen Experimente machen natürlich und diese Experimente richtig interpretieren.

Aber die Frage nach dem Warum, die gibt einem natürlich deutlich tiefer gehende Erkenntnisse in evolutive Prozesse und in die Biologie, in die Natur an sich.

Das heißt, warum haben bestimmte Änderungen stattgefunden und welche Vorteile bringen sie im Detail und im Einzelfall für den entsprechenden Organismus.

Welche Bausteine brauchen wir denn eigentlich, um sehen zu können?

Da sind zum einen, wie Sie hier sehen, die lichtempfindlichen Moleküle. Ohne diese Moleküle geht gar nichts.

Das ist also etwas, was ganz am Anfang der Evolution stattgefunden haben muss, weil es einer der grundlegenden Prozesse überhaupt ist für das Sehen selbst.

Und diese lichtempfindlichen Moleküle, wir werden gleich ans Kennen lernen, sind in der Lage, eben die Lichtenergie, die Photonen, die gequandelten Lichtteilchen aufzunehmen und in eine, ich sag mal, Konformationsänderung zu übersetzen.

Damit meine ich eine räumliche Änderung der Struktur eines Moleküls.

Damit habe ich aber noch kein Signal erzeugt. Da habe ich nur ein Molekül in seiner Struktur geändert.

Was wir also noch brauchen, ist ein Konzept der Signalerzeugung, also eine Umwandlung dieser räumlichen Strukturänderung in ein Signal, was von der Zelle selbst und später dann, wenn wir mit komplexeren Organismen zu tun haben, vom Organismus verarbeitet werden kann.

Das Ganze muss extrem verstärkt werden, denn Photonen haben keinen besonders hohen Energiegehalt, liegt also um viele, viele Größenordnungen unter der Energie, die nötig ist, um überhaupt ein zelluläres Signal auslösen zu können.

Das heißt, wir brauchen neben der Signalerzeugung einen effektiven Verstärkungsmechanismus.

Das sind also schon sehr, sehr grundlegende und sehr, sehr komplexe Vorgänge, die wir hier ganz am Anfang der Evolution der Lichtwahrnehmung stellen müssen.

Und wir können das ganz zusammenfassen in dem Konzept der Evolution von Fotorezeptoren.

Diese Evolution von Fotorezeptoren, also von lichtempfindlichen Zellen, hat mit Sicherheit vor der Evolution von Augen stattgefunden, die wir jetzt im folgenden Beschluss ansprechen werden.

Wenn wir von den Fotorezeptoren selber komplexe Sinnesorgane wie Augen bilden wollen, dann benötigen wir verschiedene Zelltypen.

Das geht mit einem Fotorezeptor nicht mehr. Man braucht also verschiedene Zelltypen, die dann Grundlage sind für die unterschiedlichen Komponenten eines solchen Sinnessystems, wie das Auge es ist.

Ich denke da zum Beispiel an die Linse, an die Hornhaut, an die Retina, die Netzhaut, an die Pigmentschicht, an die Lederhaut, an die Augenmuskeln beispielsweise,

die jetzt hier nicht explizit aufgeführt sind, die wir aber brauchen, um unsere Augen eben im dreidimensionalen Raum drehen zu können.

Und ganz zum Schluss, was immer wieder gerne in diesem Zusammenhang übersehen wird, man braucht ein Nervensystem.

Denn die Informationsdichte, die von augenkomplexeren Typs erzeugt wird, ist so hoch, dass die Augen selbst als Sinnessysteme diese Information nicht mehr verarbeiten können.

Wenn wir daran denken, dass bei uns Menschen etwa 60 Prozent des Cortex, also der grossen Rinde, mit der Verarbeitung von Sehinformationen beschäftigt sind,

Teil einer Videoserie :

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:56:08 Min

Aufnahmedatum

2015-06-11

Hochgeladen am

2015-12-21 11:07:34

Sprache

de-DE

Zunehmend anspruchsvollere visuelle Aufgaben sind die treibende Kraft für die Evolution des Sehsinnes – von lichtempfindlichen Molekülen bis hin zu den komplexen Augentypen der Insekten und Wirbeltiere. Vier fundamentale evolutive Neuerungen führen von der einfachen Wahrnehmung von Hell und Dunkel zu hochauflösendem Farbensehen: lichtempfindliche Moleküle, abschirmende Pigmente, Stapelung von Membranen und fokussierende Optiken.  Auf jeder Stufe der Komplexität sind die Sehsysteme für bestimmte Aufgaben optimiert, und indem sie Organismen eine perfekte Anpassung visuellen Verhaltens ermöglichen, leisten sie einen ent­scheidenden Beitrag zu ihrem evolutiven Erfolg.

Tags

Auge Orientierung Optik Licht Sehen Linsenauge Komplexauge Photo-Rezeptor Lichtwahrnehmung Lichtdetektion Retinal Opsin Umgebungshelligkeit Lichtrichtung Lichtintensität Funktionen sensorische räumliches
Einbetten
Wordpress FAU Plugin
iFrame
Teilen